Der Osteoporose-Test von Osteolabs kostet 85,99 Euro.
Der Test von Medivere liegt bei rund 120 Euro.
Osteoporose kann zu Brüchen führen, weil die Knochensubstanz immer weiter schwindet. Oft sind die Brüche Folge eines Sturzes, doch sie können auch ohne erkennbaren Anlass passieren. Ist ein Oberschenkelhalsknochen betroffen, erholen sich viele Betroffene nicht mehr vollständig. © Mauritius Images
Kiel/München – Kalzium macht die Knochen stark. „Deshalb speichert es der menschliche Körper, und zwar zu 99 Prozent in seinem Skelett“, sagt Prof. Andreas Seekamp, der die Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) leitet. Er rät jedem ab 50 Jahren, einmal zu testen, ob er von Osteoporose betroffen ist. „Ab 70 würde ich regelmäßig testen, ob mein Knochenstoffwechsel gesund ist“, rät der erfahrene Orthopäde. Entwickelt hat den Test sein Chefarzt Dr. Michael Müller gemeinsam mit dem Meeresforscher Prof. Anton Eisenhauer vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, der einen ähnliches Test erfand, um herauszufinden, wie gesund Korallen sind. Denn diese bauen sich ständig um und wieder auf – ganz ähnlich wie die Knochen im menschlichen Körper.
Die Knochen eines Menschen sind nicht starr und unveränderlich. Im Gegenteil, erklärt Prof. Andreas Seekamp. Ein Leben lang werden sie durch den Stoffwechsel ab-, um- und neu aufgebaut. Bei Osteoporose überwiegen die Abbauprozesse.
Es gibt viele Ursachen, die zu einer Osteoporose führen können: Bestimmte Erkrankungen (zum Beispiel Hormonstörungen) fördern den Knochenabbau. Auch Medikamente (zum Beispiel Chemotherapeutika, Langzeitgabe von Kortison) können als schwerwiegende Nebenwirkung eine Osteoporose auslösen. Die häufigste Ursache ist der Mangel an weiblichen Sexualhormonen (Östrogene), denn Östrogene sorgen dafür, dass neue Knochenmasse aufgebaut wird. Während und nach den Wechseljahren geht die Östrogenproduktion bei Frauen stark zurück. Auch die familiäre Neigung spielt eine wichtige Rolle für die Stabilität der Knochen in der zweiten Lebenshälfte.
Ob nun der Knochenumbau reibungslos funktioniert oder der eigene Körper Raubbau betreibt, kann man neuerdings selbst zu Hause testen. Der Test funktioniert ähnlich wie ein Schwangerschaftstest. Er misst, welches und wie viel Kalzium sich im Urin befindet. Das ist wichtig, weil der Körper über die Nahrung Kalzium aufnimmt. Der Mineralstoff kommt in verschieden schweren Isotopen, also Verbindungen, vor. Je leichter das Kalzium ist, desto einfacher und schneller reagiert es und wird in den Knochen eingelagert. Aber auch für den Stoffwechsel wird Kalzium benötigt. Im Blut und im Urin findet sich bei gesunden Menschen überwiegend Kalzium mit schweren Isotopen, also solches, das nicht für den Knochenaufbau verwendet wird.
Osteoporose stellt diese Vorgänge auf den Kopf. Schleichend wird Knochensubstanz abgebaut und so gelangen vermehrt leichte Kalzium-Isotope aus den Knochen in Blut und Urin. Das ist messbar. Aus dem Verhältnis von leichtem und schweren Kalzium in Blut und Urin kann geschlossen werden, ob Knochen auf- oder abgebaut wird.
Den Diagnosetest gibt es von verschiedenen Herstellern, etwa den OsteoTest home der osteolabs GmbH (Preis 85,99 Euro) oder den Osteoporose Test von Medivere (129 Euro), beide frei verkäuflich in Apotheken. Durch sie kann man anhand des Urins feststellen, wie es um den Knochenstoffwechsel steht. Die Tests dienen nur der Früherkennung, betont Prof. Seekamp. Geben sie Hinweise auf Osteoporose, braucht es für eine genaue Diagnose und eine Therapieempfehlung weitere Untersuchungen. Die neue Früherkennungsmethode ist für Prof. Seekamp eine gute Nachricht. „Denn: Osteoporose vor dem Beginn körperlicher Beschwerden zu erkennen, heißt, die Skeletterkrankung früh behandeln und Brüche vermeiden zu können.“
Prof. Seekamp rät dazu, den Test mit 50 Jahren zum ersten Mal zu machen – um festzustellen, wie gesund der Knochenstoffwechsel ist. „Gibt es keine Hinweise auf Osteoporose, kann man ein paar Jahre verstreichen lassen, bis man wieder testet“, sagt Prof. Seekamp. Je älter man wird, desto häufiger würde er testen. Bei dem Test muss man nichts Besonderes beachten – allerdings kann extreme sportliche Anstrengung in den Stunden zuvor, etwa durch einen Marathonlauf, das Ergebnis verfälschen.
Vor allem weil Osteoporose oft erst sehr spät erkannt wird, begrüßt Prof. Seekamp die unkomplizierten Tests: „Ich würde mir wünschen, dass sie bald nicht mehr von den Patienten selbst zu bezahlen ist, sondern eine Kassenleistung werden“, sagt der Top-Orthopäde. Denn die Folgen von Osteoporose sind oft schwerwiegend. Viele Patienten erleiden Brüche am Handgelenk, dem Oberarm und/oder der Wirbelsäule. Besonders problematisch sind Frakturen im Hüftgelenk. Um diesen vorzubeugen, gibt es neuerdings ein OP-Verfahren, bei dem durch Zement die Knochenneubildung angeregt wird (siehe unten).