Zecken – die unterschätzte Gefahr

von Redaktion

Zecken können Krankheiten übertragen. © F. Hecker/IMAGO

Naturgenuss tut gut, aber Achtung: Nach einem Picknick oder einem anderen Aufenthalt im Freien sollte man die Haut nach Zecken absuchen. © Panthermedia

Jena – Prof. Jochen Süss forschte jahrzehntelan an namhaften Instituten in Potsdam und Berlin und an der Universität Jena. Er schrieb Bücher und ist ein gefragter Referent. Zu seinen Fachgebieten zählen die von Zecken übertragenen Krankheiten FSME und Lyme-Borreliose. Hier erklärt er, wie die Gefahren einzuordnen sind, wie Sie sich schützen können und weshalb eine Impfung gegen FSME-Viren zu empfehlen ist.

Was ist FSME?

Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist eine Entzündung der Hirnhäute und unter Umständen auch des Gehirns und des zentralen Nervensystems, die durch das FSME-Virus hervorgerufen wird. Dieses vermehrt sich hauptsächlich in kleinen Nagetieren wie Mäusen. Folgen können dauerhafte Schäden wie Lähmungen, Schluck- und Sprechstörungen sein. Bei schweren Verläufen kann FSME in seltenen Fällen sogar tödlich enden. „Impfen ist der beste Schutz, denn die Erkrankung ist nicht mit Medikamenten heilbar“, erklärt Prof. Jochen Süß.

Wo ist man besonders
gefährdet?

Zecken kommen in ganz Deutschland vor. In den aktuell 180 FSME-Risikogebieten besteht ein höheres Risiko, durch einen Zeckenstich mit dem FSME-Virus infiziert zu werden. Mehr als 40 Prozent aller deutschen Stadt- und Landkreise sind betroffen. Besonders hoch ist die Gefahr in großen Teilen Bayerns und Baden-Württembergs sowie in Teilen von Hessen, Sachsen und Thüringen.

Welche Krankheiten können übertragen werden?

Zecken können verschiedene Krankheitserreger übertragen, allen voran FSME-Viren und Bakterien mit dem Namen Lyme-Borrelien. Letztere können die Lyme-Borreliose auslösen. Das ist eine durch Bakterien ausgelöste Infektionskrankheit. Sie ist häufiger als FSME. In Deutschland erkranken pro Jahr etwa drei von 10 000 Menschen an einer Borreliose. Rechtzeitig erkannt lässt sich die Erkrankung mit Antibiotika behandeln.

Wie sind die Symptome von
FSME bzw. Borreliose?

Der Krankheitsverlauf kann sehr unterschiedlich sein. Bei rund 70 Prozent der Betroffenen verläuft FSME in zwei Phasen. Zunächst treten unspezifische, grippeähnliche Symptome wie Müdigkeit oder Fieber auf. Im Anschluss kann eine vorübergehende Besserung eintreten. In einer zweiten Erkrankungsphase kann es dann zu hohem Fieber und einer Beteiligung des zentralen Nervensystems kommen. In der Hälfte der Fälle resultiert das in einer Hirnhautentzündung (Meningitis), in 40 Prozent in einer zusätzlichen Gehirnentzündung (Enzephalitis), und in circa zehn Prozent der Fälle haben Betroffene sogar eine Gehirn- und Rückenmarksentzündung. Vermehrt sich das Virus in Gehirn und Rückenmark, kann die Infektion schwere Verläufe und bleibende Schäden wie dauerhafte Lähmungen oder Schluck- und Sprechstörungen hervorrufen oder gar tödlich enden.

Im frühen Stadium einer Lyme-Borreliose werden neben der Wanderröte – einer flächenhaften ringförmigen Rötung um die Einstichstelle – auch allgemeine Krankheitssymptome wie Abgeschlagenheit, Fieber und Kopfschmerzen beobachtet. Wird eine Lyme-Borreliose nicht rechtzeitig diagnostiziert, kann sie u. a. zu chronischen Gelenkentzündungen oder Hautschädigungen (der sogenannten Papierhaut) führen und/oder Herzprobleme verursachen.

Was kann man tun, wenn die Krankheit ausgebrochen ist?

Gegen Lyme-Borreliose gibt es für den Menschen bisher keine Impfung – die Krankheit kann aber, sofern sie rechtzeitig erkannt wird, mit Antibiotika behandelt werden. FSME ist derzeit nicht mit spezifischen Medikamenten heilbar, nur die zum Teil schweren Symptome können medikamentös gemildert werden.

