Aktiv bis ins hohe Alter: Die Langlebigkeitsforschung hat das Ziel, Risiken für Erkrankungen zu erkennen und zu vermeiden, damit Senioren ihr Leben genießen können. © PantherMedia
München – „Statistisch leiden wir die letzten elf Jahre vor unserem Tod an vier bis fünf Krankheiten“, sagt Moderatorin und Langlebigkeits-Expertin Nina Ruge auf der Bühne im Künstlerhaus – und lässt das Publikum wissen, dass „die Kompetenz der Zellen zur Erneuerung schon ab 25 Jahren nachlässt“. Wie man dem entgegenwirkt, ist heute Thema bei unserem großen Medizin-Report:
■ Gesunder Schlaf
„Wenn Führungskräfte schlecht schlafen, schlafen auch die Mitarbeiter schlecht“, sagt Dr. Martin Schlott. Der Mediziner ist Schlafcoach, zudem Anästhesist in der Asklepios Stadtklinik Bad Tölz. Wer unausgeschlafen ist, handelt unberechenbarer und ungerechter. „Das kann das Arbeitsklima, aber auch das in Familie und Beziehungen vergiften“, weiß Dr. Schlott. Gesunder Schlaf ist aus vielerlei Gründen wichtig, sagt er: „Mit gutem Schlaf leben Männer 4,7 Jahre länger und Frauen 2,4 Jahre länger.“ Um besser zu schlafen, sollte man die Schlaf-Saboteure ausschalten: Neben Alkohol und spätem schweren Essen verhindern auch oft Bewegungsmangel und fehlendes Tageslicht erholsamen Schlaf. Das Licht spielt eine wichtige Rolle für unsere innere Uhr, sagt Dr. Schlott – falsches Licht kann diese leicht durcheinanderbringen: Darunter auch das Smartphone zu spät am Abend, ebenso zu helles Badezimmerlicht im blauwelligen Bereich, das dafür sorgt, dass man nach dem Zähneputzen wieder hellwach ist. Auch Koffein gehört zu den Schlafsaboteuren, sagt Schlott, und erklärt: „Bei einem gesunden Stoffwechsel hat Koffein eine Halbwertszeit von vier Stunden und ist nach vier Stunden also erst zu 50 Prozent abgebaut – wer um 16 Uhr einen Kaffee trinkt, hat um 20 Uhr noch die Hälfte des enthaltenen Koffeins im Blut, um 24 Uhr noch ein Viertel.“ Letzter wichtiger Schlafsaboteur ist die Psyche, sagt Schlott: „Stress, Druck, Streit und Sorgen rauben einem den Schlaf, führen Sie also nach 21 Uhr lieber keine Beziehungsgespräche mehr.“
Tagsüber sollte man darauf achten, sich genug zu bewegen, rät Schlott. Um zur Ruhe zu kommen, gibt es verschiedene Strategien: Gähnen, Meditieren, Yoga oder Beten – je nach Typ. Zudem rät der Schlafexperte zu Gelassenheit und dazu, Situationen anzunehmen. Sein wichtigster Tipp: „Üben Sie, glücklich zu sein. Lächeln Sie so oft wie möglich: Kinder lächeln pro Tag 400 Mal, Erwachsene statistisch nur noch 15 Mal.“
■ Belastbarkeit
Die Gedanken sind mächtiger, als man denkt, sagt Heide Ziegenbein. Die Hypnotherapeutin weiß aus ihrer täglichen Arbeit, dass nicht nur Fleiß und harte Arbeit dafür sorgen, dass Träume wahr werden, sondern auch die innere Einstellung. Um sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen, braucht es Resilienz, sagt sie. „Machen Sie es wie die Sportler: Wenn diese verletzt sind und nicht trainieren können, spielen sie im Kopf die Bewegungen durch und der Körper setzt auch dieses visualisierte Training um, was man messen kann: Der Muskelaufbau findet bis zu 90 Prozent statt, so als würde der Muskel tatsächlich bewegt.“ Bei Rückschlägen wie Verletzungen hilft Resilienz, sich anzupassen. Die Belastbarkeit lässt sich einüben, sagt Ziegenbein: „Lassen Sie Ihren Gedanken freien Lauf: Was genau soll besser werden und wie genau sieht der bestmögliche Fall für Sie aus?“, rät sie. Wenn man das Ziel genau definiert hat, kann Meditation dabei helfen, es zu erreichen: „Setzen Sie sich und schließen Sie die Augen. Stellen Sie sich vor sich eine Lichtsäule vor. Denken Sie sich die bestmögliche Variante Ihrer Person in die Lichtsäule. Ihr Ich, das sein Ziel erreicht hat. Dann stehen Sie auf, treten in Gedanken in die Lichtsäule hinein, spüren die Kraft der Strahlen. Dann klappen Sie die Lichtsäule wie einen Meterstab zusammen und stecken sie in Ihre Tasche.“
■ Nahrungszusätze
Professor Dr. Michael Ristow, Professor für Energiestoffwechsel, hat sein Forscherleben der Stoffwechselregulation gewidmet – vor allem im Hinblick auf altersbedingte Erkrankungen und Lebenserwartung. Er hat 2023 in Berlin an der Charité Universitätsmedizin eine Professur auf Lebenszeit für Experimentelle Endokrinologie und Diabetologie angenommen. In seinem Vortrag zu Nahrungsergänzungsmittel für gesundes Altern zählte er zunächst auf, was man nicht nehmen sollte. „Wasserlösliche Vitamine und Antioxidantien wie etwa Vitamin C sind komplett sinnlos, da sie einfach wieder ausgeschieden werden.“ Auch von fettlöslichen Vitaminen (A, D, E und K) in Pillenform rät Prof. Ristow ab: „Sie sind schnell überdosiert, lagern sich im Körper ab, können der Niere schaden und das Krebsrisiko erhöhen.“ Lediglich Vitamin D nehme er gelegentlich in den Wintermonaten, aber nur so wenig, dass er sicher nie überdosiere.
Empfehlen könne er dagegen Glucosamin. „Das ist ein Aminozucker, der aus Glukose und einer Aminogruppe besteht und im Körper als Bestandteil des Bindegewebes, des Knorpels und der Gelenkflüssigkeit natürlich vorkommt“, sagt Prof. Ristow. Glucosamin wird bei degenerativen Erkrankungen des Kniegelenks eingesetzt. „In Tierversuchen steigerte es die Lebenserwartung der Versuchstiere“, sagt der Experte. Die Verbraucherzentrale warnt aber vor Einnahme ohne ärztliche Begleitung, da Glucosamin-Präparate die blutgerinnungshemmende Wirkung der von Blutgerinnungshemmern (Cumarin-Antikoagulanzien) verstärken können.
Zudem rät Prof. Ristow, Lithium einzunehmen, „aber nicht mehr als 2 mg jeden Tag, mehr ist gefährlich“. Lithium wirke auf Nervenzellen und beeinflusse eine Vielzahl von neurochemischen Systemen, etwa auf die Neurotransmitter Serotonin, Dopamin und Norepinephrin und schütze das Gehirn. Lithium könne in niedriger Dosis das Leben um bis zu 18 Prozent verlängern, in hoher Dosis dagegen verkürzen.