Netzwerker für die Gesundheit: Prof. Dr. med. Dominik Pförringer, Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach, Prof. Dr. Heribert Schunkert und Dr. Jens Wiehler. © Kathrin Czoppelt, TUM
Dr. Julia Moosbauer ist Datenwissenschaftlerin. © Bert Willer
Prof. Christoph Spinner sieht viele Vorteile. © Bert Willer
Künstliche Intelligenz kann medizinische Diagnosen stellen und Forschungsergebnisse verfeinern und individuell auf den einzelnen Patienten anwenden. © Oliver Berg/dpa
München – Für den Münchner Orthopäden Prof. Dominik Pförringer ist es ein Herzensanliegen, Menschen zu vernetzen. Digital, aber gerne zusätzlich persönlich. Eine der besten Gelegenheiten dazu, Spitzenköpfe aus verschiedenen Bereichen zusammenzubringen, ist das von ihm gemeinsam mit Medizintechniker Dr. Jörg Traub, dem Experten für digitale Gesundheitsvorsorge Prof. Dominik Böhler und dem Prof Daniel Rückert, Professor für Künstliche Intelligenz in der Medizin, organisierte Digital Health Summit, bei dem heuer an drei Tagen Ärzte, Unternehmer, Investoren und Start-ups über die Chancen und Bedingungen der modernen Medizin im Zeitalter der Digitalisierung diskutierten.
■ „Verbesserte Versorgung und breite Forschung“
Dass Computer in Praxen und Kliniken immer wichtiger werden, macht Patienten aber auch Sorgen. Für die junge Generation ist es praktisch, Arzttermine online auszumachen. Aber was ist mit den Menschen, die sich mit Computern schwertun? Sind sie künftig auf Hilfe angewiesen, um Arzttermine auszumachen? Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) kann solche Sorgen gut verstehen: „Wir erleben auch in unseren Familien, dass manche Angehörige bei Technikfragen unsere Unterstützung brauchen.“ Die 39-Jährige war vor dieser Legislaturperiode fünf Jahre lang Bayerns Ministerin für Digitales und will als Gesundheitsministerin Bayern in Sachen Medizin und Digitalisierung voranbringen. „Digitalisierung kann die Versorgung verbessern, sie ist aber kein Selbstzweck“, stellt Gerlach im Interview klar: „Wir müssen alle Menschen mitnehmen; denn die beste Technik hilft nichts, wenn die Menschen sie nicht kennen, nicht akzeptieren oder Angst haben, sie anzuwenden.“
Die digitale Vernetzung biete aber auch insbesondere für die Forschung besondere Vorteile, betont Gerlach: „Die digitale Nutzung von Daten hilft uns, individuelle Diagnostik- und Therapieverfahren zu entwickeln und die Versorgung und Prävention zu verbessern.“ So beispielsweise beim Thema Brustkrebs, wo Bayern mit dem Projekt „digiOnko“ die Prävention, Früherkennung, Therapie und Rückfallvermeidung bei Brustkrebs weiter verbessern und konkret auf die jeweilige Patientin zuschneiden will. Hierzu erarbeite man ein Konzept zur personalisierten Präzisionsmedizin: Daten von Patientinnen werden digital analysiert, um bislang unerkannte Muster, Regelmäßigkeiten oder Abweichungen zu entdecken und kategorisieren zu können. Dabei kommen innovative Technologien, wie Künstliche Intelligenz, zum Einsatz. „So möchten wir noch präzisere Vorhersagen ermöglichen, beispielsweise über Entstehung von Brustkrebserkrankungen oder auch über Behandlungserfolge oder Nebenwirkungen“, erklärt Gerlach. Sie betont, dass die Entscheidung, wo und wofür ihre Daten genutzt werden, immer bei den Patienten liege.
■ Konkreter Nutzen für die jeweiligen Patienten
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen hat einen ganz klaren Mehrwert für den Patienten“, betont auch Prof. Christoph Spinner. Der Infektiologe leitet im Klinikum rechts der Isar den Bereich Medizinstrategie und erklärt, dass die Digitalisierung vieles erleichtere – auch für die Patienten. So müsse sich ein Patient ein Rezept nicht mehr beim Arzt abholen, da es auf der Krankenkassenkarte gespeichert und digital abrufbar ist. Ebenso habe die Elektronische Patientenakte immense Vorteile, erklärt Spinner: „Früher kamen Patienten mit großen Ordnern, in denen alle ihre Befunde und Bilder abgeheftet waren und durch die sich der Arzt dann erst durchblättern musste – sind diese aber digital in der Patientenakte gespeichert, kann ein Arzt sich vorherige Befunde und Untersuchungsergebnisse gebündelt schnell anschauen.“ Er könne es gut nachvollziehen, dass Patienten gewisse Ängste haben und wissen wollen, was mit ihren Daten passiert. „Hier muss es verstärkt darum gehen, mit den digitalen Werkzeugen ganz konkret dem jeweiligen Patienten zu nutzen.“
■ Hilfe bei der Bewältigung der steigenden Datenflut
Auf dem Digital Health Summit 2024 erzählten auch Digitalisierungspioniere von ihren Erfahrungen, beispielsweise Dr. Julia Moosbauer, Mathematikerin und Gründerin des Unternehmens deepc. „Wir bringen Künstliche Intelligenz zu Radiologen“, erklärte Moosbauer und machte schnell deutlich, warum dies enorme Verbesserungen auch für die Patienten bringt. Hatte ein Radiologe früher pro Tag vielleicht hundert Röntgenbilder auszuwerten, so sind es mit den modernen Bildgebungsverfahren mit dreidimensionalen Schnittbildern schon pro Patient heute mehrere zehntausend. „Künstliche Intelligenz hilft dabei, diese auszuwerten und entlastet die Ärzte bei der Bewältigung der täglichen Flut an Daten und Bildern, beispielsweise gibt es bestimmte Algorithmen für die Erkennung von Brüchen, andere erkennen Blutungen, wieder andere Brustkrebs“, sagt Dr. Moosbauer und gibt zu bedenken: „Die Flut an Daten und Bildern nimmt täglich zu, die Zahl der Radiologen, die diese auswerten, aber nicht.“ In Sachen Datenschutz sei der Patient gut abgesichert, da keine Daten für Analysen oder auch Forschungen verwendet werden können ohne seine vorherige Zustimmung.