Herzzentrum wird Uniklinikum

von Redaktion

Ärztlicher Direktor des Uniklinikums rechts der Isar: Dr. Martin Siess. © Foto: MRI

Spezialklinik mit Weltruf: das Deutsche Herzzentrum München. © Foto: Andreas Beez

Ehrengäste bei der Geburtstagsfeier im Senatssaal (v.li.): Herzchirurg Prof. Friedhelm Beyersdorf, TUM-Altpräsident Wolfgang Herrmann und Landtags-Vizepräsident Tobias Reiß.

Erfolgreiche Herzchirurgen und Weggefährten: Prof. Markus Krane (re.) mit seinem Vorgänger Prof. Rüdiger Lange.

Happy: Kinderherzchirurg Prof. Jürgen Hörer mit seinem jungen Patienten Ferdinand Steiger und dessen Mama Felicitas.

Beim Herzzentrums-Jubiläum im Maximilianeum in der ersten Reihe (von links): Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume, Prof. Heribert Schunkert, Ministerpräsident Dr. Markus Söder und Prof. Peter Ewert. © Fotos (4): Marcus Schlaf

München – Es waren zähe Verhandlungen, und dem Vernehmen nach soll bei den Vertretern des Herzzentrums öfter mal der Puls deutlich in die Höhe geschnellt sein. Kein Wunder, denn für die Herzspezialisten ist der symbolische Einzug unter dem Dach des neuen Uniklinikums der Technischen Universität München – kurz TUM Klinikum getauft – ein recht schwerer Gang. Schließlich war das Herzzentrum ein halbes Jahrhundert lang selbstständig und genießt seine Sonderrolle als einziges Krankenhaus in Deutschland, das direkt einem Ministerium unterstellt ist. Damit soll jetzt Schluss sein – ein Herzensprojekt der bayerischen Staatsregierung, die sich von dem Zusammenschluss noch mehr Schlagkraft im Dauer-Duell mit Berlin als Medizin-Hauptstadt der Republik erhofft.

Auch deshalb kamen Ministerpräsident Markus Söder und sein Wissenschaftsminister Markus Blume (beide CSU) gleich im Doppelpack in den Landtag, um anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Herzzentrums ihren strategischen Coup zu feiern. „Die Zusammenarbeit wird beiden Seiten nutzen. Insgesamt gibt es noch mehr Geld. Es ist ein cleveres Geschäft und erhöht die Strahlkraft aller“, sagte der Regierungschef, der früher selbst mal Gesundheitsminister war, und diagnostizierte süffisant: „Es war keine Liebesheirat zwischen dem Herzzentrum und dem Klinikum rechts der Isar. Aber wir kennen das aus der Landwirtschaft: Liebe vergeht, Hektar besteht.“ Zumal das Herzzentrum keine Angst haben müsse, vom neuen Partner bevormundet zu werden. Das erklärte Ziel sei eine Partnerschaft auf Augenhöhe, warb der Ärztliche Direktor des Uniklinikums rechts der Isar, Dr. Martin Siess, bei den Kollegen um Vertrauen. „Dieser Verbund ist die Chance, ein europaweites Alleinstellungsmerkmal für Spitzentechnologie und Spitzenmedizin zu schaffen.“ Dabei sollen beide Partner ihr Profil behalten, weiterhin operativ und wirtschaftlich eigenständig agieren.

Das Know-how dazu habe das Herzzentrum, wie der Ärztliche Direktor Professor Peter Ewert anhand eines praktischen Beispiels stolz erläuterte: So werden im Herzzentrum jedes Jahr allein mehr als 1000 künstliche Herzklappen mit Katheterverfahren eingesetzt, was dem Haus etwa 20 Millionen Euro Umsatz beschere. Im Mittelpunkt stünden aber nicht die Moneten, sondern die Menschen: „In den vergangenen 50 Jahren haben wir große Fortschritte in der Behandlung von Herzkrankheiten erzielt. Unser Ziel ist es, auch in den kommenden Jahrzehnten die Herzmedizin weiter voranzubringen und neue, innovative Therapien zu entwickeln, um unsere Patienten bestmöglich zu versorgen.“

