Risikofaktor Zahnprobleme: Prof. Hannes Wachtel (rechts) und Dr. Christian Maischberger behandeln eine Patientin. Parodontitis kann auch den Blutdruck nach oben treiben. © Foto: Achim Frank Schmidt
München – Im Kampf gegen Bluthochdruck erinnern Mediziner gebetsmühlenartig daran, wie wichtig eine regelmäßige Kontrolle der Werte ist. Aus einem triftigen Grund: Denn Hypertonie –so der medizinische Fachbegriff – gehört neben Diabetes und erhöhten Cholesterinwerten zu den größten Gefahren für oft tödliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Trotzdem haben in Deutschland Millionen Menschen die Volkskrankheit nicht auf dem Schirm – geschweige denn die Ursachen. Dazu gehören neben Übergewicht, Bewegungsmangel, Lebensstilfaktoren und genetischer Veranlagung auch Blutdrucktreiber, die viele Patienten als solche nicht kennen. Experten erklären fünf Beispiele.
■ Minusgrade
Klirrende Kälte bringt den Körper durcheinander. „Die Blutgefäße der Haut und anderer Körperregionen können sich stark verengen. Der Blutdruck steigt dann an und das Herz muss das Blut gegen einen größeren Widerstand durch die Adern pumpen. Das kann eine hohe Belastung für den Herzmuskel und die Gefäßwände darstellen – es kann sogar eine gefährliche Überlastung des Herzmuskels entstehen“, erklärt Prof. Axel Schmermund von der Deutschen Herzstiftung. Die Patientenorganisation rät allen Herzpatienten dazu, bei Minusgraden auf starke körperliche Anstrengungen wie Schneeschaufeln zu verzichten. Zwar sei regelmäßige Bewegung auch im Winter empfehlenswert. Statt zu hoher Belastung rät die Herzstiftung allerdings zu weniger anstrengender Bewegung wie Spaziergängen oder Walkingrunden. Bei Minusgraden legen sich Herzpatienten am besten einen Schal über Mund und Nase, so gelangt die Luft bereits vorgewärmt in die Atemwege.
■ Schlafstörungen
Wenn man auf Dauer schlecht oder zu wenig schläft, droht der Blutdruck in die Höhe zu klettern. Davor warnt die Hochdruckliga als medizinische Fachgesellschaft. „Menschen mit einem gestörten Schlaf haben Studien zufolge ein eineinhalb- bis dreifach höheres Risiko für eine Bluthochdruckerkrankung. „Zehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland leidet unter Ein- und Durchschlafstörungen“, erklärt Prof. Bernd Sanner. Wie aber lässt sich feststellen, ob solche Probleme auch zu Bluthochdruck führen? Dies können Ärzte mit einer 24-Stunden-Blutdruckmessung oder mit einer Untersuchung in einem Schlaflabor herausfinden. „Eine regelmäßige Blutdruckmessung ist für alle ratsam, die mit Schlafstörungen zu kämpfen haben“, empfiehlt Sanner. Die niedrigsten Werte verzeichnet der Blutdruck übrigens in der Regel zwischen zwei und drei Uhr. Morgens zwischen acht und neun Uhr ist ein erster Gipfel, kurz nach Mittag ist ein Abfall der Werte zu beobachten und zwischen 16 und 18 Uhr kommt es zu einem zweiten Gipfel. Während der Nachtstunden sollte der Blutdruck deutlich abfallen.
■ Salz im Brot
Oft unterschätzt wird die Gefahr durch Salz – und speziell der meist viel zu hohe Anteil in Brot. „Salz bindet Wasser im Körper, erhöht so das Blutvolumen und dadurch den Blutdruck“, erklärt der Münchner Präventionsmediziner Professor Martin Halle von der TU München, der dem Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung angehört. „Wer einen Bäcker hat, der salzärmeres Brot anbietet, der sollte diese Möglichkeit nutzen.“ Auch beim Kochen könne man Salz reduzieren – etwa indem man stattdessen Gewürze wie Curry, Chili, Cayennepfeffer oder viele verschiedene Kräuter verwendet. Einen hohen Salzanteil weisen übrigens auch gepökelte Wurstwaren sowie Käse auf.
■ Wechseljahre
Was selbst viele Frauen nicht wissen: In den Wechseljahren steigt die Gefahr, an Bluthochdruck zu erkranken. Der Hintergrund: Vor den Wechseljahren schützt das weibliche Geschlechtshormon Östrogen Frauen, weil es blutdrucksenkend wirkt. Danach sinkt der Östrogenspiegel jedoch ab. Im Gegenzug steigt der Spiegel des männlichen Hormons Testosteron und führt dazu, dass viele Frauen mehr Bauchfett zulegen. „Dieses Fettgewebe ist besonders gefährlich, weil es selbst Hormone freisetzt, die den Appetit anregen und auch dafür sorgen, dass der Blutdruck steigt“, warnt Professor Martin Hausberg von der Hochdruckliga. Als zusätzlicher Risikofaktor kommt Übergewicht ins Spiel. „Auch Ängste und negativer Stress, die mit den Wechseljahren verbunden sind, können die Blutdruckwerte ungünstig beeinflussen“, so Hausberg weiter.
■ Parodontitis
Schlechte Zähne schränken nicht nur die Lebensqualität massiv ein, sie können auch eine Hypertonie befeuern. Das haben britische Forscher bewiesen. Sie untersuchten die Daten von Patienten, die an Parodontitis leiden, einer Erkrankung des Zahnhalteapparats. „Dabei siedeln sich Bakterien unter anderem in sogenannten Zahntaschen an den Zahnhälsen an. Unbekämpft sorgen die Keime dafür, dass die Zähne sich lockern und am Ende ausfallen“, erklärt der Münchner Parodontologe Professor Hannes Wachtel von der Implaneo Dental Clinic. Und mehr noch: „Parodontitis befeuert Hypertonie“, weiß Wachtel und verweist auf die Studie aus England. Danach war der systolische Blutdruck der Parodontitis-Patienten (das ist der obere Messwert) im Durchschnitt um 4,5 mmHg höher als bei Menschen mit einem gesunden Zahnfleisch. Dazu muss man wissen: Schon bei einem Blutdruckanstieg von fünf mmHg steigt das Risiko, an einem Herzinfarkt oder an einem Schlaganfall zu sterben, um 25 Prozent.
Wie genau die Erkrankung des Zahnhalteapparats eine Hypertonie verschärfen kann, muss noch untersucht werden. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Bakterien die Funktion der Blutgefäße beeinträchtigen. Deshalb rät Wachtel zu regelmäßigen Kontrollen beim Zahnarzt – mindestens einmal im Jahr. Sehr wichtig seien auch Termine bei der professionellen Zahnreinigung. „Dabei wird auch die Tiefe der Zahntaschen gemessen, um notfalls rasch reagieren und effektive Therapien einleiten zu können.“ Gerade im Frühstadium lasse sich Parodontitis gut behandeln, so Wachtel: „Entscheidend ist, dass man auch und gerade an blutenden Stellen gründlich weiterputzt, um die Bakterien zu entfernen.“