Verlängert Taurin das Leben?

von Redaktion

Bewegung ist keine Frage des Alters: Felizitas trainiert in der Seniorenresidenz Georg-Brauchle-Haus gemeinsam mit Enzo Giacomini. © Foto: Jens Hartmann

Beliebter Energy-Drink: Jede Dose Red Bull enthält ein Gramm Taurin. © Foto: IMAGO/Arnulf Hettrich

Bremst Taurin den Alterungsprozess? Dr. Loubna Al Sadat führt im Rahmen einer Studie der TU München spezilelle Bluttests im Labor durch. © Foto: Karolina Starzynska/TUM/Institut für Ernährungsmedizin

München – Diese Brause ist beliebt: Mehr als zwölf Milliarden Dosen verkaufte Red Bull allein im vergangenen Jahr weltweit, was einen Milliarden-Umsatz in die Kassen des österreichischen Konzerns spülte. Er wirbt höchst erfolgreich mit dem Slogan: „Red Bull verleiht Flügel“. Diesen Effekt bezweifeln Ernährungsexperten zwar, zumal der Energy-Drink sehr viel Zucker und Koffein enthält. Aber zumindest eine Zutat könnte gesünder sein, als viele wissen: Taurin. Diese Substanz könnte sogar das Leben verlängern. Münchner Wissenschaftler haben erste wertvolle Erkenntnisse gewonnen, die diese Theorie nahelegen.

Der Hintergrund: Taurin ist bereits 1827 entdeckt worden, die deutschen Chemiker Friedrich Tiedemann und Leopold Gmelin fanden die Aminosäure in der Ochsengalle. Weil der Stier im griechischen Tauros und im Lateinischen Taurus heißt, tauften sie den Stoff Taurin. Er steckt in vielen tierischen Lebensmitteln wie Fisch, Fleisch und Milch, aber auch in Katzenfutter. „Als in den 1970er- und 1980er-Jahren Katzenfutter mit zu wenig Taurin auf den Markt kam, erblindeten viele Katzen oder starben an Herzversagen. Taurin ist für Katzen essentiell. Deshalb haben die Hersteller künstlich hergestelltes Taurin zugesetzt“, berichtet Professor Henning Wackerhage. Der Sportbiologe der TU München war Teil eines Forschungsteams, das den Stoff gemeinsam mit Forschern der Columbia University zuletzt näher erforscht hat. Im vergangenen Jahr veröffentlichte das Team dazu im wissenschaftlichen Fachmagazin Science ein erstaunliches Ergebnis: „Bei Mäusen, die Taurin bekamen, verlängerte sich die Lebenszeit um durchschnittlich zehn Prozent – das würde umgerechnet auf den Menschen acht Jahre bedeuten. Außerdem waren die Mäuse auch länger gesund“, erläutert Wackerhage. „Jetzt wollen wir zusammen mit dem Ernährungsmediziner Professor Hans Hauner untersuchen, ob eine regelmäßige Taurineinnahme auch beim Menschen dazu führt, dass Taurin das biologische Altern verzögert.“

Nun könnten böse Zungen spotten, dass die neue Münchner Studie von Red Bull oder anderen Energy-Drink-Herstellern bezahlt wird. Dies ist aber nicht der Fall: „Wir bekommen dafür keinen Cent aus der Industrie“, betont Wackerhage. Stattdessen stellt die Else-Kröner-Fresenius-Stiftung Fördergelder für das Projekt zur Verfügung, das von Professor Hauner geleitet wird. Er hat eine Seniorprofessur für Ernährungsmedizin der Stiftung an der Technischen Universität inne und beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema richtige Ernährung für gesundes Altern.

In ihre Studie wollen die Münchner Wissenschaftler etwa 80 Frauen und Männer zwischen 55 und 75 Jahren einschließen. Jeweils die Hälfte der sogenannten Probanden erhält täglich vier Gramm Taurin in Tablettenform, die anderen bekommen ein Placebo, also eine Tablette ohne Wirkstoff – und zwar allesamt für ein halbes Jahr. Zum Vergleich: In einer Dose Red Bull ist ein Gramm Taurin enthalten. „Die Einnahme von bis zu sechs Gramm pro Tag gilt gesichert als nicht gesundheitsschädlich“, weiß Wackerhage.

Bei der Auswertung der Daten arbeiten die TU-Forscher eng mit Kollegen der Stanford University zusammen. An der weltberühmten Eliteuniversität in Kalifornien haben Prof. Tony Wyss-Cory und sein Team dazu einen speziellen Bluttest entwickelt. „Dieser ermöglicht es uns zu untersuchen, ob Taurin beim Altern auf die Bremse drückt“, so Wackerhage und erklärt: „In unserem Körper läuft permanent eine Art Sanduhr des Lebens. Uns treibt die Frage um: Wie kann es gelingen, dass der Sand langsamer durch das Nadelöhr dieser Sanduhr rinnt. Wir wollen jetzt überprüfen, ob Taurin diesen Effekt hat.“

Dabei gehe es weniger um die Suche nach dem ewigen Leben, sondern vielmehr um mehr Lebensqualität in den goldenen Jahren. Wackerhage: „Ziel unserer Forschung ist es vor allem, die Zeitspanne an gesunden Lebensjahren zu verlängern. Alter ist der größte Risikofaktor für Krankheiten. Wenn wir das Altern verlangsamen, leben wir länger gesund.“

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