MEIN KÜCHENGEHEIMNIS

Gezupft, nicht geschnitten

von Redaktion

Spaghetti al Pomodoro sind ein Klassiker der italienischen Küche. Das Rezept kommt mit wenigen Zutaten aus. Wichtig sind vollreife Tomaten, die es jetzt noch auf dem Markt gibt. Fulvio Pierangelini (71) hat eine besondere Herangehensweise. Er zupft die Tomaten und schneidet sie nicht. Das macht den großen Unterschied im Geschmack.

Das Produkt steht im Mittelpunkt, diesmal die Tomate.

Ruhe ist eine wichtige Zutat. Die gezupften Tomaten in Ruhe schmoren lassen.

Wie das schon duftet: Der Koch aus Italien liebt den Pasta-Klassiker.

Ein Klassiker der italienischen Küche: Spaghetti al Pomodoro lieben alle.

Ein Korb voll verschiedener Tomaten: Jede Sorte hat einen anderen Geschmack.

Respekt vor der Zutat ist entscheidend.

Die Besonderheit: Die Tomaten werden gezupft.

Mit einem Sieb die Tomate aus dem Wasser holen.

Vorfreude auf einen Klassiker aus Italien. Meisterkoch und Küchenphilosoph Fulvio Pierangelini (71) hat Spaghetti al Pomodoro zubereitet. © Martin Hangen

München – Der Sommer neigt sich dem Ende entgegen. Die letzten Sonnenstrahlen bringen die heimischen Tomaten noch zum Reifen. Fulvio Pierangelini steht in der Küche des Münchner Rocco Forte Hotels und nimmt eine Fleischtomate in die Hand. Berührt die knallrote Frucht beinahe zärtlich. Er atmet ihren Duft ein („mmhh, aromatisch“) und dreht die Frucht andächtig. Heute kocht er Spaghetti al Pomodoro. Eigentlich ein ganz einfaches italienisches Gericht. Doch Vorsicht: „Dabei kann man so viel falsch machen.“

Der 71-Jährige gehört zu den bekanntesten Köchen Italiens. Seine Herangehensweise: „Immer das Beste aus den Zutaten herausholen.“ Das sei besonders bei Gerichten mit nur zwei oder drei Zutaten besonders schwierig.“ Weil dann nichts vom ursprünglichen Geschmack ablenke. Es gilt, diesen perfekt in Szene zu setzen. So wie heute die Tomate.

Nach der Schule studiert er Politik, jobbt zwischendurch als Nachtportier und Segellehrer. Er macht seinen Doktor und träumt davon, Botschafter zu werden. Dann die Kehrtwende. Mit den Worten: „Papa, jetzt mache ich das, was mir wirklich Freude bereitet“, verabschiedet sich der gebürtige Römer von der Diplomatie. Stellt sich an den Herd. Lernt von Spitzenköchen.

■ Sein Lokal gehörte zu den Top 50 weltweit

1980 eröffnet er sein eigenes Lokal Il Gambero Rosso. Schon bald gehört es zu den besten des Landes. Er erkocht zwei Michelin-Sterne, landet auf Platz zwölf der 50 besten Restaurants weltweit. Gourmets aus der ganzen Welt pilgern in sein Hafen-Lokal. Dann – 2008 – schließt der Spitzenkoch völlig überraschend sein Restaurant. „Ich war ausgebrannt. So konnte es nicht weitergehen. Ich hatte keine Energie mehr fürs Kochen.“ Er wollte nur noch weg.

Dem Kochen ist er dennoch treu geblieben. Seit ein paar Jahren berät er als Creative Director of Food die Rocco-Gruppe. Hotelbesitzer Sir Rocco war einst Gast in seinem Restaurant. „Uns verbindet die Leidenschaft für gute Küche.“

Fulvio Pierangelini ist ein Küchenphilosoph. Er arbeitet voll Wertschätzung für die Produkte. „Alles, was ich mache, hat einen Sinn.“ Wieso schneidet man überall auf der Welt die Tomaten vor dem Häuten ein? „Das ist Quatsch. Das verwässert den Geschmack.“ Es macht ihm Spaß, sein Wissen weiterzugeben. Seine Philosophie: In der Küche kommt es auf Technik, Timing, Produkte und vor allem die Emotionen an. „Der Respekt vor der Ware ist die wichtigste Zutat in einem Gericht.“

Und deshalb zupft der Italiener seine Tomaten voll Hingabe für seine Spaghetti al Pomodoro und schneidet sie nicht mit dem Messer. Man schmeckt den Unterschied. Versprochen.

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