Sprechstunde für adipöse Hunde und Katzen: Petra Kölle (li.) und Anna-Lena Ziese mit Hündin Bini. © Sven Hoppe/dpa
Kontrolle: Tierärztin Petra Kölle mit Mausi. © A. Gebert/dpa
Besser keine Radikalkur: Nur noch Karotten, Joghurt und vegetarisches Trockenfutter zu geben, weil der Hund zu viele Pfunde auf den Rippen hat, ist keine gute Idee. Besser ist, bei Experten Rat zu holen. © Markus Scholz/picture alliance
München – Mit unseren Haustieren teilen wir eine Menge: die Wohnung zum Beispiel, Freude und Leid. Aber auch: Leiden. Besonders das Thema Übergewicht vereint Mensch und Tier. So werden nicht nur die Menschen, sondern auch Katzen und Hunde im Schnitt immer dicker. Weil sie zu viel futtern und sich zu wenig bewegen. Die zum Teil verheerenden Folgen sind ähnlich und selbst bei den Diättipps gibt es Parallelen: Langsam und vernünftig abnehmen ist die Devise.
„Laut mehrerer Studien sind fast die Hälfte der Katzen und Hunde zu dick“, sagt Petra Kölle, Oberärztin für Ernährungsberatung der Kleintierklinik an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Beurteilt werden kann die Figur des Tieres nach dem Body Condition Score (BCS), danach haben normal genährte Hunde und Katzen eine deutlich sichtbare Taille und eine nach oben gezogene Bauchlinie. Die Rippen sind nicht zu sehen, aber leicht zu ertasten.
Schlanke Hunde leben zwei bis drei Jahre länger
„Weil so viele Tiere zu dick sind, hat sich die Öffentlichkeit dran gewöhnt und nimmt sogar Normalgewichtige als zu dünn wahr“, sagt Uta Wilmer, Tierärztin und Ernährungsberaterin für Hunde und Katzen in Greven. Ursache für die überflüssigen Pfunde auf den tierischen Rippen sind häufig die vielen Leckerlis zwischendurch. Die schmecken den Tieren bestens, sind jedoch wahre Kalorienbomben – ähnlich wie Schokolade, Chips und andere Süßigkeiten für uns Menschen. Das Tier freut sich zwar in dem kurzen Moment, doch auf längere Sicht tut der Mensch seinem Liebling damit keinen Gefallen.
„Dicke Tiere, die gesund sind, sehen wir selten“, so Petra Kölle. Die Liste der zum Teil enormen Auswirkungen ist lang: Die übergewichtigen Tiere haben häufiger Probleme mit den Gelenken, der Haut und Allergien. Das Risiko für Diabetes und sogar Tumorerkrankungen steigt. Müssen sie operiert werden, ist das Narkoserisiko erhöht. Besonders übel trifft Übergewicht Hunde, die ohnehin schlecht Luft bekommen, wie Möpse oder Französische Bulldoggen. Da sich das Fett auch am Hals ablagert, fällt ihnen das Atmen noch schwerer. Wenn junge Tiere bereits zu dick sind, wiegt das auch im übertragenen Sinne besonders schwer – Gelenkerkrankungen sind die logische Folge.
„Mehrere Studien haben ergeben, dass übergewichtige Hunde im Schnitt zwei bis drei Jahre kürzer leben als ihre Artgenossen mit Idealgewicht“, macht Kölle deutlich. Für ein Hundeleben ist das eine enorm lange Zeit. Schließlich beträgt das Durchschnittsalter ohnehin in vielen Fällen nur zwölf bis 13 Jahre, Übergewicht kann dem Tier also ein Viertel seiner Lebenszeit rauben.
Auch dicke Katzen sterben im Schnitt früher als ein Stubentiger mit Normalfigur. Ob ein Tier eher zur schlanken oder zur vollschlanken Figur neigt, liegt auch an den Genen. So werden zum Beispiel Wind- und viele Jagdhunde kaum zu dick, bei den Katzen sind etwa die Orientalisch Kurzhaar von Natur aus schmal gebaut. Auf der anderen Seite stehen unter anderem Labrador, Retriever, Beagle, Möpse und Dackel. Sie fressen unheimlich gerne, satt werden sie eigentlich nie. Und das sieht man ihnen auch schnell an, wenn der Besitzer nicht aufpasst. Generell haben zudem kastrierte und ältere Tiere einen geringeren Kalorienbedarf.
Doch was tun, wenn das Tier zu dick ist? Die Tierärztinnen raten dringend davon ab, die Rationen nach dem häufig zitierten „Friss die Hälfte“-Prinzip einfach rabiat zu kürzen. „Dann fehlen ihnen Nährstoffe“, so Wilmer. Das Tier sollte pro Woche ein bis zwei Prozent abnehmen, bei einem zu schnellen Gewichtsverlust droht ansonsten der gefürchtete Jo-Jo-Effekt, unter dem auch Tiere leiden können! Am besten werden spezielle Diätfuttermittel genutzt, die es beim Tierarzt gibt. Diese enthalten alle Nährstoffe, jedoch wenig Kalorien. Bei Tieren mit Leber- oder Nierenerkrankungen sollte vorab mit einem Veterinär gesprochen werden, denn diese Vierbeiner brauchen eine spezielle Diät. Generell ist es empfehlenswert, das Tier zwecks Gewichtskontrolle einmal die Woche zu wiegen, und zwar jeweils zur gleichen Uhrzeit. Auf die Leckerlis zwischendurch wird am besten verzichtet, alternativ können gesündere Varianten wie Karotten, Reiswaffeln oder kalorienreduzierte Leckerbissen verfüttert werden. Gaben vom Essenstisch sind tabu, auch wenn das Tier noch so bettelt. Schließlich gibt es auch andere Möglichkeiten als Futter, um ihm Zuwendung zu zeigen: mit streicheln, spielen oder einem tollen Spaziergang. Wer seinen Hund mit Trockenfutter ernährt, kann die Brocken auf den Gassigang mitnehmen und seinem Tier zur Belohnung geben, wenn es etwa auf den Rückruf gehorcht hat oder brav bei Fuß geht.
Katzen sollten wenig, aber häufig gefüttert werden
Die Futtermenge für den Tag sollte auf jeden Fall abgewogen werden. Katzen sollten ohnehin nur jeweils geringe Portionen erhalten, aber dafür im Idealfall bis zu zehnmal täglich gefüttert werden. Das entspricht am ehesten ihrer Natur. Wenn eine so häufige Fütterung aus Zeitgründen nicht möglich ist, wäre ein Futterautomat eine Alternative. Diese können so programmiert werden, dass zu festgelegten Zeitpunkten eine kleine Menge Trockenfutter ausgeschüttet wird.
Auch Katzen sollten für ihr Fressen aktiv werden müssen, indem dieses etwa versteckt wird oder sie es im Spiel erbeuten müssen. Die Tiere für ihr Futter quasi arbeiten zu lassen, hat generell einige Vorteile: Es beugt möglicher Langeweile vor und verstärkt auf jeden Fall die Bindung zwischen Mensch und Tier. SABINE MAURER