München – Gürtelrose trifft nur sehr betagte Menschen mit einem geschwächten Immunsystem – dieser Irrglaube hält sich hartnäckig, weiß der Münchner Infektiologe Dr. Markus Frühwein. „Aber es stimmt nicht, Gürtelrose kann jeden treffen, der einmal an Windpocken erkrankt war“, warnt der erfahrene Arzt. Und erzählt, dass auch ihn die Gürtelrose vor drei Jahren völlig überraschend traf: „Das war eine sehr unangenehme und schmerzhafte Erfahrung!“
Das Risiko, an Gürtelrose zu erkranken, ist hoch – und steigt mit zunehmendem Alter ab 60 Jahren erheblich an, erklärt Dr. Frühwein. In Zahlen: Mehr als 95 Prozent der über 60-Jährigen tragen das Virus nach einer früheren Windpockenerkrankung in sich. Deren Erreger, das Varizella-Zoster-Virus, kann jahrzehntelang in den Nervenknoten des Rückenmarks schlummern, erklärt Dr. Frühwein: „Dabei gelingt es unserem Immunsystem meist sehr gut, das Virus in Schach zu halten.“ Eine akute Krankheit, Stress, aber vor allem ein altersbedingt nachlassendes Immunsystem können bewirken, dass das Virus dann eine Gürtelrose auslöst. Das passiert statistisch gesehen bei einem von drei Menschen im Verlauf des Lebens. Da das Risiko mit dem Alter steigt, erkranke jeder zweite der heute über 80-Jährigen, warnt Dr. Frühwein.
Bei Dr. Markus Frühwein kündigte sich die Gürtelrose, die er im Gesicht bekam, durch starke Kopf- und Schläfenschmerzen an, erzählt er. „Ich bekam hoch dosierte Schmerzmittel und eine Infusionstherapie, erst nach zwei Wochen war ich die Gürtelrose wieder los“, erinnert sich Dr. Frühwein.
Er hatte Glück, da sich bei ihm keine Nervenschmerzen im Nachgang an die Erkrankung zeigten – anders als bei vielen Betroffenen. Etwa 30 Prozent aller Gürtelrose-Patienten leiden noch monate- oder sogar jahrelang an einer solchen Post-Zoster-Neuralgie. Das sind teilweise sehr starke Nervenschmerzen, die in Wellen kommen.
Um schwere Verläufe, Komplikationen und Spätfolgen zu verhindern, sei es wichtig, die Gürtelrose schnell zu diagnostizieren und unverzüglich innerhalb des therapeutischen Zeitfensters von 72 Stunden zu behandeln, sagt Dr, Frühwein. Ansonsten kann sich eine immer stärkere Entzündung aufbauen. Rötung, Schwellung, Schmerzen und Bläschenbildung nehmen zu und beschädigen das Gewebe und die Nerven. Auch schwere Komplikationen sind möglich, so kann eine Gürtelrose am Auge zur Erblindung führen.
Heute gibt es einen sehr wirksamen Impfstoff gegen die Gürtelrose. Dr. Markus Frühwein rät, den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (StiKo) zu folgen. Die StiKo empfiehlt die Impfung für alle Menschen ab 60 Jahren. Menschen mit Vorerkrankung wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Neuropathie sollten sich ab 50 Jahren impfen lassen. svs