Neue Chancen gegen den Krebs

von Redaktion

Münchner Tumor-Spezialisten erklären innovative Behandlungen und Forschungsergebnisse

Das True-Beam-Strahlentherapiesystem ist Bestandteil der hochmodernen Behandlungen. © Kathrin Czoppelt/TUM

Hightech im Kampf gegen Krebs: Die Radioonkologin Prof. Stephanie E. Combs betreut im Universitätsklinikum rechts der Isar einen Patienten im Gamma Knife – einem Bestrahlungsgerät der neuesten Generation. © Thomas Einberger, TUM

München – „Sie haben Krebs!“ – kaum eine Diagnose löst bei Betroffenen mehr Angst aus. Dabei gibt es Grund zur Hoffnung: Wird die Erkrankung früh erkannt, können heute viele Patienten geheilt werden. Selbst Menschen mit einer fortgeschrittenen Erkrankung gewinnen durch moderne Therapien wertvolle Lebenszeit. Über die neuesten Entwicklungen der Krebsmedizin können sich Interessierte am 19. Oktober beim Krebs-Informationstag am Klinikum Großhadern informieren (siehe Kasten). Dabei werden Experten auch über die neuesten Erkenntnisse und Behandlungsansätze aus der Forschung berichten. Vorab stellen hier fünf Spezialisten des Münchner Universitätsklinikums rechts der Isar neue Behandlungs- und Operationsmöglichkeiten sowie hochmoderne Strahlentherapien vor.

Präzise Bestrahlung bei Hirntumoren

In der Behandlung von Hirntumoren, wie den bösartigen Gliomen oder Hirnmetastasen, ist es besonders wichtig, nur das Tumorgewebe anzugreifen. Gesundes Gewebe muss geschont werden, sonst drohen neurologische Ausfälle wie z. B. Sprachstörungen oder Lähmungen. Dazu setzt man auf eine Kombination aus OP, Chemotherapie – und Bestrahlung. „Die hochpräzise Radiotherapie ist heute eine feste Säule der Behandlung“, sagt Dr. Christian Diehl, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum rechts der Isar. Denn: Kann in anderen Organen zur Sicherheit ein Saum gesundes Gewebe um den Tumor herum mitentfernt werden, ist dieses Vorgehen in der Steuerzentrale des Körpers nicht möglich. „Das Risiko für permanente neurologische Ausfälle wäre zu hoch.“

Um verbliebene Krebszellen abzutöten und so einen Rückfall (Rezidiv genannt) zu verhindern, setzt man am TUM Universitätsklinikum daher auf modernste Techniken. Dazu gehört die intensitätsmodulierte Radiotherapie wie die Volumetric Intensity Modulated Arc Therapy (VMAT) und Tomotherapie. Diese erlauben durch Rotation und Bewegung kleiner Bleilamellen, die Strahlung permanent in Form und Intensität an das Bestrahlungsfeld anzupassen. Bei Hirnmetastasen kommt die Stereotaxie zum Einsatz, am TUM Universitätsklinikum steht hierfür unter anderem ein Gamma Knife zur Verfügung. „Damit lassen sich mehrere Metastasen in einer einzigen Sitzung behandeln. Das gesunde Gewebe bekommt hierbei nur minimale Strahlung ab“, sagt Diehl.

Große Hirnmetastasen, die Beschwerden bereiten, werden in der Regel operiert – und können oft noch während der Operation mit der intraoperativen Radiotherapie (iORT) behandelt werden. Dazu wird ein kugelförmiger Applikator in die OP-Höhle eingeführt und diese von innen bestrahlt – mit Erfolg: „Aktuelle Auswertungen zeigen eine sehr hohe Effizienz“, sagt Diehl. Bis zu 90 bis 95 Prozent der so behandelten Metastasen sind auch nach einem Jahr noch gut unter Kontrolle – und das sogar bei geringsten Nebenwirkungen.

Radioaktive Medikamente

„Beim frühen Prostatakarzinom sind die Heilungschancen heute extrem gut“, sagt Prof. Jürgen Gschwend, Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie am TUM Universitätsklinikum, Klinikum rechts der Isar. Haben sich bereits Metastasen gebildet, ist Heilung zwar nicht mehr möglich. Doch: „Lag die mittlere Überlebensrate von Patienten mit einem neu diagnostizierten, metastasierten Prostatakarzinom vor zehn Jahren bei zwei, drei Jahren, ist sie heute auf fünf bis zehn Jahre gestiegen.“ Gerade bei medikamentösen Therapien habe sich viel getan: Mit Docetaxel und Cabazitaxel gibt es zwei bewährte Chemotherapeutika. Androgenrezeptor-Inhibitoren (ARIs) wiederum hemmen die Wirkung des Hormons Testosteron, das den Krebs bei den meisten Patienten schneller wachsen lässt. Kombiniert mit der klassischen Antihormontherapie „verlängern sie deren Wirkung erheblich.“

Allerdings lässt die Wirkung bei beiden Therapien nach längerer Anwendung nach. Am TUM Universitätsklinikum setzt man dann auf die sogenannte nuklearmedizinische Theranostik. „Sie ermöglicht eine zielgerichtete Therapie durch radioaktive Medikamente mit wenig Nebenwirkungen“, erklärt Prof. Matthias Eiber, Leiter der Sektion Theranostik an der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin. PSMA-Radioliganden sind solche radioaktiven Medikamente. Sie binden sich passgenau nur an das Prostata-spezifische Membran-Antigen (PSMA) – ein Eiweiß, das bei vielen Patienten auf der Oberfläche der Prostatakrebszellen gebildet wird.

Betroffene erhalten eine Infusion mit PSMA-Radioliganden. Über das Blut spürt das Medikament Krebszellen in verschiedenen Organen auf, wird von diesen aufgenommen und bestrahlt sie so zielgenau. Das macht die Therapie nebenwirkungsarm, und es verlängert die Zeit, in der die Erkrankung nicht weiter fortschreitet.

Dass davon auch Patienten profitieren könnten, die noch keine Chemotherapie erhalten haben, zeigen neuere Studien, die jüngst auf dem Kongress der European Society of Medical Oncology (ESMO) in Barcelona vorgestellt wurden. „Eine echte Chance für Betroffene, da dies eine gute Lebensqualität ermöglicht“, sagt Prof. Matthias Eiber.

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