von Redaktion

VON MATTHIAS BUSCH

Hitzewallungen, Gewichtszunahme, Launenhaftigkeit und keine Lust auf Sex? Beim Mann? Tja, auch Er kommt in die Wechseljahre, kämpft mit Leistungsschwäche und Konzentrationsproblemen, hadert mit seiner erschlaffenden Lendenkraft, die doch – wie sein gesamtes Leben – bisher nur in eine Richtung wies: nach oben. Geknickt in seinem Selbstwertgefühl wird der gebeutelte Fünfziger dann auch noch mild belächelt von seinen Ehefrauen und Geliebten. Oder von dem Mediziner seines Vertrauens mit dem Satz beschieden, dass die Hormone nun eben nicht mehr verrücktspielten, sondern ihre Arbeit schlicht einstellen würden und man sich daran gewöhnen solle.

Mit dem Unausweichlichen abfinden will sich ein Mann wie Karlmann Renn, tragischer Held im herrlich amüsanten Klimakteriums-Roman von Michael Kleeberg, natürlich nicht. Von seiner Frau getrennt lebend steigt er noch immer gerne – pillengestärkt – jedem Rock hinterher, spielt Golf, reißt Altherrenwitze und lobt sich auch für seine Steherqualitäten im Job. Dass die Prostata zickt, die Knochen allmorgendlich zwicken, der Wein zunehmend in den Kopf steigt und das gute Essen sich auf die Hüften legt, stürzt ihn mal in Depressionen, mal in eine Jetzt-erst-recht-Stimmung. Deshalb trommelt er all seine Freunde und Bekannten zur Sause zu seinem 60. herbei, um hernach über all die anwesenden Krähenfüße und Truthahnhälse in Schwermut zu verfallen. Und darüber zu sinnieren, wie weit sich bei denen Selbstbild und Fremdwahrnehmung inzwischen auseinanderbewegt haben – um sich im Spiegel selbst betrachtend für eine Hautstraffung zu entscheiden.

Großartig, wie Kleeberg seinen „Charly“ Renn auf dem schmalen Grat zwischen Snobismus und Überheblichkeit, Selbstzweifeln, Larmoyanz und Peinlichkeit wandeln lässt. Man selbst hat mal Verständnis, mal Mitleid oder schämt sich fremd. Zugleich wird man immer wieder mit sich selbst konfrontiert, mit seinen Ansprüchen an sich und die Welt. Und von der alternativlosen Erkenntnis getroffen, dass ein jeder Mann irgendwann zum alten Eisen zählt. Und dass das vielleicht auch gut so ist…

Ein Meisterwerk, zugleich Kleebergs dritter und letzter Teil der Trilogie über seinen Helden, den er von seiner Heirat („Karlmann“) über die Familiengründung („Vaterjahre“) bis eben zu seiner „Dämmerung“ begleitet hat. Und nach dem Schluss ist, weil zwar Charlys Leben nicht vorbei ist, wie Kleeberg schreibt, „aber gewiss deine Zeit“.

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