Angebote machen den Unterschied aus

von Redaktion

Wie Spezial-Training im Alter dabei hilft, lange selbständig zu bleiben

Selbstständigkeit erhalten: Enzo Giacomi trainiert mit Senioren im Georg-Brauchle-Haus an Geräten. © Foto: Hartmann

München – Für viele aktive Menschen ist die Aussicht, im Alter auf Sport verzichten zu müssen, eine Horrorvorstellung. Deshalb suchen sie sich bewusst ein Seniorenheim aus, das regelmäßige Bewegung ermöglicht. Doch bei den Angeboten in den Einrichtungen gibt es Riesen-Unterschiede. „Mit Hockergymnastik oder Sitztanz und einem alten Ergometer im Keller ist es nicht getan“, weiß Pflege-Insider Dr. Stefan Arend, Autor unserer Checkliste. „Wir brauchen fachlich fundierte Bewegungsprogramme.“

Davon können nicht nur rüstige, sondern auch kranke Menschen profitieren. Bei der Entwicklung eines effektiven Trainingskonzepts für hochbetagte Menschen nehmen Münchner Sportwissenschaftler von der TU München eine Vorreiterrolle ein. Nach ihrem Konzept unter dem Motto „bestform – Sport kennt kein Alter“ trainieren derzeit bereits zahlreiche Bewohner von Senioreneinrichtungen in Oberbayern. Die Trainingsdaten werden in einer der größten Studien ihrer Art weltweit ausgewertet. Sie werden im Oktober bei einem Kongress im Uniklinikum rechts der Isar vorgestellt.

Kraft- und Koordinationstraining ist unter anderem wichtig, um Stürze mit fatalen Folgen zu vermeiden. Ob beim Aufstehen, Gehen, Treppensteigen oder dem nächtlichen Gang zur Toilette: Etwa 30 Prozent der über 65-Jährigen sowie die Hälfte der über 80-Jährigen stürzen jährlich mindestens einmal – das belegen gemeinsame Zahlen des Robert Koch-Instituts, des Gesundheitsministeriums, des Deutschen Zentrums für Altersfragen und des Statistischen Bundesamts. Die Institutionen gehen von etwa fünf Millionen Stürzen älterer Menschen pro Jahr aus. Stürze sind die häufigste Ursache von Hilfs- und Pflegebedürftigkeit. „Wenn wir nicht gezielt trainieren, verlieren wir bis zum 80. Geburtstag etwa 50 Prozent unserer Muskelmasse und haben ein erhöhtes Risiko für Stürze, Brüche, Bettlägerigkeit und soziale Isolation“, erläutert der Präventionsmediziner Professor Martin Halle.

Senioren profitieren nicht nur körperlich von regelmäßigen Trainingsangeboten: „Im Grunde haben Menschen nur zwei Wünsche: alt zu werden und dabei jung zu bleiben“, so Halle weiter. „Neben der besseren körperlichen Gesundheit und Fitness hat das regelmäßige Training in der Gruppe noch einen entscheidenden Vorteil: Es sorgt dafür, dass sich Senioren weniger einsam fühlen und fördert somit ihr seelisches Wohlbefinden. Es ermöglicht neue, positive Gesprächsthemen, anders als an anderen Orten im Altenheim. Die Frauen und Männer lernen im Trainingsraum andere Menschen kennen und erleben gemeinsam Freude an der Bewegung. Das macht glücklich, motiviert, hält jung und vital.“
BEZ

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