Anna Reischls Welt sind die Berge. Hier fühlt sie sich am wohlsten. „Die Berge tun mir einfach gut.“ Mit Meer und Schwimmen kann sie „nicht wirklich viel anfangen“. Berge dagegen faszinieren sie, weil „der Mensch sie nicht beeinflussen kann. Man muss sich mit den Bergen auseinandersetzen, kann sie genießen, besteigen, zum Sport nutzen“. Ihr Credo: „Berge sind untastbar“, sagt die Alpinistin. Viele hat sie schon be-stiegen. Weltweit.
Nepal beispielsweise hat Anna Reischl besondersbeeindruckt. Wegen der Berge, ganz klar, und der Leute: „Die sind so zufrieden, obwohl sie kaum etwas haben“, hat Anna Reischl bei ihrer Tour festgestellt. Auch dass die Nepalesen keinen Neid und keine Missgunst kennen – „das hat mich gerührt und beinahe ein bisschen neidisch gemacht“.
Die Vilser Alm in Österreich, nahe der bayerischen Grenze, ist Anna Reischls neue, zweite Heimat. Die Berghütte hat sie zusammen mit ihrem Freund Julian Kurtz gepachtet. Immer am Wochenende ist sie dort. Steht morgens um 5 Uhr auf, um die 16 Kühe zu melken, kümmert sich um die Gäste. Das Almfrühstück wird ab 8 Uhr serviert. Bis zu 30 Wanderer und Biker können auf der Hütte unterkommen. „Das Leben auf der Alm ist anstrengend, aber ich liebe es“, sagt Anna Reischl freudestrahlend. Die Vilser Alm ist sommers wie winters geöffnet (mit kurzen Unterbrechungen im Frühjahr und im Herbst) und gut erreichbar.
Der Biskotten-Käsekuchen wird dort serviert. „In Österreich wird zu den Löffelbiskuits Biskotten gesagt“, daher der Name. Das Besondere an ihm sind die Biskuits, die mit Preiselbeer-Marmelade bestrichen werden. Und dass er wirklich schnell geht – am längsten dauert das Backen, aber in der Zwischenzeit kann man ja auch andere Dinge erledigen. Der Biskotten-Kuchen ist auf der Alm nicht umsonst so beliebt.
Die Berge sind für Anna Reischl ein Ausgleich zum Alltag. In Markt Indersdorf (Landkreis Dachau) ist sie Viehhändlerin. Zum Jahresende übernimmt die 39-Jährige zusammen mit ihrem Bruder den Familienbetrieb. „Ich bin stolz, den Betrieb weiter führen zu können“, sagt sie strahlend. Viele Unternehmen würden aufgeben.
Viehhandel ist auch im 21. Jahrhundert noch immer eine Männerdomäne. Am Anfang haben die Bauern Anna Reischl nicht wirklich ernst genommen – „schick mir wen, der sich auskennt“, haben ihr die Bauern dann zugerufen, wenn sie auf den Hof fuhr. Das komme heute jedoch nicht mehr vor. Mittlerweile kennen die Bauern die drahtige Frau, die so viel Power hat, und nehmen sie ernst.
Nach der Wirtschaftsschule hat die junge Frau eine Ausbildung zur Industriekauffrau gemacht, Anschließend ist sie in die elterliche Firma eingestiegen. Zunächst hatte sie hauptsächlich im Büro zu tun, dann setzte sie jedoch noch ein Studium der Wirtschaftspsychologie drauf.
Anna Reischl ist tierlieb. Sie lebt mit zwei Jagdhunden zusammen, die sie regelmäßig trainiert. Vor dem Küchenfenster grasen ihre Pferde.
Deshalb ist ihr ein guter Umgang mit den Tieren wichtig, wenn sie diese zum Schlachten bringen. Das Familienunternehmen achte darauf, dass die Rinder nicht länger als unbedingt notwendig unterwegs sind, eineinhalb Stunden sollen nicht überschritten werden, betont sie. „Außerdem arbeiten wir am liebsten mit kleinen Schlachthöfen zusammen.“ Ins Ausland werden überhaupt keine Tiere geliefert.
Unter der Woche im Dachauer Land, am Wochenende in den Bergen – nur die kommenden zwei Wochen nicht. Da findet man Anna Reischl auf der Wiesn. Als Wiesn-Bedienung. Auch eine Passion von ihr. „Ich freue mich schon drauf.“