Die Eibe: Ihre Nadeln, das Holz, die Wurzeln und die Kerne der Beeren enthalten tödliches Gift. © P. Pleul, dpa
Eisenhut ist wunderschön, aber gefährlich. © Imago
Der Grüne Knollenblätterpilz ist tödlich. © dpa
Bärlauch (Foto) hat giftige Doppelgänger, warnt Dr. Katrin Romanek vom Giftnotruf in München. Die Oberärztin erklärt, welche Vergiftungsgefahren im Alltag drohen. © Markus Götzfried
München – Unbekannte Beeren gegessen, Bauchschmerzen nach der Pilzpfanne oder aus Versehen mit Putzmittel gegurgelt oder das Baby dabei erwischt, wie es den Spülstein aus der Toilette abschleckt – jährlich rufen gut 40 000 Menschen beim Giftnotruf München (Telefon: 089/19 240) an, der im TUM Klinikum angesiedelt ist. Die Toxikologin Dr. Katrin Romanek berät dort seit 15 Jahren die besorgten Anrufer. In ihrem Vortrag am Tag der Offenen Tür im TUM Klinikum gibt sie am Samstag, 5. Juli, um 14 Uhr im Hörsaal A Einblicke in die Toxikologie. Für unsere Leser erklärt sie, nach der Einnahme welcher Substanzen Sie den Notruf wählen müssen:
■ Putz- und Haushaltsmittel
„Zum Glück haben wir in Deutschland gute Chemikaliengesetzte, sodass es im Haushalt selten zu wirklich lebensgefährlichen Vergiftungen kommt“, sagt Dr. Romanek. Die Toxikologin warnt aber, dass Eltern nicht zu sehr auf Kindersicherungsverschlüsse vertrauen sollten. „Wirklich giftige Mittel sollte man immer zusätzlich wegsperren, da auch zweijährige Kinder so hartnäckig sein können, dass sie doch irgendwann einen Sicherungsverschluss öffnen.“ Es sei nicht selten, dass Kinder Seife, Düngestäbchen, Styropor, Badeschaum, Geschirrspültabs oder WC-Steine ablecken oder verschlucken. Dies sei in den meisten Fällen nicht lebensbedrohlich, gegen Blähungen wegen starkem Schaum helfen Mittel mit dem Wirkstoff Simeticon, wie er etwa in Sab Simplex steckt. Die Expertin rät davon ab, die Kinder zum Erbrechen zu bringen: „Damit steigt die Gefahr, dass sie Substanzen einatmen und in die Lungen bekommen.“ Wer sich Sorgen macht, dass eine Gefahr besteht, sollte jederzeit gerne beim Giftnotruf anrufen.
Bei Abfluss- oder Backofenreinigern und Beizmittel besteht die Gefahr schwerer Verätzungen bis hin zur Todesfolge, da oft Natronlauge enthalten ist – hier sollte man sofort ärztliche Hilfe holen. Essigessenz ist aber nicht lebensgefährlich, allerdings reizend bis ätzend.
Gefährlich sind auch die in flüssigen Grillanzündern und Lampenölen enthaltenen Kohlenwasserstoffe, da sie Lungenschäden verursachen können, ebenso Benzin und Spiritus.
Bei haushaltsüblichen Schädlingsbekämpfungsmitteln wie Ameisenködern besteht für Menschen im Regelfall keine Vergiftungsgefahr – wohl aber bei Wühlmausgiften mit Phosphid oder Paraquat, wie sie im Baumarkt erhältlich sind.
Besonders gefährlich ist das Verschlucken von Knopfzellbatterien: „Die Restspannung sorgt für Verbrennungen oder gar den Durchbruch von Speiseröhre oder Darm“, warnt Dr. Katrin Romanek. Ebenso gefährlich ist es, wenn mehrere Magnete verschluckt werden.