Wie viel Prozent der Zecken können FSME oder Lyme-Borrelien übertragen?

In den FSME-Risikogebieten sind im Schnitt zwischen 0,1 bis drei Prozent der Zecken mit dem Virus belastet. Etwa 75 Prozent der von einer infizierten Zecke gestochenen Menschen erkranken nicht oder haben oft nur einen leichten Verlauf einer Erkrankung.

Die Durchseuchung mit Lyme-Borrelien beträgt je nach Standort meist zwischen zehn bis zwanzig Prozent. Die meisten Zeckenstiche mit borrelienbelasteten Zecken führen nicht zu einer Erkrankung. Wenn jedoch nach einem Zeckenstich entsprechende Symptome wie die ringförmige Rötung, Fieber, Abgeschlagenheit etc. auftreten, sollte man unbedingt zum Arzt gehen.

Wie kann ich mich am besten schützen?

Was viele nicht wissen: Zecken sind nicht nur im Sommer eine Gefahr. Die Blutsauger werden aktiv, sobald die Temperaturen mehrere Tage fünf Grad Celsius übersteigen. Vor Zeckenstichen sollte man sich daher immer schützen, wenn man sich im Grünen aufhält – auch wenn es nur der eigene Garten ist. Um sich vor FSME zu schützen, ist eine Impfung die beste Maßnahme. „Der FSME-Impfstoff enthält vollständig abgetötete FSME-Viren, die für den Körper ungefährlich sind“, so Prof. Süss. Das Grundimmunisierungsschema besteht aus drei Teilimpfungen innerhalb eines Jahres. Wird ein rascher Impfschutz – zum Beispiel für die aktuelle Saison – benötigt, kann die zweite Dosis bereits zwei Wochen nach der ersten gegeben werden. Danach wird eine Auffrischimpfung alle drei bis fünf Jahre empfohlen. Gegen Lyme-Borreliose gibt es derzeit keine Impfung.

Um gar nicht erst von einer Zecke gestochen zu werden, sollten Vorsorgemaßnahmen getroffen werden. Auf heller Kleidung entdeckt man die Zecken frühzeitig, zudem bietet festes Schuhwerk einen gewissen Schutz. Auch sollte man den Körper nach jedem Aufenthalt im Grünen gründlich nach Zecken absuchen.

Was bringen Anti-Zecken-Sprays und Co.?

Anti-Zecken-Sprays können helfen, Zecken für einige Stunden auf Abstand zu halten. Die Wirksamkeit von angeblichen Hausmitteln wie Kreuzkümmelöl, Kokosöl und weiteren Naturprodukten als Mittel gegen Zeckenstiche ist wissenschaftlich nicht belegt.

Was tun, wenn mich eine Zecke gestochen hat?

Entdeckt man eine saugende Zecke auf der Haut, muss man reagieren: Je länger der Saugvorgang anhält, desto wahrscheinlicher ist eine Übertragung von Krankheitserregern. Dies gilt vor allem für die Erreger der Lyme-Borreliose. FSME-Viren können beim Stich einer mit dem FSME-Virus-infizierten Zecke sofort übertragen werden. Zur Entfernung sollte das Tier hautnah mit einer Pinzette, Zeckenkarte oder Zeckenzange gegriffen und gerade herausgezogen werden. Zur Not kann die Zecke auch mit den Fingernägeln entfernt werden. Dabei sollte man darauf achten, die Zecke nicht zu quetschen. Nach dem Entfernen der Zecke wird die Einstichstelle desinfiziert und mehrere Wochen lang beobachtet. Tritt eine flächenhafte Rötung an der Einstichstelle auf, sollte man einen Arzt aufsuchen. Das gilt auch, wenn die Einstichstelle schmerzt, stark anschwillt, heiß wird und pocht und ebenso bei Symptomen wie Müdigkeit, Fieber oder Kopfschmerzen.

Was tun, wenn Teile der Zecke in der Haut stecken bleiben?

Es kann vorkommen, dass beim Entfernen Teile des Zecken-Stechapparates in der Haut zurückbleiben. Dieser kleine Fremdkörper wird vom Körper meist von selbst nach einiger Zeit abgestoßen. Auch wenn dieser Prozess kein erhöhtes Gesundheitsrisiko darstellt, sollte man die Einstichstelle jedoch weiterhin genau beobachten.

Artikel 2 von 4