„Die Schmerzen waren unerträglich“

von Redaktion

Vor den Filmfestspielen von Cannes: Rücken-Drama um Münchner Regisseur

Im Carlton Hotel, traditionell Party-Schauplatz bei den Filmfestspielen von Cannes, präsentiert Regisseur Engizek heuer seinen neuen Film „HAPS“. Hier wurde 2013 schon Leonardo DiCaprio gefeiert. © Sebastien Nogier

Bei einer Filmparty: Regisseur Ekrem Engizek mit der früheren US-Außenministerin Hillary Clinton. © privat

Erleichtert: Ekrem Engizek (rechts) mit seinem Operateur Professor Nikolai Rainov. © Ramona Müller

Komplexe Operation an der Halswirbelsäule: Der Neurochirurg Professor Nikolai Rainov erklärt seinem Patienten Ekrem Engizek den Eingriff. © Ramona Müller

München – Er fühlte sich wie in einem schlechten Film – nur dass dieser Horror-Streifen sein ganz persönliches Drama war: Der Münchner Regisseur, Produzent und Drehbuchautor Ekrem Engizek (35) litt an unerträglichen Nackenschmerzen. Ein Ärzte-Marathon führte ihn quer durch Deutschland, doch alle Behandlungen schlugen fehl. Erst eine aufwendige Diagnostik und OP in München brachte den Durchbruch zum Happy End. Dabei setzte ihm der erfahrene Neurochirurg und Schmerztherapeut Professor Nikolai Rainov ein Implantat aus Titan ein, um die durch einen Bandscheibenvorfall schwer geschädigte Halswirbelsäule zu stabilisieren. Das Rückenmark war bedrängt, und das OP-Gebiet lag nur wenige Millimeter von der Halsschlagader entfernt. Seit dem Eingriff kann Engizek beruflich wieder voll durchstarten – gerade rechtzeitig zu den internationalen Filmfestspielen in Cannes. Dort feiert sein neuer Film „HAPS“, ein Gefängnis-Drama, am Samstag Marktpremiere.

Dass Engizek anschließend bei der Meet & Greet Cocktailparty im noblen Carlton Hotel an der Côte d`Azur seine illustren Gäste persönlich begrüßen kann, ist alles andere als selbstverständlich. „Vor der OP war ich total verzweifelt. Fünf Jahre lang bin ich von Arzt zu Arzt gelaufen, jeder hat experimentiert, aber keiner konnte mir helfen. Ich schluckte stärkste Schmerzmittel und wusste nicht, wie es weitergehen soll. Die Beschwerden waren einfach nicht mehr auszuhalten. Bei Dreharbeiten in Los Angeles wurden sie so extrem, dass ich am Rande eines Nervenzusammenbruchs stand“, erinnert sich der Regisseur.

Doch die Ärzte machten ihm zunächst wenig Hoffnung auf Besserung. Eine Magnetresonanztomografie (MRT) brachte einen schweren, großen Bandscheibenvorfall ans Licht, der Halswirbelsäulenkanal war bereits stark eingeengt. Einige Mediziner drängten Engizek zu einer Operation. „Aber ich hatte große Angst davor und fürchtete auch eine Querschnittslähmung“, erinnert sich der Filmemacher. Erst bei einem Termin im interdisziplinären Wirbelsäulenzentrum von Dr. Reinhard Schneiderhan und Kollegen fasste Engizek Vertrauen. Dort riet ihm nach spezieller Diagnostik auch der erfahrene Rückenspezialist Schneiderhan, eigentlich ein glühender Verfechter der konservativen Therapie, zu einer OP. „Wir sind bei einer fachübergreifenden Analyse zu dem Schluss gekommen, dass in seinem Fall eine Fusion die beste Therapieoption ist.“

Bei einer Fusion wird ein Abschnit der Wirbelsäule stabilisiert – gerade an der Halswirbelsäule ein heikler Eingriff, der dem Operateur höchste Präzision und einiges an Erfahrung abverlangt. „Die Halswirbelsäule ist sozusagen eine Miniaturkopie der größeren Lendenwirbelsäule“, erklärt Professor Nikolai Rainov, der bereits mehrere tausend solcher komplexen Operationen durchgeführt hat. Auch bei Filmemacher Engizek musste er auf engstem Raum operieren. Mithilfe eines Mikroskops und unter Röntgenkontrolle entfernte der Neurochirurg auf Höhe der sechsten Etage zwischen den beiden Halswirbelkörpern die Reste der bereits zerstörten Bandscheibe. Stattdessen setzte er einen Platzhalter ein, der in der Fachsprache Cage genannt wird. „Der Cage wird mit Knochenmaterial gefüllt und mit einer Titanplatte sowie insgesamt vier Schrauben an den beiden Wirbelkörpern befestigt. Dadurch wird die Wirbelsäule wieder stabilisiert und der Schmerz ausgeschaltet“, erläutert der Experte.

Nach der OP kämpfte Engizek nach eigenen Worten mit den Tränen – allerdings vor Glück. „Die Schmerzen sind sehr schnell besser geworden, ich habe unglaublich viel Lebensqualität und Energie zurückgewonnen. Plötzlich war mein Kopf wieder frei, ich sprudelte nur so vor Ideen. Es fühlte sich an wie eine Erlösung.“ Für den Filmemacher ist die Schmerzfreiheit auch eine Quelle der Inspiration. Seine Projekte – neben Kinofilmen auch spektakuläre Naturdokumentationen wie etwa „Great Barrier Reef“ oder „Haie – Monster der Meere“ erfordern Leidenschaft und harte Arbeit, bei den Dreharbeiten ist er oft stundenlang ununterbrochen auf den Beinen. Dazu kommen viele Reisen mit langen Flügen und Autofahrten. „Endlich macht mir dabei mein Rücken nicht mehr zu schaffen“, sagt Engizek glücklich.

Seit dem Eingriff sind nun fünf Monate vergangen. Längst kann der Filmemacher auch wieder Sport treiben, regelmäßig geht er zur Physiotherapie und hilft seinem Rücken durch Dehnungsübungen bei der weiteren Heilung. „Das körperliche Training tut den Patienten gut“, weiß Professor Rainov. „Sie gewinnen nach oft jahrelangen Leidensgeschichten das Vertrauen in ihren eigenen Körper zurück.“ So erlebt es auch Filmemacher Engizek. Ein Happy End wie in Hollywood – made in München.
BEZ

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