„Die Krebsgefahr sinkt meist und steigt selten“

von Redaktion

Die Gynäkologin Prof. Marion Kiechle erklärt, was Frauen in den Wechseljahren beachten sollten

In den Wechseljahren leiden die meisten Frauen unter Beschwerden. © Smarterpix

München – Erhöht eine Hormonersatztherapie bei Frauen das Krebsrisiko? Prof. Marion Kiechle, Direktorin der TUM-Frauenklinik, erklärt im Interview mit Susanne Sasse, was Frauen beachten sollten:

Welche Vorteile hat eine Hormonersatztherapie?

Aus Gründen der Arzneimittelsicherheit rate ich ausdrücklich zu verschreibungspflichtigen, bioidentischen Hormonpräparaten. Eine Hormonersatztherapie hilft, den in den Wechseljahren entstehenden Hormonmangel auszugleichen und ist die wirksamste Behandlung von Beschwerden wie Hitzewallungen und Schweißausbrüchen. Ein weiterer Vorteil der Östrogenbehandlung ist unter anderem die Vorbeugung von Osteoporose. Zusätzlich zum Östrogen wird Frauen zum Schutz ihrer Gebärmutter ein Gestagen verschrieben. Denn durch das Östrogen wird die Schleimhaut der Gebärmutter zum Wachstum angeregt. Das Gestagen verhindert ein übermäßiges Wachstum, das zu Blutungen und im ungünstigsten Fall sogar zu Gebärmutterschleimhautkrebs führen kann.

Was sind die Vorteile?

Nach heutigem Kenntnisstand überwiegt bei Frauen in den Wechseljahren, die durch den Verlust der Hormonproduktion stark beeinträchtigt sind, in der Regel der therapeutische Nutzen einer Hormontherapie das mögliche Risiko. So kann sie das Risiko für das Auftreten eines Typ-2-Diabetes um circa 30 Prozent reduzieren und auch bei vorhandenem Typ-2-Diabetes verschiedene Zucker- und Fettwerte verbessern.

Bei Frauen, die nur eine Östrogentherapie bekamen, war das Risiko für Dick- und Enddarmkrebs um 21 Prozent reduziert im Vergleich zu Frauen ohne Hormontherapie; bei Anwenderinnen einer kombinierten Hormonersatztherapie mit Gestagen sogar um 26 Prozent. Weitere Daten weisen darauf hin, dass das Risiko für andere Krebsarten des Magen-Darm-Trakts ebenfalls reduziert sein kann. Die aktuelle Studienlage zeigt, dass eine Hormonersatztherapie die Abnahme der Lungenfunktion deutlich reduzieren kann.

Welche Gefahren drohen?

Zu den Gefahren zählt ein geringfügig erhöhtes Risiko für Brustkrebs unter einer kombinierten Östrogen-Gestagen-Therapie. Das Risiko besteht in weniger als ein zusätzlicher Fall pro 1000 Frauen, die eine Hormonersatztherapie machen. Es ist vergleichbar mit dem Brustkrebsrisiko bei Übergewicht, Bewegungsmangel, Rauchen und beim Trinken von zwei Gläsern Wein pro Tag. Bei der Anwendung einer Östrogen-Gestagen-Kombinationstherapie sollte das natürliche Progesteron gewählt werden, das bei einer Behandlungsdauer von fünf Jahren keine Erhöhung des Brustkrebsrisikos zeigte. In Kombination mit synthetischen Gestagenen hingegen steigt das Risiko an.

Hinsichtlich Gefahren ist das Alter wichtig. Bei Start einer Hormonersatztherapie innerhalb von zehn Jahren nach der letzten Regelblutung oder vor einem Alter von 60 Jahren ist das Risiko für einen Herzinfarkt nicht erhöht. Im Gegenteil gibt es Hinweise darauf, dass dann Herzerkrankungen sogar seltener auftreten, da Östrogene vor Ablagerungen (Plaques) in den Gefäßen schützen. Liegen bereits atherosklerotische Plaques vor, könnte eine Hormonersatztherapie das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall hingegen erhöhen. Bei Frauen mit schwerwiegenden oder zahlreichen kardiovaskulären Risiken sollten Nutzen und Risiken immer abgewogen und risikoarme Präparate und Anwendungsformen gewählt werden.

SVS

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