Derweil bemühte sich Söders Kabinettskollege Blume, etwaige Restskepsis der Herzzentrumsbosse um Ewert und seinen kaufmännischen Kollegen Christian Bormann mit Finanzspriten zu behandeln. „In Bayern tun wir alles für beste Medizin. Im Jahr 2023 lag unser Zuschuss für das Herzzentrum bei fast sieben Millionen Euro, im Jahr 2024 bei über zwölf Millionen – und in den nächsten Jahren wollen wir das noch weiter aufstocken!“ Bei der Wohlfühl-Therapie assistierte auch Professor Wolfgang Herrmann, Urgestein und Ex-Präsident der TU München: „Das Herzzentrum ist kein Edelstein, sondern ein Kronjuwel der Medizin. Bayern versteht, was Seilschaften bedeuten, in denen sich jeder anstrengt – im Gegensatz zu anderen, die Flaschenzüge unterstützen, die nichts bringen.“ Kleiner Seitenhieb an die Ampel in Berlin, die nicht nur nach Herrmanns Einschätzung mehr Geld für die Unikliniken herausrücken müsste. „Unsere Spitzeneinrichtungen sind Garant für die bestmögliche medizinische Versorgung der Menschen in Deutschland“, sagte Bayerns für die Unikliniken zuständiger Fachminister Blume. „Dieses starke Leistungsangebot muss durch den Bund endlich entsprechend stark vergütet werden. Mit der Krankenhausreform löst die Bundesregierung die Probleme nicht, sie verschärft sie.“ Auch Söder forderte eine Kurskorrektur in Berlin: „Wir stoßen in der Forschung in Bereiche vor, die noch vor zehn oder 15 Jahren undenkbar gewesen wären. Deshalb investieren wir in Bayern ganz bewusst auch in die Medizin. Sie bietet enorme Chancen und Pozentiale.“

Einige Beispiele für die rasante Entwicklung präsentierte Professor Heribert Schunkert, der Chefkardiologe im Herzzentrum. So habe sich die Herzinfarkt-Sterblichkeit zwischen 1980 und 2020 alle 20 Jahre halbiert. Zudem sei es inzwischen sogar gelungen, zwei Herzklappen (Aorten- und Mitralklappe) während eines Eingriffs im Herzkatheterlabor zu ersetzen. Erstmals sei auch einem Säugling ein Bypass gelegt worden, er hätte sonst nicht überlebt. Gerade im Bereich der Herz- und Kinderherzchirurgie haben sich die Grenzen des Machbaren in den vergangenen Jahren immer weiter verschoben. Davon berichteten auch die Chefoperateure Professor Markus Krane (Herz- und Gefäßchirurgie) und Professor Jürgen Hörer (Kinderherzchirurgie). Sie hatten zur Jubiläumsfeier Patienten mit in den Landtag gebracht, darunter Ferdinand Steiger, der wegen eines schweren angeborenen Herzfehlers im Herzzentrum mit einer miniaturisierten Herz-Lungen-Maschine operiert worden ist. „Krass, dass so etwas entwickelt worden ist“, kommentierte der Elfjährige trocken. Heute spielt er begeistert und ohne Einschränkung Fußball. Da schlugen bei der Jubiläumsfeier viele Herzen höher, auch jenes von Tobias Reiß, selbst Papa eines Frühchens: „Ihre Arbeit ist von allerhöchster Relevanz“, sagte der Landtags-Vizepräsident an die Adresse der Herzspezialisten. „Sie haben unzählige Leben gerettet.“

Allein deshalb sei jeder Cent in die Spitzenmedizin gut investiert, betonten Politiker und Ärzte unisono. Im Gespräch mit unserer Zeitung brachte es Herzchirurgie-Chef Krane auf den Punkt: „Nach einer erfolgreichen Operation das Glück der Patienten und ihrer Familien erleben zu dürfen, ist unbezahlbar.“

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