Überall wurde Mikroplastik nachgewiesen. © Imago
Wir atmen es ein, nehmen es mit unserer Nahrung auf und trinken es: Täglich kommen wir mit in Plastik verpackten Lebensmitteln in Berührung oder nutzen Kunststoff-Produkte wie Plastiktrinkflaschen oder Brotdosen. „Kleine Bestandteile dieser Produkte finden als Mikroplastik ihren Weg in unseren Körper“, sagt Prof. Birgit Terjung, Ärztliche Direktorin der GFO-Kliniken Bonn. Während bereits gut erforscht ist, dass die winzigen Plastikteilchen in nahezu jedem Organismus vorhanden sind, lassen sich gesundheitliche Folgen nur schwer nachweisen. „Die ungeheure Vielfalt der Kunststoffe lässt sich im Labor nicht abbilden, ebenso fehlt es an den für Studien notwendigen Vergleichspersonen, die gar keine Mikroplastik-Belastung aufweisen“, erläutert Terjung, die auch Sprecherin der der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) ist.
Trotz dieser Hürden zeigen mittlerweile zahlreiche Studien: Mikroplastik ist ein gesundheitsrelevanter Faktor. Eine aktuelle Studie hat die Partikel auch in arteriosklerotischen Plaques nachgewiesen und sie mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Komplikationen in Verbindung gebracht, warnt Terjung, und erklärt weiter: „Zu den Zellen, die das Plastik besonders bereitwillig aufnehmen, zählen die Makrophagen, also die Fresszellen des Immunsystems, die eigentlich Erreger wie Bakterien vernichten.“ Diese könnten das aufgenommene Plastik zwar nicht verstoffwechseln. Zellkulturexperimente ließen jedoch vermuten, dass Makrophagen unter dem Einfluss von bestimmtem Mikroplastik mehr entzündungsfördernde Immunbotenstoffe produzieren könnten. Des Weiteren deuteten erste Untersuchungen an kleinen Patientengruppen darauf hin, dass bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und bei einer Leberfibrose mehr Plastik im geschädigten Organ vorhanden sein könnte als im gesunden Gewebe. „Allerdings ist in diesen Fällen bislang nicht klar, ob geschädigtes Gewebe mehr Mikroplastik aufnimmt oder die Schädigung Ergebnis einer bereits vorhandenen Mikroplastik-Belastung ist“, so Terjung.
Trotz der undeutlichen Studienlage gebe es zunehmend Hinweise, dass Mikroplastik sich im Körper keineswegs passiv verhält. „Zum Schutz des Menschen und der Umwelt ist es daher notwendig, die Belastung durch Mikroplastik zu verringern“, fordert Terjung. Einerseits, indem man weniger Plastik verwendet und andererseits, indem man neue Materialien entwickelt, die unschädlich sind.
SVS