Heimat – ja was ist das überhaupt? Heimat ist für Karin Lorenz (58) ganz klar „Bayern. Ich bin froh, hier leben zu dürfen.“ Insbesondere München, wo sie seit über 25 Jahren mit ihrem Mann Gerhard wohnt. Für ihre Mutter Erna war Heimat das Egerland. Dort wurde sie 1930 geboren. Das Egerland ist im engeren Sinne eine Region im Westen des heutigen Tschechiens.
Erna wächst in Falkenau auf und beginnt die Ausbildung zur Grundschullehrerin. Doch mit Kriegsende 1945 ist damit Schluss. Für die junge Frau beginnt in dieser Zeit eine Odyssee, bis sie 1948 in der Oberpfalz im Westen ankommt. Nur ein Jahr später trifft sie Heinz, der ebenfalls aus Falkenau stammt. „Der Beginn einer großen Liebe, die bis zu dessen Tod 2022 hält“, wie die gemeinsame Tochter Karin berichtet.
Auch wenn das Ehepaar Lorenz in Burglengenfeld in der Oberpfalz eine neue Heimat findet, mit der alten bleiben die beiden stets verbunden. Tochter Karin erzählt: „Sie haben das Egerländer Brauchtum gelebt und sind immer wieder in die alte Heimat gereist.“ Der Vater trat als Conferencier mit humorvollen Geschichten auf. Die Mutter hatte das Kochtalent wiederum von ihrer Mutter geerbt und tischte zuhause Egerländer Kost auf.
„Schreib’s aaf“ – dieses Motto galt insbesondere Heinz Lorenz viel. Er dokumentierte zunächst mit der Hand, später mit einem Computer alles aus der Heimat: Rezepte, Brauchtum und Verse. Karin Lorenz hat diese Sammlung soeben als Buch herausgebracht.
„Gerade bei der Niederschrift der Rezepte hatte er so seine Schwierigkeit“, wie Karin Lorenz mit einem Lachen erzählt. Ihre Mutter kochte so, wie es ihr überliefert worden war. Intuitiv eben. Mengenangaben waren ihr fremd. „Und so begann ein recht mühsamer Prozess des Aufschreibens“, wie sich die Familie erinnert, der fünf Jahre dauerte und viele sorgfältige Test-Kochen miteinschloss.
Die Egerländer Küche ist deftig, Knödel spielen eine große Rolle. Es soll an die 50 verschiedene Sorten geben, zum Teil auch süß. Bei den Süßspeisen wird viel mit Mohn und Pflaumenmus gearbeitet. Oft erinnert die Egerländer Küche an die Küche der K. und K.-Monarchie.
Schon von klein auf hilft Karin in der Küche mit. „Ich hatte einen kleinen Kinderofen, an dem ich mitmantschen durfte.“ Ihr Lieblingsgericht damals wie heute: Knödel mit Soße. Wobei die Knödel in der Regel nicht klein und rund wie hierzulande sind, sondern meist in einem großen, länglichen Stück im Topf gegart werden. „Es gibt sogar extra Knödelschneider. Ähnlich den Eierschneidern“, sagt Karin Lorenz.
Karin Lorenz hat sich heute für eine Dillsauce zum Knödel entschieden – „auch weil das Kraut typisch für die Egerländer Küche ist“.
Zu Festtagen tischt die Wahl-Münchnerin noch heute Egerländer Küche auf – Heimatküche eben. Aber nicht immer. Für alle Tage sei die traditionelle Küche doch etwas zu deftig. „Aber halt unheimlich gut.“