Hormone: Ja oder nein?

von Redaktion

In der Lebensmitte verändert sich vieles – vor allem bei Frauen, aber auch bei Männern

München/Vaterstetten/Dachau – Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, hartnäckiges Bauchfett und Konzentrationsprobleme: In der Lebensmitte verändert sich vieles, meist aber schleichend. Der Hormonhaushalt stellt sich um – vor allem bei Frauen, aber auch bei Männern. Es gibt Themen, über die niemand gerne spricht, obwohl sie alle betreffen. Und ja genau: Wechseljahre sind genau so ein Thema. Derzeit sind in Deutschland etwa neun Millionen Frauen in den Wechseljahren. Acht von zehn Frauen erleben Beschwerden, vor allem Hitzewallungen und Schweißausbrüche.

Aber auch Männer sind betroffen. „Zwar haben sie keine komplette Hormonumstellung wie die Frauen, aber auch der Hormonhaushalt in einem männlichen Körper stellt sich um, wir nennen diese Phase ein wenig ketzerisch die männlichen Wechseljahre“, sagt Dr. Milan Dinic, Kardiologe, Internist und Stressmediziner aus München. Man spricht von der Andropause oder dem männlichen Klimakterium, erklärt der Experte: „Allerdings ist der Prozess anders als bei Frauen und nicht so abrupt. Doch insbesondere ein sinkender Testosteronspiegel kann zu verschiedenen Symptomen führen.“ Die Anzeichen: Zum Beispiel ein Schwinden der Muskelmasse bei gleichzeitigem Zunehmen des Bauchumfangs, ebenso Stimmungsschwankungen und depressive Verstimmung, oder auch verminderte Libido und Erektionsstörungen. Kein Wunder, dass Frauen und Männer das Thema Wechseljahre gerne von sich wegdrücken und keine Lust haben, sich damit zu beschäftigen.

Doch das kann ein Fehler sein: So erlebte zum Beispiel Unternehmer Michael Öttl (50) eine Phase, in der er sich selbst nicht mehr kannte. Er, der er seine 600 Mitarbeiter gerne und gut anspornte und trotz viel Arbeit viel Sport machte, Hochleistungssport, etwa Skirennen und Golf (er ist sogar Ski-Golf-Weltmeister), fühlte sich mit einem Mal abgeschlagen, müde und energielos. Hinzu kam, dass er eifersüchtig wurde und sich schwer damit tat, seinen inneren Schweinehund zu überwinden. Er ließ sich bei Dr. Dinic durchchecken: Es stellte sich heraus, dass er einen sehr hohen Cortisolspiegel hatte und wenig Testosteron. Seitdem er auf ihn abgestimmte Nahrungsergänzungsmittel und Hormonpräparate nimmt, kann er wieder Vollgas geben, sagt er.

„Das erlebe ich in meiner Praxis häufig. Um den Ursachen anhaltender Beschwerden auf den Grund zu gehen, ist ein Hormonspiegel sinnvoll“, sagt Dr. Dinic. Das ist allerdings keine Kassenleistung und kostet je nach Untersuchungsumfang zwischen 80 und 300 Euro. Bei der umfassenden Bestimmung des Hormonstatus‘ bei Männern werden neben dem Gesamttestosteronspiegel auch das Dihydrotestosteron und das freie Testosteron bestimmt, zudem verschiedene andere Hormone wie Östrogen. Progesteron, Pregnenolon und Dehydroepiandrosteron (DHEA), eine Vorstufe für Geschlechtshormone.

■ „Im Körper hängt alles zusammen“

Bei Frauen raten viele Ärzte sogar pauschal davon ab, einen Hormonspiegel zu erstellen – für Dr. Dinic ist das ein Unding. „Es gibt Ärzte, die sagen, der Hormonstatus spielt keine Rolle, das sehe ich aber vollkommen anders“, sagt Dr. Milan Dinic. Bei Beschwerden rate er dazu, den Status bestimmen zu lassen. So zum Beispiel bei seiner Patientin Marion Strube (55), dreifache Mutter aus Dachau. Sie hatte seit einigen Jahren schlimme Schlafstörungen, Panikattacken, ständige Erschöpfung und zudem Bluthochdruck. „Das ist typisch bei vielen Frauen in den Wechseljahren“, sagt der Mediziner. Auch bei Marion Strube kam die Veränderung schleichend: „Die Wechseljahre fallen nicht vom Himmel und man kann auch die Symptome nicht gut zuordnen“, weiß die Patientin.

Sie hatte eine Odyssee von Arzt zu Arzt hinter sich, immer wieder bekam sie gesagt, sie müsse nun eben mit den Schlafstörungen und den Stimmungsschwankungen eben. „Ich war schon kurz davor, Antidepressiva zu nehmen, aber davon hielt mich auch ein Stent in meinem Herzen zurück, ich wollte da nichts riskieren – und so kam ich schließlich zu Dr. Dinic.“ Bei ihm ließ sie ihren Hormonstatus bestimmen, machte eine Hormonersatztherapie und eine Sauerstofftherapie und bekam speziell auf sie abgestimmte Nahrungsergänzungsmittel.

„Das war wie ein Puzzle, es hat eine Zeit gedauert, bis ich wieder ich war, so wie ich mich kannte“, sagt sie. Sie sei sehr froh, dass Dr. Dinic als Kardiologe auch ihre Herzprobleme im Blick behielt – sie hatte mit 49 Jahren wegen eines drohenden Verschlusses einen Stent in die Herzkranzgefäße bekommen. Zudem behandelte Dr. Dinic auch ihren Bluthochdruck und gab ihr viele Tipps für ihren Lebensstil in puncto Bewegung, Ernährung und Schlaf. „Alles hängt zusammen und um dieses Zusammenspiel zu erkennen, braucht man einen Arzt, der in die Tiefe geht und sich Zeit nimmt“, sagt die Patientin. Sie habe lange gebraucht, bis sie so einen Arzt gefunden hatte. Damit ist sie nicht alleine: Die Mehrheit der Frauen fühlt sich beim Arzt nicht ernstgenommen, ergab eine Umfrage einer Krankenversicherung (siehe recht).

Dr. Dinic warnt davor, ohne Kenntnis der Hormonveränderungen auf Verdacht Hormonersatzstoffe einzunehmen. Zu Vorteilen und Gefahren für Frauen siehe unten.

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