Auch Wunderkerzen versprühen Funken, und der Stab trägt heiße Glut. Die Brennschicht besteht aus Bariumnitrat, Eisen- und Aluminiumpulver. © Mauritius Images, Medizin Foto Köln Michael Wodak
München – Es geht um unkontrolliert herumfliegende Splitter, Funkenregen und Raketen-Irrläufer: Auch in diesem Jahr erwartet die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e.V. (DOG) zum Jahreswechsel wieder Hunderte schwerer Augenverletzungen durchs Silvesterfeuerwerk. Seit 2016/2017 führt die Fachgesellschaft alljährlich zu Silvester eine Umfrage an allen notdienstleistenden deutschen Augenkliniken durch. Letztes Jahr waren es 781 Fälle. „Wir haben uns damit auf einem deutlich höheren Verletzungsniveau eingependelt als in der Vor-Covid-Zeit“, konstatiert Prof. Dr. Ameli Gabel-Pfisterer, Leitende Oberärztin für Augenheilkunde am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam. „Wir fürchten, daran wird sichauch dieses Jahr nichts ändern.“ Vor der Pandemie ereigneten sich in der Silvesterzeit jährlich etwa 500 Augenverletzungen.
■ Oft trifft es die Kleinen
Wie in den Vorjahren handelte es sich auch 2023/2024 bei rund 60 Prozent der Betroffenen um Unbeteiligte, die selbst überhaupt kein Feuerwerk gezündet hatten. „Sie waren einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort und wurden völlig unerwartet zum Teil schwer verletzt“, so Gabel-Pfisterer. Nach wie vor besorgniserregend sei mit fast 40 Prozent der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen unter den Verletzten, wobei besonders häufig Kinder unter zwölf Jahren betroffen sind. „Auch wie die Kinder an Feuerwerkskörper kommen, sollte hinterfragt werden“, meint die Augenärztin. Einige Kinder verletzen sich an Böllern, die sie am Neujahrstag gesammelt und noch einmal angezündet hatten. „Eltern sollten ihren Nachwuchs rechtzeitig über die Gefahren aufklären, die damit verbunden sind“, rät Gabel-Pfisterer.
■ Augenverlust
Treffen kann es im Prinzip jeden, der sich während des Feuerwerks außerhalb geschützter Räume aufhält. Und manchmal trifft es auch die, die eigentlich nur helfen wollten: „Am vergangenen Jahreswechsel mussten wir zum ersten Mal eine Augenverletzung bei einem Rettungssanitäter, der im Einsatz getroffen und verletzt wurde, dokumentieren“, berichtet Prof. Dr. med. Hansjürgen Agostini, Leitender Oberarzt an der Universitäts-Augenklinik Freiburg. Manchmal jedoch sind die Verletzungen so gravierend, dass nichts mehr zu retten ist. Dann müssen die Augenärzte und Augenärztinnen schwerst verletzte Augen entfernen – mit all den schlimmen Konsequenzen, die daraus resultieren. „Der Sehverlust, die kosmetische Entstellung und psychische Folgen können zu schweren Beeinträchtigungen und zum Verlust des Arbeitsplatzes führen“, berichtet Agostini.
■ Skibrille bietet Schutz
Um solche Katastrophen abzuwenden, ruft die DOG zur Vorsicht im Umgang mit Feuerwerk auf. „Familien mit Kindern bleiben am besten im Haus“, rät der DOG-Experte. „Wer ins Freie oder auf den Balkon geht, sollte zumindest eine geschlossene Schutzbrille aus dem Baumarkt oder eine Skibrille tragen, um das Gröbste abzuwehren.“ Die Fachgesellschaft verweist auf die Niederlande und Finnland. „Dort konnte durch Informationskampagnen und gesetzliche Regelungen die Anzahl der Verletzungen auf die Hälfte reduziert werden“, betont Agostini. Darüber hinaus wirbt die Fachgesellschaft für öffentlich ausgerichtete Feuerwerke. „Das sicherste Feuerwerk ist das professionelle“, betont DOG-Generalsekretär Prof. Dr. Claus Cursiefen.
DORITA PLANGE