Von wegen halb so wild: E-Zigaretten, Shishas und Ähnliches sind sogar noch gesundheitsschädlicher als herkömmliche Zigaretten. © Smarterpix
München – Schischas und E-Zigaretten können sogar duften wie eine frische Blumenwiese, aber das täuscht: Rauchen ist und bleibt ein Hauptrisikofaktor für Krebs und für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Krebsexperte Prof. Hana Algül, Leiter des Krebszentrums Comprehensive Cancer Center München CCC am TUM-Klinikum, und Kardiologe Prof. Harm Wienbergen, Präventionsexperte der Herzstiftung, listen die schockierenden neuen Fakten auf:
■ Verantwortlich für diverse Krebsarten
Rauchen ist für etwa 20 bis 30 Prozent aller Krebstodesfälle verantwortlich. Durch Rauchen erkranken in Deutschland jährlich 85 000 Menschen an Krebs. Bis zu 90 Prozent der Fälle von Lungenkrebs bei Männern und ein Großteil der Fälle bei Frauen können auf das Rauchen zurückgeführt werden. „Aber täuschen Sie sich nicht“, warnt Prof. Algül. Denn das Rauchen erhöht das Risiko für eine Vielzahl von Krebsarten, etwa für Mund-, Rachen-, Kehlkopf-, Speiseröhren-, Magen-, Darm-, Bauchspeicheldrüsen-, Nieren-, Blasen-, Leberzell- , Gebärmutterhals-, und Eierstockkrebs sowie Leukämie.
■ Shishas und E-Zigaretten noch krebserregender
„Chemisch entstehen bei alternativen Rauchmethoden wie Shisha-Rauchen oder E-Zigaretten durch das starke Erhitzen genau die gleichen krebserregenden Nitrosamine wie beim herkömmlichen Rauchen. „Und es gibt Hinweise darauf, dass sie dann noch tiefer in die Lunge eindringen“, warnt Prof. Algül. Denn statt mit trockenem Rauch werden sie in winzigen Wasserkügelchen transportiert, heften sich dann an der Lunge an und werden noch schneller absorbiert, also aufgenommen“, so der Experte. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO zeigt sich aktuell „besorgt“. Sie verzeichnet einen Anstieg des Konsums von E-Zigaretten vor allem bei Teenagern: So nutzen in Europa zwischen 5,5 und 41 Prozent der 15- bis 16-Jährigen E-Zigaretten.
■ Tausende schädliche Chemikalien
„Durch die Verbrennung von Tabak entstehen tausende chemische Verbindungen“, warnt Prof. Algül. „Man hat mehr als 4000 Chemikalien festgestellt, 200 von ihnen sind erwiesenermaßen gesundheitsschädlich und rund 100 sind krebserregend, zeigte sich in Versuchen beispielsweise in Zellkulturen oder mit Versuchstieren“, sagt Prof. Algül. Diese Risiken, die einzelne krebserregende Stoffe mit sich bringen, potenzieren sich, da die Gifte ja in Kombinationen in den Körper kommen. Der Krebsexperte ist alarmiert: „Die schädliche Wirkung der einzelnen Stoffe wird in Kombination mit den anderen vermutlich stark erhöht!“
■ Nitrosamine beschädigen das Erbgut
„Die Nitrosamine sind von den vielen schädlichen Substanzen am besten untersucht“, sagt Prof. Algül. Sie können zum Zelltod führen, Entzündungen auslösen und Mutationen, also Veränderungen im Erbgut begünstigen, die sich auch Jahre später noch auswirken können. „Das gehört zu den vielen Risiken, die unterschätzt werden“, sagt Algül.
■ Vorerkrankungen steigern Gefahr immens
Die Risiken einer Vorerkrankung werden oft stark unterschätzt, warnt Prof. Algül: „Ich denke da etwa an einen Patienten, der mit 38 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankte.“ Wie schon sein Großvater neigte der Patient zu einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse, bekam dieses Problem aber durch eine gesunde Ernährung immer ganz gut in den Griff, erinnert sich Algül. Das Rauchen aber war mit seiner familiären Vorbelastung besonders schädlich: „Mich hat es betroffen gemacht, dass dem Mann nicht klar war, dass die Zigaretten seine chronische Erkrankung der Bauchspeicheldrüse so negativ beeinflussten, dass schließlich Krebs entstand.“ Dies gilt auch für andere Krebsarten wie etwa Leberzellkrebs, der bei Rauchern noch schneller entsteht, wenn die Leber – auch unerkannt – durch eine Vorerkrankung wie eine nicht alkoholische Fettleber oder durch eine Hepatitis-Infektion beeinträchtigt wird, warnt Algül.
■ Hauptrisikofaktor für Herz und Kreislauf
Nikotin ist ein Nervengift und kann das Nervengeflecht um die kleinen und großen Gefäße im Körper schwer beschädigen. Zudem beschädigen Giftstoffe im Zigarettenrauch die Herzmuskulatur und beeinträchtigen auch dadurch die Sauerstoffversorgung des Herzens. „Das liegt unter anderen daran, dass die Blutplättchen bei Rauchern leichter verklumpen und auch Engstellen durch das Rauchen gefördert werden“, sagt Prof. Harm Wienbergen, Experte der Herzstiftung und Leiter des Bremer Instituts für Herz- und Kreislaufforschung. Auch verengen sich die Gefäße und der Blutdruck steigt. Rauchen schädigt die Blutgefäße und erhöht das Risiko für Herzrhythmusstörungen, Arteriosklerose, Herzinfarkt, Schlaganfall und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Das sehen wir auch bei uns in der Kardiologie am Klinikum links der Weser: Von den Herzinfarktpatienten unter 45 Jahren waren 80 Prozent Raucher, während in der Gesamtbevölkerung in der gleichen Altersgruppe nur 24 Prozent rauchen“, sagt Prof. Wienbergen.