Erholsamer Schlaf ist extrem wichtig. © Mauritius Images
Hamburg/Jena – Viele Menschen achten auf gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung. Schlaf dagegen genießt nach Worten der Psychiaterin Kneginja Richter nicht dieselbe Wertschätzung. Dabei wären vorbeugende Angebote gegen Schlafstörungen durch Unternehmen sinnvoll, erklärte Richter bei einer Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. Das gelte vor allem bei der Schichtarbeit, die inzwischen ein Viertel der Berufstätigen betrifft.
Die Neurologin Anna Heidbreder forderte, schon an Schulen über die Wichtigkeit von Schlaf für die Gesundheit, das Lernen und das Wohlbefinden aufzuklären. „Wenn ich verstehe, was während des Schlafes in meinem Gehirn vor sich geht, dann begreife ich auch, was ich meinem Körper vorenthalte, wenn ich nicht ausreichend schlafe.“
Schlaf sei entscheidend für ein reibungsloses Funktionieren der menschlichen Organe, betonte Schlafmedizinerin Dora Triché. Schlafmangel bringe nicht nur eine schlechte Tagesbefindlichkeit mit sich, sondern auch ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, depressive Verstimmungen und Infektionserkrankungen. Ebenso steigt laut Richter auch das Unfallrisiko bei gravierenden Schlafstörungen.
Neben Forschung und Medizin habe sich ein riesiger Lifestyle-Markt rund um den Schlaf entwickelt, erklärte der Vorstandsreferent der Fachgesellschaft, Dieter Riemann. Von „Sleep Hacks“ oder Tricks für einen „Energy Boost“, die auf Social Media kursierten, solle man sich indes nicht zu viel versprechen. Deren Wirkung sei meist nicht wissenschaftlich belegt, ebenso diejenige von Gadgets wie Kuschelroboter oder Lichtmetronom. Mit Tracking-Apps und Schlafhygiene-Ratgebern versuchten Menschen, auch den Schlaf zu optimieren, kritisierte die Schriftstellerin Tamar Noort im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Fragen nach der richtigen Matratze, der Anzahl der Tiefschlaf-Phasen oder der Bettzeit machten Schlaf „zu einer Leistung, die wir zu erbringen haben – und zwar möglichst mit voller Power“.
Es sei mehr als ein individuelles Problem, dass immer mehr Menschen unter Schlaflosigkeit litten, mahnte die Autorin. Der menschliche Schlaf störe bei der „24-7-Taktung“ der heutigen Welt, bedauert Noort. „Die Taktung unseres Lebens richtet sich mittlerweile nach der Arbeit, nicht nach Grundbedürfnissen.“ Um dies zu ändern, gelte es, Räume zu schaffen, die Menschen brauchten: „Das Grundbedürfnis ist, zu schlafen, wenn wir müde sind – nicht, wenn wir 16 Stunden wach waren.“ Eine der Hauptfiguren ihres Romans („Der Schlaf der Anderen“) mache aus dem Schlaf schließlich einen Akt der Rebellion.KNA