■ Pflanzen und Pilze
Sich selbst Pilze oder Pflanzen aus der Natur zum Verzehr zu sammeln, liegt im Trend – allerdings ist dies sehr gefährlich, wenn man sich nicht auskennt. Im Garten sollte man aufpassen, denn schöne Zierpflanzen können auch sehr giftig sein. Etwa der blau blühende Eisenhut, der die giftigste heimische Pflanze Mitteleuropas ist. Gegen das enthaltenen Gift Aconitin gibt es kein Gegengift. Alleine die Berührung der Pflanze bringt noch keine Gefahr, wohl aber das Verschlucken von Pflanzenteilen oder Wurzeln. Ebenso ist die Eibe giftig: Sowohl die Nadeln, als auch die Zweige und die Wurzeln. Das Fruchtfleisch der leuchtend roten Beeren enthält kein Gift, wohl aber die Kerne, wenn man sie zerbeißt. Auch Bärlauch (Foto) hat giftige Doppelgänger: Das Maiglöckchen und die Herbstzeitlosen.
Bei Pilzen ist ebenso Vorsicht geboten. Insbesondere die Pilze mit Lamellen auf der unteren Hutseite können tödliche Doppelgänger haben, man denke an den Grünen Knollenblätterpilz, der dem Wiesenchampignon ähnlich sieht. Dr. Katrin Romanek rät insbesondere Anfängern, sich beim Pilzesammeln auf Pilze mit Röhren an der Unterseite zu beschränken – greift man hier daneben und erwischt statt einem Steinpilz einen Gallenröhrling, drohen schwere Magenbeschwerden, nicht aber gleich der Tod.
■ Medikamente und Drogen
Drei Millionen Menschen in Deutschland sind abhängig von Alkohol, ebenso viele von Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Neun Millionen sind süchtig nach Nikotin. Hochgefährlich sind aber auch illegale Drogen – insbesondere solche, die synthetisch hergestellt sind und natürliche Drogen imitieren. Denn synthetische Amphetamine, Cannabinoide und Opioide wirken oft deutlich stärker. Lebensbedrohlich ist zudem, dass man nie weiß, was enthalten ist – oftmals sind ganz andere Substanzen enthalten, als man erwartet, warnt Dr. Katrin Romanek. Dies zeigen Drogencheck-Tests in der Schweiz, wo es erlaubt ist, illegal erworbene Drogen auf deren Inhaltsstoffe untersuchen zu lassen. „Ist ein Jugendlicher nicht ansprechbar oder ähnliches, sollte man nicht zögern und 112 anrufen“, rät die Toxikologin. KO-Tropfen, die durch Fremde beigebracht worden sein können, sind im Urin nur sechs bis zwölf Stunden nachweisbar. Besteht ein Verdacht, sollte man eine Urinprobe in einem sauberen Gefäß im Kühlschrank aufzubewahren und später untersuchen lassen. Der Wirkstoff GHB (Gamma-Hydroxybuttersäure) ist besonders gefährlich in Kombination mit Alkohol und Drogen, da Herzaktivität und Atemzentrum gehemmt werden können. Die Expertin rät zum Notruf.
■ Der Tag der offenen Tür
Medizin erleben: Das TUM Klinikum stellt sich vor! Unter dem Motto „Medizin erleben“ findet rund ein Jahr nach dem Zusammenschluss an den beiden Standorten – Rechts der der Isar und Deutsches Herzzentrum – am Samstag, 5. Juli 2025, von 10 bis 15 Uhr, ein Tag der offenen Tür statt – mit Führungen, Vorträgen, Infoständen, Ausstellungen – und mit OP-Robotern zum Anfassen (Standort Rechts der Isar) und einem begehbaren Herzmodell (Standort Deutsches Herzzentrum). Zwischen den beiden Standorten verkehrt ein Shuttlebus. Mehr Infos unter https://www.mri.tum.de/de/tag-der-offenen-tuer-am-tum-klinikum.SUSANNE SASSE