Es ist das Universalwerkzeug der Tiere: Kühe und Giraffen verscheuchen Fliegen, Affen hängen ab, Füchse decken sich zu, Hunde kommunizieren damit und Vögel buhlen um eine Partnerin. Ob kurz, lang, geringelt, glatt, behaart oder mit Federn – die meisten Tiere haben einen Schwanz. Paläontologen, die Erforscher der Urzeiten, sehen anhand mehrerer hundert Millionen Jahre alter Fossilien, dass schon die allerersten Fische in den Ur-Meeren ihre Schwänze als Ruder nutzten, um sich durch das Wasser zu navigieren. Diese Ur-Fische waren die ersten Tiere, die an Land krochen. Als sich mit der Zeit Säugetiere, Reptilien und Vögel entwickelten, veränderten sich die Schwänze und ihre Funktion oder gingen wie beim Menschen im Laufe der Evolution verloren. Eine Typologie:
Fortbewegung
So wie heute die Kängurus ihren muskulösen Schwanz beim Hüpfen für den Schwung und fürs Gleichgewicht brauchen, so verwendeten schon die Dinosaurier ihre langen Hinterteile, um beim Laufen und Jagen die Balance zu halten. Paläontologen vermuten, dass der Schwanz des Tyrannosaurus Rex, des gefährlichsten Jägers der Urzeit, von Seite zu Seite schwang, damit er beim Rennen nicht das Gleichgewicht verlor. Bei Kängurus sind die Vorderbeine zu kurz für einen vierbeinigen Gang. Sie behelfen sich mit einer fünften Beinstütze, ihrem Schwanz. Laut einem Bericht der britischen Royal Society in Biology Letters übt der Schwanz dabei so viel Kraft aus wie alle Beine des Tieres zusammen! Tiere, die klettern, z. B. Katzen haben oft einen buschigen Schwanz, der in wackligen Situationen beim Ausgleichen hilft. Zum Schwingen von Baum zu Baum oder einfach zum Abseilen: Affen haben einen Schwanz, der nicht nur als Sicherheitsleine dienen kann, sondern so stark ist, dass er das ganze Tier sicher hält, während es Früchte oder Blätter frisst.
Verteidigung
Die Blume der Hasen hat eine weiße Unterseite, was bei der Flucht im Zickzack die Beutegreifer verwirren soll. Manche Tiere haben ihr Anhängsel zur gefährlichen Waffe umgebaut. Stachelrochen z. B. besitzen eine tödliche Verteidigungsmöglichkeit, falls sie angegriffen werden. Klapperschlangen wachsen Hornrasseln aus getrockneter Haut an der Schwanzspitze, die mit 50 Schwingungen pro Sekunde aneinanderreiben und dadurch abschreckend wirken. Viele Insekten haben keine Schwänze, die sich aus Knochen entwickelt haben wie bei Säugetieren oder Fischen. Aber auch Bienen und Wespen sind mit ihren Stacheln sehr wehrhaft oder in der Lage, ihre Beute zu betäuben, um sie dann zu fressen. Tiere, die überwiegend im Grasland unterwegs sind, seien es Kühe auf der Weide, die Bisons in Nordamerika oder Giraffen in Afrika, haben einen schmalen Schwanz mit einem Büschel Haare, um lästige Fliegen zu vertreiben. Statt Angriff, haben manche Tiere eine ganz andere Verteidigungsstrategie wie z. B. Siebenschläfer oder Amphibien wie Eidechsen: Werden sie von einem Jäger am Schwanz erwischt, trennt sich das Körperteil ab und das Tier entwischt. Bei Eidechsen bewegt sich der Schwanz durch Nerven und Muskeln noch bis zu 20 Minuten weiter und lenkt den Feind von seiner eigentlichen Beute ab! Bei Siebenschläfern vertrocknen die hautlosen Schwanzwirbel und fallen ab. Nach kurzer Zeit wächst dort zwar neues Fell, der Schwanz bleibt jedoch kürzer. Bei den Eidechsen regeneriert sich das Körperteil wieder komplett und ist bei einer Attacke erneut einsatzfähig!
Kommunikation
Wenn es ums Balzen geht, sind die männlichen Vögel auf ihre oft prachtvollen Gefieder angewiesen: Da werden die Schwanzfedern gespreizt und präsentiert, um Rivalen abzuschrecken und dem auserwählten Weibchen zu imponieren. Besonders gut im Posieren sind Pfauen, aber auch Truthahn oder der Auerhahn. Das männliche Eichhörnchen wedelt sein eindrucksvolles Hinterteil langsam vor dem Weibchen hin und her, um es zur Paarung zu bewegen. Wollen die Tiere andere im Wald vor Eindringlingen und Raubtieren warnen, schnippen oder wedeln sie rasch mit der Haarpracht. Tiere, die in Familienverbänden leben, nutzen den Schwanz als weiteres Mittel zur Verständigung. Wölfe können damit z. B. ihren Rang ausdrücken.
Sonderaufgaben
Buschig und besonders flauschig: Ein Schwanz kann auch eine gemütliche Decke sein. Füchse, Eichhörnchen und auch Siebenschläfer decken sich damit zu oder halten den Nachwuchs warm. Selbst kleine Fortsätze können einen großen Nutzen haben: Nilpferde benutzen ihr Schwänzchen als Kotschleuder, um ihr Revier möglichst weitreichend zu markieren. Babyelefanten greifen nach dem Schwanz der Mutter, um den Kontakt nicht zu verlieren. Erwachsene Elefanten nutzen ihren Schwanz, um ihre rückseitige Umgebung abzutasten. So können sie sich über den Abstand zu hinter ihnen laufenden Herdenmitgliedern informieren, die sie nicht im Blick haben.
Das Ringelschwänzchen der Hausschweine ist ein Zufallsprodukt der Züchtung und hat keinen Nutzen. Wildschweine haben einen behaarten Bürzel, der sehr beweglich ist und mit dem sie durch Pendeln oder Aufstellen ihre Stimmung signalisieren können.