„Ohne die Zeitungslektüre wäre ich wohl tot“

von Redaktion

Lymphdrüsenkrebs: Nach drei Chemotherapien hatten die Ärzte Gabriela Mühlpointner (66) schon aufgegeben

Das ist der Artikel, durch den Gabriela Mühlpointner zur Car-T-Zelltherapie fand. Prof. Michael von Bergwelt freut das. © LMU

Dass ihr die Zeitungslektüre das Leben retten würde, das lässt Gabriela Mühlpointner bis heute die Stimme verschlagen. Die Ärzte hatten sie aufgegeben, so hartnäckig war ihr Lymphdrüsenkrebs: Zunächst ein sogenanntes Hodgkin-Lymphom, dass sich dann aber in ein großzelliges B-Zell-Lymphom umwandelte – beides sind Varianten des Lymphdrüsenkrebses. „Ich hatte drei Chemotherapien mit acht Zyklen hinter mir, doch der Krebs war unbesiegt“, erzählt sie. „Ich galt als austherapiert und bereitete mich darauf vor, zu sterben.“ Doch dann fand sie einen Artikel in unserer Zeitung. Dort beschrieb die Medizinredaktion am 21. Oktober 2019 unter dem Titel „Ein großer Sieg über den Krebs“ die damals völlig neuartige Behandlung mit der Car-T-Zelltherapie. „Ich las den Artikel und dachte, der Patient, der dort beschrieben wurde, hatte ja genau die gleiche Krebsart wie ich“, erzählt die 66-Jährige.

Drei Monate später wurden ihr dann durch die sogenannte Apherese Immunzellen aus dem Blut gefiltert. Die Apherese funktioniert wie eine Art Blutwäsche. Gabriela Mühlpointner saß auf einem Sessel, jeweils eine Nadel in jedem Arm. Das Blut wurde aus einem Arm in eine Maschine gesaugt, die die Immunzellen herausfiltert – das restliche Blut gelangte dann durch den anderen Schlauch zurück in den Körper.

Die so gewonnenen Immunzellen wurden anschließend in einem Labor gentechnisch verändert: Sie bekommen eine Art Krebs-Sensor. Die Zellen bilden auf ihrer Oberfläche ein bestimmtes Eiweiß, den „chimeric antigen receptor“, kurz CAR. Dieser Rezeptor erkennt bestimmte Krebszellen, etwa Leukämie- und Lymphomzellen. Denn diese körpereigenen mutierten Zellen können nur wachsen, weil es ihnen gelingt, sich vor der körpereigenen Immunabwehr zu tarnen. Wenn der Körper sie erkennt, kann er sie auch bekämpfen.

„Ich bekam intravenös eine kleine Infusion“, erinnert sich Gabriela Mühlpointner. „Es sah aus wie ein kleines Sackerl mit Limo drin, ich hatte es mir spektakulärer vorgestellt.“ Einen Monat später wusste sie: „Ich habe es geschafft“. Die Blutwerte waren wieder gut, die Car-T-Zellen hatten angeschlagen und die Patientin konnte das Krankenhaus verlassen. Seit dem ist ihr eines am Allerwichtigsten: „Wir sind hier, um unser Leben und die kleinen und die großen Freuden zu genießen.“ Gabriela Mühlpointner ist dankbar für jeden Tag, den ihr die moderne Medizin schenkte.
SUSANNE SASSE

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