„Grüne Tomaten sind giftig und dürfen erst geerntet werden, wenn sie voll ausgereift sind und sich komplett rot gefärbt haben.“ Dieser Grundsatz ist unter Gärtnern weit verbreitet. „Stimmt aber nicht“, sagt Barbara Franzl aus Dorfen im Landkreis Erding. Sie ist Tomatenexpertin.
„Die grüne Färbung der Tomaten ist, bis auf einige wenige Sorten, ein Anzeichen für den Reifegrad der Früchte“, sagt die Fachfrau. Solange diese Tomaten noch grün sind, enthalten sie eine bestimmte Menge an Solanin, einem natürlichen Abwehrstoff der Pflanze. Dieser ist leicht giftig und schützt die Pflanze vor tierischen Fressfeinden. „Für Menschen ist eine Vergiftung jedoch äußerst unwahrscheinlich – zumal man grüne Tomaten ja nicht kiloweise zu sich nimmt“, sagt Barbara Franzl.
In ihren Gewächshäusern in Grüntegernbach am Rande von Dorfen wachsen hunderte von Tomaten. Die Ernte neigt sich in diesen Tagen langsam dem Ende – „es war ein ausgesprochen gutes Tomatenjahr, auch wenn es schwierig gestartet ist“.
An den Sträuchern hängen noch reihenweise Tomaten. „Die werden es wohl nicht mehr schaffen, reif zu werden“, sagt die Expertin und pflückt all jene Früchte, die schon einen grünen Glanz haben. Die ganz kleinen, noch stumpf aussehenden Früchte lässt sie am Strauch – „die werden es nicht mehr schaffen, nachzureifen“. Wichtig ist, die unreifen Früchte noch vor dem ersten Frost zu ernten. Wer will, holt sogar die ganze Staude zum Nachreifen ins Haus.
Barbara Franzl legt die Tomaten in eine Schachtel, die sie mit Küchenpapier ausgelegt hat. Die Tomaten sollten sich nicht berühren, so der Tipp der Expertin. Außerdem sollten nur völlig unversehrte Früchte in der Schachtel landen. Zum Nachreifen deckt man die Tomatenschachtel am besten mit einer Decke ab und stellt die Box an einen zimmerwarmen Ort. „Im Keller ist es in der Regel zu kalt.“ Die Tomaten reifen so zwar nach, man sollte sich aber nicht der Illusion hingeben, dass die Früchte ohne Sonne noch ihr volles Aroma entfalten können.
Doch auch für die grünen Tomaten gibt es Verwendung. In manchen Regionen gelten sie gar als Delikatesse. Regisseur Jon Avnet hat den grünen Früchten 1991 in dem Film „Grüne Tomaten“ sogar ein cineastisches Denkmal gesetzt: Darin werden die Früchte frittiert als die Spezialität im Whistle Stop Café angeboten.
Mehrere Bücher mit Tomatenrezepten liegen in der Küche von Barbara Franzl – „ich sammle alles, was mit Tomaten zu tun hat“. Im Herbst, wenn sie überhaupt dazu kommt, kocht sie aus grünen Tomaten Chutney oder Marmeladen. Dann hat man auch in der kalten Jahreszeit noch etwas von den Früchten. Die Chutneys oder Marmeladen passen hervorragend zu gegrilltem Fleisch oder zur Käseplatte, sagt Barbara Franzl.
2023 ist für sie übrigens ein besonderes Jahr: „Heuer habe ich meinen eigenen Rekord gebrochen.“ Normalerweise baut sie um die 160 verschiedene Sorten an. In diesem Jahr waren es 248 Sorten. Ein Drittel davon hat sie selbst gezogen, den Rest hat sie als kleine Pflanzen dazugekauft. Mal schauen, wie viele es nächstes Jahr werden. Doch „langsam geht mir der Platz aus, in meinem Tomatenparadies“.