„Er erkannte, was Heuschnupfen verursacht“

von Redaktion

Neuer Medizinpreis erinnert an den im Dritten Reich verfolgten Arzt Prof. Alfred Wolff-Eisner

Der Medizinpionier Alfred Wolff-Eisner. © Prof. Voswinckel

Leonor Cotik ist eine Ahnin des Alfred Wolff-Eisner, sie kam mit Ehemann Horacio Cotik. © Jens Hartmann

Preisträgerin Beatrice Steidle und Prof. Johannes Ring sind beeindruckt vom Leben von Alfred Wolff-Eisner. © Jens Hartmann

München – Der Medizinpionier Prof. Alfred Wolff-Eisner (1877-1948) litt selbst auch an Heuschnupfen, damals Heufieber genannt. Wäre das das einzige Problem des jüdischen Mediziners gewesen und hätte er von den Nationalsozialisten unbehelligt forschen und therapieren können, dann hätte er sicher noch viele wertvolle Erkenntnisse mehr gewinnen können. Denn mit Allergien und Immunschwächen kannte er sich bestens aus. Von ihm stammt eine Erstbeschreibung der weißen Blutkörperchen (Lymphozyten) aus dem Jahr 1901, 1906 erkannte er Polleneiweiß als den Verursacher von Heuschnupfen und zudem das „Grundgesetz der Immunität“, das darin besteht, dass jedes köperfremde Eiweiß zur Bildung von Antikörpern führen kann. Wolff-Eisner forschte mit den hellsten Köpfen seiner Zeit.

Doch all die Brillanz und die wertvollen medizinischen Erkenntnisse nützten ihm in der Nazizeit nichts, weil er ein deutscher Jude war. Alfred Wolff-Eisner überlebte das Konzentrationslager Theresienstadt und war nach dem Kriegsende Chefarzt am Krankenhaus Schwabing in München. Als praktizierender Arzt und Hochschullehrer beschäftigte er sich vor allem mit dem Immunsystem und dem Entstehen von Allergien.

Zur Erinnerung an ihn hat der „Freundeskreis Alfred Wolff-Eisner“ einen Preis gestiftet, der am 15. Mai in München erstmals verliehen wird. Die erste Preisträgerin ist die Sportwissenschaftlerin und Medizinerin Beatrice Steidle, die sich in ihrer 2022 veröffentlichten Doktorarbeit detailliert mit dem Namensgeber des Preises auseinandergesetzt hat. Der Preis wurde bei einem Symposium im Hotel Vier Jahreszeiten verliehen.

Dort erzählte der emeritierte TU-Prof. Johannes Ring, wie er vor einigen Jahrzehnten auf der Auer Dult am Mariahilfplatz ein Buch von Alfred Wolff-Eisner mit dem Titel „Immunität“ aus dem Jahr 1906 gefunden hatte. „Ich nahm es mit und war überrascht und begeistert davon, wie gut er schon damals geschrieben hatte.“ In seinem Vortrag sprach Prof. Ring über die Fortschritte bei der Erforschung von Mitteln gegen Allergien und darüber, dass diese seit Beginn der Industrialisierung stetig zunehmen. Inzwischen sei man so weit, dass man die Hauterkrankung Neurodermitis mit monoklonalen Antikörpern behandeln könne. Doch bei allem Fortschritt gelte sein Wahlspruch „Nichts übertreiben“, betonte Prof. Ring. Wie auch im Leben so müsse es auch Ziel bei Allergien sein, Toleranz zu fördern.

Dem „Freundeskreis Alfred Wolff-Eisner“ geht es um die Erforschung der Geschichte der Medizin unter den Bedingungen einer Diktatur. Der Münchner Historiker Philipp Rauh spricht über „die Medizin im Nationalsozialismus und ihre Opfer“, der Historiker Michael Wolffsohn über „Antisemitismus – 3000 Jahre Epidemie ohne Impfung“. SUSANNE SASSE

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