Immuntherapie rettet Krebspatienten

von Redaktion

Den eigenen Körper im Kampf gegen Krebs oder Autoimmunerkrankungen einspannen – diesen Weg geht die Medizin mit der CAR-T-Zelltherapie. Wie diese Immuntherapie funktioniert und welches enorme Potenzial sie hat, erklärt die Chefärztin und klinische Forscherin Prof. Marion Subklewe.

Lebt dank der Car-T-Zellterapie: Krebspatient Marcus Neudecker mit Frau Marina (li.), den Töchtern Maresa und Magdalena und Prof. Marion Subklewe. © LMU-Klinikum/Eva Greta Schenkhut

München – Bei der Car-T-Zelltherapie wird das körpereigene Immunsystem genetisch so verändert, dass es krankmachende Zellen erkennt und angreift. Als Therapie gegen bestimmte Krebsarten wurde die Car-T-Zelltherapie vor fünf Jahren in Deutschland zugelassen. Prof. Marion Subklewe wendete am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität als eine der ersten Mediziner in Deutschland die neuartige Therapie gegen Krebs an. Wir sprachen mit einigen ihrer ersten Patienten. Die Car-T-Zelltherapie hat aber auch über die Behandlung von Krebs hinaus eine enorme Bedeutung für die Medizin, sagt Prof. Subklewe. So gebe es bei Rheuma „sensationelle Erfolge“, und auch bei der Therapie der Autoimmunkrankheit Multiple Sklerose gibt es Hinweise, dass die Car-T-Zelltherapie helfen kann.

Können Sie in wenigen Worten erklären, wie eine Immuntherapie mit CAR-T-Zellen funktioniert?

Vereinfacht gesagt aktivieren wir das körpereigene Immunsystem des Patienten gegen die Erkrankung. Das funktioniert folgendermaßen: Wir filtern aus dem Blut des Patienten bei der sogenannten Leukapherese T-Zellen heraus, die Zellen der Immunabwehr. Diese werden genetisch verändert, sodass sie die Krebszellen erkennen. Danach tragen die Car-T-Zellen auf ihrer Oberfläche einen Rezeptor, also eine Oberflächenstruktur, ein Bindeeiweiß. Dank diesem erkennen die Car-T-Zellen ein Eiweiß auf den Krebszellen nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Verabreicht man die Car-T-Zellen dann dem Patienten, vermehren sie sich in seinem Körper. Und sind quasi scharf gemacht, um den Krebs zu erkennen, um ihn dann zu bekämpfen.

Diese Therapie funktioniert aber nur bei manchen Krebsarten?

Ja. Es gibt nicht die eine Therapie gegen Krebs, und in manchen Fällen wird auch in Zukunft die Chemotherapie Mittel der ersten Wahl bleiben. Car-T-Zelltherapien funktionieren momentan vor allem bei plötzlich entstehenden aggressiven Krebsarten wie etwa Lymphomen, Leukämie, bestimmten Formen von Gehirntumoren oder auch Hodenkrebs und bei einigen Arten von Lungenkrebs. Man muss klar festhalten: Die Car-T-Zelltherapie ist eine weitere, sehr interessante Therapie mit einem enormen Potenzial, aber nicht das Allheilmittel schlechthin. Wir müssen immer die Waffe gegen den Krebs anwenden, die im jeweils konkreten Fall die besten Chancen für eine Heilung bietet. Bisher wird die Car-T-Zelltherapie nur dann angewendet, wenn andere Therapien in der Erstlinie, also etwa Antikörper- und/oder Chemotherapie, nicht gewirkt haben.

Wohin geht der Trend bei den CAR-T-Zellen?

Hier gibt es tatsächlich mehrere Ziele. Bei der Behandlung von Krebs geht es darum, noch genauer schon im Vornherein zu wissen, bei welchem Patienten diese living drugs, also lebenden Medikamente, sicher und wirksam sind. Hier ist ein Ziel, Biomarker zu identifizieren, um genau diese Patienten zu identifizieren. Denn dann könnten wir bei diesen Patienten die Car-T-Zelltherapie schon in der Erstlinie anwenden, also anstatt beispielsweise einer Chemotherapie. Hier laufen aktuell Studien. Weiterhin versuchen wir, die Car-T-Zellen immer weiter zu verändern, sodass diese Therapieform noch effektiver und sicherer wird. Der große Erfolg der Car-T-Zelltherapie wird auch noch in anderen Bereichen geprüft. Das heißt, bei anderen Krebs-, aber auch bei Autoimmunerkrankungen. Hier konnten in kleinen Patientenkohorten sensationelle Erfolge erzielt werden, und aktuell laufen viele Studien. Auch im Bereich von Autoimmunerkrankungen des Nervensystems, also z. B. bei Multipler Sklerose, laufen aktuell Car-T-Zellstudien. Auch an unserem Zentrum bieten wir Car-T-Zellen in diesem Bereich an. Es passiert sehr viel, und wir sehen unglaubliche Möglichkeiten für diese neuartige Therapieform. Aber wir wissen noch nicht, wo sich die Immuntherapien überall durchsetzen. Obwohl die Car-T-Zelltherapie nun seit genau fünf Jahren in Deutschland zugelassen ist, sind wir noch am Anfang. Aber ich bin mir sicher: Für dieses total neue Konzept der Bekämpfung von Krankheiten wird es in naher Zukunft einen Nobelpreis geben.

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