Innovative OP-Methode für schwere Fälle

von Redaktion

Spezielle Zement-Technik regt den Körper zur Selbstheilung und zum Nachbau der Knochensubstanz an

Bei der OP wird das kaputte Material abgesaugt und der Hohlraum mit Zement aufgefüllt. © AG Novos Bioscience

Ist die Knochenstruktur durch Osteoporose stark beschädigt, bricht oft der Oberschenkelhalsknochen. © AG Novos Bioscience

Kiel/München – Der Knochenschwund durch Osteoporose galt bislang als unheilbar. Nun aber haben Mediziner eine revolutionäre Behandlung entwickelt, die erstmals eine Heilung einzelner schwer durch Osteoporose geschädigter Knochen ermöglicht. „Man kann tatsächlich von einem Durchbruch sprechen“, freut sich Prof. Andreas Seekamp. Er ist Präsident der Deutschen Fachgesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und hat gestern beim DKOU-Kongress in Berlin – dem größten seiner Art in Europa – die neue Methode vorgestellt. Der Direktor der Unfallchirurgie am Uniklinikum Kiel erklärt, wie man den Körper dazu anregt, Knochenstrukturen nachzubauen.

Bei der minimalinvasiven OP, die sich Ossure Loep Verfahren nennt, wird Patienten, denen wegen Osteoporose der Oberschenkelhalsknochen gebrochen ist, genau dieser an der gegenüberliegenden Seite vorbeugend operiert. „Es handelt sich um eine OP, die den zu erwartenden Bruch des durch die Osteoporose betroffenen Knochens verhindern soll“, ergänzt der leitende Oberarzt Dr. Michael Müller. Der Orthopäde und Unfallchirurg hat den Osteoporosetest (oben) mitentwickelt. Zudem begleitet er die Studien zur neuen OP – in diesen wird insbesondere untersucht, ob ein erneuter Bruch zu erwarten ist: Laut Studien ist das nicht Fall. „Die Wahrscheinlichkeit, bei einem osteoporosebedingten Bruchs eines Oberschenkelhalsknochens einen Bruch auf der gegenüberliegenden Seite zu erleiden, liegt im Jahr nach dem ersten Bruch bei 20 Prozent“, stellt Dr. Müller klar. „Ein Ausweg aus diesem Teufelskreis bringt das Ossure Loep Verfahren“, sagt er und erklärt: „Hierzu wird eine Kanüle in der Knochen eingeführt und das osteoporosebedingt stark beschädigte Knochenmaterial innen entfernt.“ Der Hohlraum im Knochen wird mit einem abbaubaren Zement aufgefüllt. Innerhalb von vier bis sechs Monaten ist der resorbierbare Zement abgebaut – und gleichzeitig hat der Körper die alte kaputte Knochenstruktur im Knochen ersetzt und den Knochen neu aufgefüllt mit nachgebildeter Knochenstruktur. „Diese hat zwar nicht die gleiche Qualität wie die eines Neugeborenen, aber sie ist wesentlich stabiler als die kaputte, die entfernt wurde“, sagt Dr. Michael Müller.

Das neue OP-Verfahren gehöre in Deutschland noch nicht zum Standard – dennoch werden die OP-Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, so die Experten. Denn Oberschenkelhalsbrüche sind vor allem bei älteren Menschen gefürchtet. Immer noch sterben 30 Prozent der Patienten im ersten Jahr nach einem solchen Bruch.
S. SASSE

Artikel 4 von 5