Erkältungswelle: Vitamine gegen Viren

von Redaktion

Mediziner erklären, wie Sie Ihre Abwehrkräfte auf natürliche Weise stärken können

Ernährungsexpertinnen: Prof. Brigitte Mayinger (links) und Dr. Ingrid Pawellek vom Helios Klinikum München West in Pasing. © Helios

Gesunder Genuss: Dr. Milan Dinic trinkt einen Ingwer-Kurkuma-Shot: „Ingwer wirkt entzündungshemmend“, sagt der Internist. © Heidi Willmann

München – Nach der Wiesn liegt gefühlt die halbe Stadt flach: Die erste heftige Erkältungswelle in diesem Herbst überrollt aber nicht nur Oktoberfestbesucher, sondern auch viele Familien mit Kindern. Sie bringen die Keime aus Schule, Hort, Mittagsbetreuung und Kita mit nach Hause. Dort wiederum melden sich immer mehr Lehrer, Erzieher und Betreuer krank, während die Eltern im Büro ihre Kollegen anstecken. Ein unsäglicher Kreislauf aus Husten und Schnupfen. Um diesen zu unterbrechen, bedarf es eines starken Immunsystems. Wie Sie Ihre Abwehrkräfte auf natürliche Weise stärken, warum teure Vitaminpillen meist ein Schmarrn sind und wie Sie im Falle einer Infektion Schlimmeres verhindern, erklären Münchner Mediziner in unserem großen Medizinreport. „Grundsätzlich gilt: Eine abwechslungsreiche, pflanzenbasierte Ernährung mit hohem Gehalt an Mikronährstoffen unterstützt das Immunsystem optimal im Kampf gegen Bakterien und Viren“, betonen Chefärztin Prof. Brigitte Mayinger und Ernährungsberaterin Dr. Ingrid Pawellek vom Helios Klinikum München West. Auf diese Vitamine und Mikronährstoffe kommt es aus Sicht der beiden Helios-Expertinnen an: Vitamin A: Ist beteiligt an der Bildung und Aufrechterhaltung von Haut und Schleimhäuten, die Krankheitserreger abwehren. Die Vorstufe Beta-Carotin ist enthalten in rotem Gemüse (Tomaten, Paprika, Karotten), das Vitamin selber in Leber und Seefisch. Vitamin B: Unterstützt das Immunsystem bei der Erkennung von Krankheitserregern, fördert das Zellwachstum und schützt vor oxidativem Stress. Quellen sind Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Fleisch, Fisch, Milch, Käse und Hefe. Vitamin C: Schützt Abwehrzellen vor oxidativem Stress. Am meisten ist es in frischen Lebensmitteln wie Zitrusfrüchten, Paprika und Brokkoli zu finden. Vitamin D: Kann der Körper mit Hilfe von Sonnenlicht selbst herstellen. Es aktiviert Abwehrzellen (T-Zellen) und reguliert das Immunsystem. In der dunklen Jahreszeit kann eine Nahrungsergänzung sinnvoll sein. Quellen sind etwa Lachs, Hering, Thunfisch, Eier oder Pilze. Vitamin E: Wirkt als Antioxidans und schützt Zellen vor freien Radikalen. Wichtige Quellen sind pflanzliche Öle und Nüsse. Zink: Unterstützt die Immunantwort und wirkt entzündungshemmend. Es ist vor allem in Fleisch, Fisch, Meeresfrüchten, Nüssen und Hafer enthalten. Selen: Ist wichtig für die Immunabwehr. Ein Mangel erhöht die Infektanfälligkeit. Quellen sind z. B. Fleisch, Fisch und Eier.

Der Münchner Internist und Kardiolge Dr. Milan Dinic setzt in der kalten Jahreszeit auf eine täglich Portion Ingwer. „Ingwer werden entzündungshemmende Effekte zugesprochen. In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird die Ingwerwurzel seit Jahrhunderten eingesetzt und 2018 wurde sie zur Heilpflanze des Jahres gekürt“, weiß der erfahrene Hausarzt. Die immunstimulierende Wirkung haben vor wenigen Jahren auch Forscher am Freisinger Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie der Technischen Universität München in einer Studie nachgewiesen.

Den Ingwer-Kurkuma-Shot trinkt Dinic in der nasskalten Jahreszeit gerne nach dem Mittagessen. „Auf nüchternen Magen ist er nicht für jeden gut zu vertragen, denn die Scharfstoffe können die Magenschleimhaut reizen.“ Zusammen mit einer Mahlzeit verarbeitet sie unser Körper daher mit einer Art Schutzschicht.

Neben einer ausgewogenen Ernährung rät der Internist dazu, die Darmflora mithilfe von Ballaststoffen und Probiotika zu stärken. Hintergrund: „Der Darm beherbergt den überwiegenden Teil unseres Immunsystems“, erläutert Dinic. „Etwa 70 Prozent unserer Abwehrzellen sind in der Darmschleimhaut angesiedelt und wehren unerwünschte Keime ab.“ Die Funktion unseres Immunsystems ist zu einem wesentlichen Teil vm Mikrobiom des Darms, früher Darmflora genannt, abhängig. Gut für das Mikrobiom sind vor allem Ballaststoffe aus Vollkornprodukten oder Gemüse, die den „guten“ Darmbewohnern quasi als Futter dienen. Aber auch Milchprodukte wie Naturjoghurt, Buttermilch oder Kefir, mit reichlich lebenden Bakterien, sogenannte Probiotika, und fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut, Essiggurken, Apfelessig oder Kimchi, sorgen für ein positives Darmmilieu und unterstützen damit die Infektabwehr.

■ Alkohol schadet Immunsystem

Die Helios-Expertinnen Mayinger und Pawellek empfehlen, gerade nach der Zeit der deftigen Wiesn-Schmankerl, üppige Fettfallen zu umgehen: „Vermeiden Sie Fertigprodukte und Fastfood, essen Sie beispielsweise lieber Magerquark statt Quark der Doppelrahmstufe. Und: Verzichten Sie zwei bis drei Wochen auf Alkohol, um ihre Leber zu entlasten.“ Zumal Bier und Wein auch die Abwehrkräfte ertränken. In diesem Zusammenhang verweist Dinic auf ernüchternde Studien: „Bei einem Rausch wird das Immunsystem so stark belastet, dass es für 24 Stunden nahezu aussetzt. Die Trinkpause lässt sich gut mit Sport füllen. „Regelmäßiges körperliches Training fördert nicht nur die Fitness, sondern erhöht auch die Anzahl der Abwehrzellen des Körpers und hilft somit, Infekte besser zu überstehen.“

Von der Bierbank ins Fitnessstudio – wem diese Veränderung zu radikal erscheint, der kann es zunächst mit Spaziergängen versuchen. „Schon zehn Minuten beispielsweise in der Mittagspause wirken sich positiv auf die Gesundheit aus“, sagt Dinic. „Entscheidend ist, dass man zügig unterwegs ist. Dies kurbelt die Produktion der natürlichen Killerzellen an, trainiert das Herz-Kreislaufsystem und die Organe. Durch die Aufnahme von Sonnenstrahlen auf der Haut produziert unser Körper für das Immunsystem das dringend benötigte Vitamin D.“
ANDREAS BEEZ

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