Der Goldfisch-Flüsterer aus München

von Redaktion

VON NICOLA FÖRG

München – Felix Uhing hockt auf den Fersen und sieht in den Gartenteich seiner Nachbarin. Sie hat Bedenken, dass sie zu früh mit der Fütterung beginnt. Felix steckt den Finger ins Wasser. „Ich bin kein Thermometer, aber das Wasser hat sicher schon mehr als 12 Grad. Die Fische sind gut aus der Winterstarre gekommen. Am besten mit kleine Mengen der Flocken behutsam anfangen.“ Die Nachbarin hat noch eine Frage. „Da sind plötzlich so kleinen schwarze Fische drin?“ Felix lächelt. „Das sind Jungfische. In den ersten Lebensmonaten sind alle Goldfische dunkel. Das ist die Farbe ihrer Stammform, der Silberkarausche. Es kann bis zu zwei Jahre dauern, bis sie umfärben. In so einem naturnahen Teich dauert es oft länger, weil die Wassertemperaturen niedriger sind.“

Felix Uhing ist ein Fisch-Maniac. Er wird Mitte März 18, geht auf der FOS für Agrar-, Bio- und Umwelttechnik in München zur Schule. Felix züchtet Malawis, nimmt andere auf Instagram mit und will Fachwissen verbreiten, damit es Fischen besser geht. Seine Großeltern leben in Prem am Lech, logisch, dass Felix sich auch tatkräftig beim Angelverein Oberer Lech engagiert. Sind für so einen Crack Goldfische nicht zu langweilig? „Gar nicht! Das sind extrem krasse Tiere, echte Überlebensmaschinen, was generell alle Giebel sind. Goldfische sind Zuchtvarianten vom Giebel, man betreibt Farbselektion. Sie wachsen schnell, kommen auch mit schlechteren Wasserbedingungen klar. Sie sind die widerstandsfähigsten Vertreter der Karpfenfische und echte Futter-Generalisten.“

Der Goldfisch gehört also zu den Karpfen, streng wissenschaftlich zu den Cypriniden, und vor über tausend Jahren entstand in China eine Zucht. Der Goldfisch ist ein sehr altes Haustier, das man ohne direkten wirtschaftlichen Nutzen einfach zur Erbauung gehalten hat. Aber ins Goldfischglas gehört er nicht! „Sie brauchen Platz“, sagt Felix. „Etwa zehn Kubikmeter Wasser sind sinnvoll, es gibt so eine Faustregel, dass 1000 Liter etwa zehn Fische vertragen. Überbesatz verändert die Wasserqualität. Die Fische brauchen zudem einen Unterstand in der Teichmitte und Wasserpflanzen. Plastikpflanzen oder Plastikschwimminseln sind absurd. Generell sollte der Teich so naturnah sein wie möglich, nicht aussehen wie ein Swimmingpool! Man sollte immer regionale Wasserpflanzen bevorzugen, damit sie auch den Insekten etwas nutzen. Seerosen sind nicht nur schön, sondern bieten perfekten Unterstand.“ Und noch eins rät Felix der Nachbarin. „Ihr solltet etwas pflanzen, was beschattet. Der Teich liegt im Sommer in der prallen Sonne, das Wasser könnte zu warm werden.“

Ein Kater schlendert heran. Ob der die Fische erwischt? „Ich glaube nicht“, sagt Felix. „Goldfische haben wie alle Fische das Seitenlinienorgan, ein Sinnesorgan für Bewegungsreize. Damit nehmen sie Druckwellen wahr, wenn ein Fisch vorbeischwimmt. Zudem sehen Goldfische sehr gut, Goldfischaugen haben die Fähigkeit zu tetrachromatischem Farbensehen. Das heißt, sie besitzen neben drei Zapfentypen, die etwa denen im menschlichen Auge entsprechen, (rot-, grün- und blauempfindlichen Zapfen) noch einen UV-Zapfen, der kurzwelliges, ultraviolettes Licht absorbieren und diese Information verarbeiten kann. Außerdem hören Goldfische im etwa gleichen Frequenzbereich wie Menschen. Schallwellen werden von der Schwimmblase aufgefangen und über den Weberschen Apparat zum Innenohr geleitet. Schall ist unter Wasser fünfmal lauter und schneller als an Land.“ Der Kater haut ins Wasser, die Goldfische sind längst geflüchtet. Der Kater schüttelt genervt die Pfote…

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