Wild Leben: Artenschutz made in München

von Redaktion

Plumplori im Baum. © Pro Wildlife/Streicher/dpa

Sumpfschildkröte aus Malaysia. © Mauritius

Graupapageien nach ihrer Rettung. © Limbe Wildlife Centre

Delfinschlachten im Jahr 2000 in Japan. © Hall/Blue Voice/dpa

Besuch beim Elefantenschutzprojekt in Kenia. © Pro Wildlife

Kämpfen seit 25 Jahren von München aus für den weltweiten Arten- und Naturschutz: Dr. Sandra Altherr und Daniela Freyer, Gründerinnen von Pro Wildlife. © Michael Westermann

München – Ihnen verdanken Millionen Tiere ihr Leben – vor 25 Jahren gründeten die Biologinnen Dr. Sandra Altherr und Daniela Freyer mit Mitstreitern in München die Artenschutzorganisation Pro Wildlife. „Es gab niemand in Deutschland, der sich dafür eingesetzt hat, den weltweiten Ausverkauf der Natur zu stoppen“, so Daniela Freyer im Jubiläumsgespräch: „Dabei haben wir in Deutschland und Europa eine große Verantwortung, wir sind einer der wichtigsten Märkte für Wildtiere und deren Produkte!“

Zwei Schockmomente waren der Auslöser für die Gründung des Vereins: Die beiden jungen Wissenschaftlerinnen nahmen gemeinsam auf der Weltnaturschutzkonferenz Cites 1997 in Simbabwe teil, und erlebten, wie der Schutz afrikanischer Elefanten gelockert wurde, um den Ländern den lukrativen Handel mit Elfenbein zu ermöglichen. Daniela Freyer wusste: Dieser Beschluss wird zehntausende Elefanten umbringen.

Kurz darauf besuchten die Biologinnen gemeinsam eine der für ihr großes Angebot bedrohter Tierarten berühmten Reptilienbörsen in Nordrhein-Westfalen: Der Anblick der exotischen Tiere, die aus der Natur geraubt, in Plastikdosen gesteckt und auf dem Wühltisch zu Dumpingpreisen verramscht wurden, machte die beiden Frauen wütend und sie beschlossen, den Artenschutz zu ihrem Beruf zu machen – zum Glück für die Wildnis!

Der Handel von 470 bedrohten Tieren weltweit: Von Haien, über Frösche und Echsen, bis hin zu Kakadus, Elefanten, Giraffen, Affen und Plumploris wurden mithilfe von Pro Wildlife eingeschränkt oder gestoppt. Die Biologinnen machten das Delfinschlachten an der japanischen Küste bei uns bekannt, sie trugen dazu bei, dass das Walfangverbot nicht aufgeweicht und der Import sämtlicher Wildvögel in die EU gestoppt wurde. „Die Haltung ist nicht generell untersagt, die Tiere müssen aber nun aus Nachzuchten stammen“, so Daniela Freyer: „Es ist einfach ein schönes Gefühl zu wissen, dass Millionen Papageien z.B. weiter in Südamerika herumfliegen, anstatt in Deutschland in einen Käfig gesperrt zu werden.“

Pro Wildlife setzt sich für einen Verkaufstopp von Känguruprodukten ein und macht das Leid sichtbar, das hinter Produkten aus Schlangenleder oder einer Delikatesse wie Froschschenkel steckt. Denn immer noch werden viele Tiere einfach aus der Natur gefangen, weil dies deutlich günstiger ist als eine erfolgreiche Zucht in der Gefangenschaft.

Die Naturschützerinnen informierten über die brutalen Methoden, mit denen Elefanten gebrochen werden, um als Reittiere für Touristen zu fungieren. Sie überzeugten Reiseveranstalter, Elefanten-Reisen aus dem Programm zu nehmen. „Es ist ja häufig Gedankenlosigkeit, die Tieren schadet. Daher sind die Information und Aufklärung eine wichtige Säule unserer Arbeit“, so Daniela Freyer. Doch damit Aufklärung überzeugt, braucht es gute Argumente.

Ein großer Teil der Arbeit für die Wildnis findet daher am Schreibtisch statt: Die mittlerweile neun Mitarbeiterinnen sind mit über 100 Tier- und Artenschutzorganisationen weltweit vernetzt. Sie erstellen selbst Studien oder tragen Forschungsergebnisse zusammen, um mit den Ergebnissen auf der deutschen, europäischen oder der internationalen Bühne die Entscheidungsträger zu überzeugen: „Wir sind auf Konferenzen, wir werden als Expertinnen gehört, wir geben den Tieren eine Stimme“, so Freyer. Pro Wildlifes Aufsehen erregende Studie über die Belastung von Walfleisch mit Schwermetallen trug dazu bei, dass den Japanern und Norwegern der Appetit auf Walfleisch vergangen ist.

Vor Ort in Asien, Afrika und Südamerika unterstützt Pro Wildlife Auffangstationen z. B. von Elefanten, Affen und Löwen: „Immer mit dem Ziel, die Tiere wieder auszuwildern“, so Freyer. Sie ist dankbar dafür, dass alle Kampagnen und die Hilfe für Tierwaisen von den Mitgliedern des Vereins und Spenden finanziert werden: „Wir sind komplett unabhängig.“ Mit am überraschendsten in den 25 Jahren sei gewesen, wie juristisch ihre Arbeit oft sei: „Doch wir wollen auch die Ursachen bekämpfen und das geht nur dadurch, dass Gesetze geändert werden.“

Die Schockmomente von vor 25 Jahren sind mittlerweile ebenfalls in Erfolgsmomente umgewandelt: Seit 2006 gibt es erstmals Leitlinien für Tierbörsen, erarbeitet mit Unterstützung von Pro Wildlife, auch wenn Daniela Freyer sagt: „Der Verkauf von Affen und Gürteltieren auf deutschen Tierbörsen hat aufgehört, aber leider werden immer noch exotische Reptilien in kleine Plastikschalen gezwängt und verkauft.“

Allerdings ist die Auswahl deutlich geringer geworden: Die Berichte zum Thema „Stolen Wildlife“ führten dazu, dass viele Tiere wie z.B. Glasfrösche unter Schutz gestellt wurden und nicht mehr gehandelt werden dürfen.

Auch der Elfenbeinhandel wurde wieder gestoppt, in die Europäische Union ist die Einfuhr von Gegenständen aus Elfenbein nur noch in Ausnahmefällen möglich. Dennoch: 1981 lebten in Afrika noch 1,2 Millionen Elefanten, heute sind es nur 415000. „Wir brauchen wirklich einen langen Atem“, fasst Daniela Freyer die letzten 25 Jahre zusammen. An Rente ist eben noch lange nicht zu denken!

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