Der TikTok-Shop ist vergangene Woche in Deutschland gestartet. Die Produkte werden oft nebenbei in vermeintlich authentischen Videos beworben – mit einem Fingertipp hat man sie gekauft. Verbraucherschützer sind alarmiert. © Freepik
Die Shopping-Revolution startet in München. Hier hat der chinesische Bytedance-Konzern, zu dem TikTok gehört, seine Zentrale für den neuen TikTok-Shop eingerichtet. Der ist vergangene Woche gestartet. Besonders junge Menschen sollen für TikTok nicht mehr nur ihre Zeit opfern, sondern auch ihr Geld. Wir haben das Angebot getestet.
Wie funktioniert der TikTok-Shop?
Das ist ein Marktplatz in der TikTok-App. Nutzer sehen beim Scrollen Produkte in Videos oder in Livestreams und können sie sofort kaufen – mit einem Fingertipp. Wer in solch einem „Shoppable Video“ auf „Kaufen“ tippt, sieht Preis, Farben oder Größen und kann sofort bestellen. Vom Entdecken bis zur Bezahlung mit Paypal, Klarna & Co. dauert es nur wenige Sekunden. Das soll für Spontankäufe sorgen. Verkäufer können dem Videodienst mit „Fulfilled by TikTok“ sogar den Versand überlassen.
Was kann man kaufen?
Das Angebot fühlt sich an wie ein digitaler Wühltisch für über 24 Millionen deutsche TikTok-Nutzer. Denn wer seit Monaten oder Jahren stundenlang durch die Videoschnipsel scrollt, hinterlässt jede Menge Daten und macht sich als Kunde quasi nackt. Durch die Videos wissen die Chinesen genau, wofür man sich interessiert. In einer quietschbunten und oft überdreht fröhlichen Video-Welt gibt es Beauty, Mode, Technik, Haushaltshelfer und Schnickschnack, wie ihn auch China-Versender AliExpress verkauft. Große Marken wie About You, Essence oder Nivea sind bereits dabei. Vieles ist tatsächlich günstiger als bei Amazon – auch dank allgegenwärtiger Gutschein-Codes von „Creators“, wie sich Influencer heute gern nennen. Die verkünden in zahllosen Videos aufgeregt: „Schau bei mir rein! So einfach war Shopping noch nie!“
Was ist das wirklich Neue?
Der TikTok Shop ist kein konventioneller „Such dir was aus“-Marktplatz, sondern ein ausgefuchstes „Lass dich verführen“-System. Bei Amazon weiß man meist, was man will – bei TikTok soll man sich unterhalten und überreden lassen. Produkte tauchen in viralen Videos auf. Dadurch wirken sie vermeintlich persönlicher und authentischer. Der Hashtag #TikTokMadeMeBuyIt („TikTok hat mich dazu gebracht, das zu kaufen“) hat weltweit über 40 Milliarden Aufrufe. Die neue Verführung beim Shoppen lädt dazu ein, mehr zu kaufen, als man möchte, und Sinnloses anzuhäufen.
Was ist für Eltern wichtig?
Trotz der offiziellen Altersgrenze von 18 Jahren fürs Einkaufen sollten Eltern mit ihren minderjährigen Kindern über den neuen Shop, seine Hintergründe und Risiken sprechen. Denn Möglichkeiten, auch unter 18 zu bestellen und zu bezahlen, finden die Kids allemal. Sie sind die eigentliche Zielgruppe – auch wenn der Betreiber das nicht zugeben darf.
Schaut uns China jetzt beim Einkaufen zu?
Zwar beteuert TikTok, dass europäische Nutzerdaten auf Servern in Europa liegen. Doch Datenschützer sind skeptisch. Denn wenn das chinesische Regime Nutzer, ihre Gewohnheiten, ihre Vorlieben und Ansichten genau kennt, kann es ihnen gezielt Videos anzeigen – die im Zweifel nicht dazu gedacht sind, Demokratie und Meinungsfreiheit zu fördern. Dass nun Shopping dazukommt, verschärft das Problem. Denn dabei gibt man sensible Infos preis: Name, Adresse, Kaufverhalten, Zahlungsmittel. „Wir haben keine Kontrolle darüber, was mit den Daten passiert“, warnt der Wissenschaftler Gerrit Heinemann. Tipp: Sparsam mit persönlichen Angaben umgehen und in den Einstellungen die Zugriffsrechte von TikTok so weit wie möglich einschränken.