München – Die Katzenbesitzer Julia und Marwin kamen von einer Geburtstagsfete zurück, waren noch etwa vier Kilometer von zu Hause entfernt, als sie in einer Wiese an der Straße eine Katze sahen. Ihren Kater Findus! Er ließ sich anlocken, nahm den Taxiservice nach Hause aber etwas unwillig in Anspruch.
Julia war fassungslos. „Ich hätte nie gedacht, dass der so weit wegläuft.“ Ein Irrglaube. „Katzen streifen weiter umher, als ihre Besitzer glauben“, sagt Jutta Aurahs vom Bund der Katzenfreunde in München. „Die Katze geht nicht nur auf die Wiese hinter dem Haus oder in Nachbars Garten. Es gibt Katzen, die einen Radius von Kilometern haben. Je städtischer die Umgebung oder je mehr Verkehr im Umkreis von 500 Meter um den Wohnort, desto höher ist das Risiko für die Katze. Wer als Besitzer seiner Katze diese Freiheit lässt, trägt eine große Verantwortung, die damit beginnt, dass eine Freilaufkatze gegen alle Krankheiten geimpft sein muss, die sie sich bei der Begegnung mit anderen Tieren einfangen könnte: Katzenseuche, Katzenschnupfen, Tollwut sowie FIB und Katzenleukämie. Außerdem muss sie mit einem Spot-On vor Parasiten wie Flöhen geschützt werden, vor allem aber ist die Zeckenprophylaxe immens wichtig.“
Zecken sind auf dem Vormarsch, neue Arten kommen, sie kommen immer früher im Jahr und Katzen verlieren Zecken auch im Haus, nicht nur die vollgesogenen Exemplare, sondern auch solche, die dann auf den Menschen übergehen. „Es ist sehr wichtig, Freilaufkatzen täglich auf Zecken zu untersuchen“, sagt Aurahs. Das Wichtigste aber ist, dass jede frei laufende Katze, die älter ist als fünf Monate, kastriert sein muss – und zwar Kater und Kätzinnen. Es geht nicht nur darum, dass Katzendamen ungewollt schwanger werden, Kater schwängern! Unkastrierte Kater sind in wüste Revierkämpfe verstrickt, sie verletzen sich schwer, sind wandelnde Parasitendepots. Anders gesagt: Wer seine Freigängerkatze unkastriert nach draußen lässt, handelt egoistisch und tierschutzwidrig!
In über 1100 Gemeinden Deutschlands ist Kastration für Freigänger Vorschrift, in Bayern bisher leider nur in sechs. Entsetzliches Katzenleid ist die Folge. Halbwilde, zu junge Mütter gebären irgendwo, die Kätzchen sind von Geburt an krank und verenden lange und kläglich! Wer seine Katze liebt, bangt immer ein wenig, ob sie heimkommt.
Jede Freigängerkatze muss gechipt sein und mit ihrer Chip-Nummer in einem der beiden kostenlosen Register Findefix oder TASSO registriert sein. Läuft Katze irgendwo zu, kann der Chip ausgelesen werden. Ein Restrisiko bleibt, sie kann irgendwo eingesperrt sein – egal ob Keller oder Gartenschuppen, Katzen steigen neugierig in fremde Autos ein.
Eine Idee ist es dann, die Katze an der Leine zu führen. Jutta Aurahs ist skeptisch: „Katzen sind keine Hunde! Es gibt wenige Katzen, die genießen die gemeinsamen Ausflüge mit ihrem Lieblingsmenschen – das sind die Typen, die auch im Wohnmobil mit in Urlaub quer durch Europa fahren.“ Aber eine erwachsene Katze, die ihr Leben lang Freilauf gewöhnt sei, werde sich eher nicht an die Leine legen lassen. Selbst bei einer Katze, die von klein an mit viel Geduld schrittweise in der Wohnung an Geschirr und Leine gewöhnt werde, gebe es keine Garantie, dass dies auch draußen klappt: „Draußen sind sie womöglich ängstlich. Wenn es dann zu einer Gefahrensituation kommt – ein Hund, ein lautes Geräusch in der Nähe –kann die Katze nicht flüchten, weil die Leine sie festhält. Das kann für sie so ein Schock sein, dass sie nie wieder freiwillig angeleint raus will.“ Eine Katze laufe auch nicht brav bei Fuß, sie spurtet auch mal ein paar Schritte nach rechts und links, was auch zu Unfällen führen kann. Dann eben ein Tracker? Jutta Aurahs erinnert sich an eine Geschichte. „Meine Nachbarn im Stadtrandgebiet mit Garten, hatten in drei Jahren zwei Katzen durch Verkehrsunfälle verloren. Als sie wieder eine Bauernhofkatze aufnahmen, die unbedingt raus wollte, bekam sie einen Tracker ans Halsband. Nun konnten sie auf dem Handy die Wege der Katze verfolgen. Und wenn der Tracker nur noch einen Standort anzeigte, liefen sie mitten in der Nacht voller Angst um ihre Katze dorthin. Jedes Mal hatte sich nur der Tracker vom Halsband gelöst. Ihre Katze kam später gesund und munter nach Hause.“ Ein Problem ist die Strangulationsgefahr, Katzen klettern und können an Ästen hängen bleiben. Selbst ein sich schnell öffnendes Halsband ist leider kein Schutz.
Freigang birgt eben Risiken, auch in Wohngebieten werden Katzen überfahren. Man muss sich ehrlich hinterfragen, ob man das aushalten kann. Auch eine Wohnungskatze kann glücklich werden, wenn die Wohnung groß genug ist, wenn Spielkameraden da sind, Zugang zu Frischluft gewährleistet ist. Es hilft auch, die Katze dann rauszulassen, wenn man selbst im Garten ist, sie mit Leckerlis zu konditionieren. Man kann Katzen an den eigenen Rhythmus gewöhnen, Katzen können sehr wohl die Nacht drin verbringen – auch das beruhigt etwas!
Link:
www.bund-der-katzenfreunde.de