Wenn die Haut Alarm schlägt

von Redaktion

Jeder zehnte Deutsche leidet an Rosazea – wie sich die Krankheit zeigt und was wirklich hilft

Nehmen Sie Beschwerden ernst, rät die Münchner Dermatologin Dr. Hanna M. D. Halter © Privat

Auch die Augen können betroffen sein: Sie brennen, sind entzündet und werden stark lichtempfindlich. © Smarterpix

Rosazea kann sich in verschiedenen Stadien zeigen – von vorübergehenden Rötungen bis hin zu entzündlichen Knötchen und Pusteln. Betroffene sollten aufpassen, die Haut nicht zusätzlich zu reizen. © Smarterpix

München – Rote Wangen, sichtbare Äderchen, ein prickelndes Brennen auf der Haut – viele Betroffene denken bei diesen Symptomen zunächst an eine harmlose Reaktion auf Kälte, Sonne oder empfindliche Haut. Doch was aussieht wie ein kosmetisches Problem, kann ein Anzeichen für eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung sein: Rosazea. In Deutschland ist jeder zehnte Erwachsene davon betroffen – häufig ohne es zu wissen. Die Münchner Dermatologin Dr. Hanna M. D. Halter erklärt, weshalb eine frühe Diagnose so wichtig ist – und was wirklich hilft.

„Rosazea wird häufig übersehen oder bagatellisiert“, sagt Dr. Halter. „Typische Merkmale sind dauerhafte Rötungen im Bereich von Wangen, Nase oder Stirn, oft begleitet von sichtbaren Äderchen, einem Hitzegefühl, Pusteln oder Knötchen. Besonders tückisch: Im Anfangsstadium lassen sich die Symptome leicht mit Akne oder Hautirritationen verwechseln.“

Die Hauterkrankung tritt meist im Erwachsenenalter – vor allem zwischen 30 und 50 Jahren – auf. Frauen sind davon deutlich häufiger betroffen als Männer, auch weil sie empfindlicher auf hormonelle Schwankungen, Stress oder Kosmetika reagieren. Bei Männern hingegen verlaufen die Erkrankungen oft schwerer – beispielsweise durch die gefürchtete „Knollennase“, das sogenannte Rhinophym.

Doch was genau sind die Ursachen? „Rosazea ist komplex, und die genaue Ursache ist noch nicht vollständig geklärt – aber es gibt mehrere Faktoren, die eine Rolle spielen“, erklärt die Münchner Dermatologin. „Es gibt eine genetische Komponente, aber auch Umweltfaktoren spielen eine große Rolle: Hitze, Kälte, Sonne, scharfes Essen, Alkohol, Stress – aber auch psychische Belastungen oder falsche Kosmetik können sogenannte ‚Flushs‘ auslösen. Dann weiten sich die Blutgefäße in der Haut übermäßig stark. Mit der Zeit können sich die Gefäße dauerhaft erweitern und es kommt neben anhaltenden Rötungen zu sichtbaren Äderchen. Die Hautbarriere ist gestört, das Immunsystem der Haut spielt verrückt und die Haut reagiert überempfindlich. Sogar Nervenreize (z. B. durch Kälte, Hitze oder Berührungen) spielen eine Rolle, denn sie aktivieren bestimmte Nervenbotenstoffe, die ebenfalls Entzündungen fördern. Dass Frauen häufiger betroffen sind, liegt vor allem daran, dass sie empfindlicher auf hormonelle Schwankungen und Pflegeprodukte reagieren. Derzeit wird auch eine Überbesiedlung der Haut mit Demodex-Milben als möglicher Auslöser oder Verstärker diskutiert.“

„Viele Patienten berichten, dass ihre Haut nach dem Duschen oder nach einem Aufenthalt in der Sonne plötzlich brennt oder spannt“, so Dr. Halter weiter. „Das liegt daran, dass die Hautbarriere gestört ist und äußere Reize nicht mehr ausreichend abpuffern kann.“

„Rosazea kann sich in verschiedenen Stadien zeigen – von vorübergehenden Rötungen bis hin zu entzündlichen Knötchen und Pusteln“, sagt Halter. „Wichtig ist deshalb vor allem, die Haut nicht zusätzlich zu reizen, sondern sie gezielt zu beruhigen und zu stärken.“

■ Heilung nein – Kontrolle ja

Eine vollständige Heilung gibt es zwar nicht, aber man kann Rosazea heute sehr gut in den Griff bekommen.

„Es gibt inzwischen hervorragende Therapien“, weiß die Expertin.

Neben topischen Medikamenten (etwa mit Ivermectin oder Brimonidin) und systemischen Therapien (z. B. niedrig dosiertes Doxycyclin) kommen auch Laser- und Lichttherapien zum Einsatz – insbesondere bei erweiterten Äderchen oder verdickter Haut. Noch in der Erforschung sind Biologika und mikrobiom-basierte Behandlungen, die gezielt Entzündungsprozesse hemmen sollen.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt für Dr. Halter auch in der richtigen Pflege: „Da die Haut bei Rosazea extrem empfindlich ist und jeder Reiz eine Entzündung auslösen kann, braucht sie Produkte, die beruhigen, stärken und die Hautbarriere nicht zusätzlich reizen.“

■ Weniger ist mehr

„Im Mittelpunkt der Behandlung steht deshalb eine sanfte, reizfreie Pflege, die speziell auf empfindliche, zu Rötungen neigende Haut abgestimmt ist. Ich empfehle Produkte, die ohne Duftstoffe, Alkohol oder aggressive Tenside auskommen – und idealerweise entzündungshemmend und gefäßstabilisierend wirken. Beruhigende Wirkstoffe wie Enoxolon oder Allantoin sind hier ideal“, sagt Dr. Halter.

Aber auch bei der täglichen Routine gibt es einiges zu beachten: „Häufiges Wechseln von Produkten, zu starkes Rubbeln beim Abschminken, Peelings oder reizende Anti-Aging-Produkte sollte man besser vermeiden“, rät die Dermatologin. „Auch Naturkosmetik ist nicht immer gut verträglich, weil viele ätherische Öle stark reizen können.

Und was ebenfalls sehr wichtig ist: Sonnenschutz – denn UV-Strahlung ist einer der häufigsten Trigger bei Rosazea.“

Doch wie erkennt man die eigenen Auslöser? Dr. Halter rät: „Am besten genau beobachten, worauf die Haut reagiert – und ein sogenanntes Trigger-Tagebuch führen. Dort zum Beispiel eintragen, ob man in der Sonne war, etwas Scharfes gegessen, Alkohol getrunken hat oder unter Stress litt.

Parallel dazu sollte man die Pflege auf das Wesentliche reduzieren: eine sanfte Reinigung, eine beruhigende Pflege und täglich ein gut verträglicher Sonnenschutz. Und ganz wichtig: frühzeitig professionelle Hilfe suchen – Rosazea ist kein kosmetisches Problem, sondern eine dermatologische Erkrankung. Je früher sie behandelt wird, desto besser lässt sie sich kontrollieren.“

Der Alltag mit Rosazea erfordert also ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit – aber keinen Verzicht auf Lebensqualität. „Mit der richtigen Behandlung, Hautpflege und etwas Geduld lässt sich die Erkrankung sehr gut kontrollieren.“

■ Auch Ernährung spielt eine Rolle

Viele Betroffene reagieren auch empfindlich auf bestimmte Lebensmittel.

Scharfe Speisen, histaminreiche Lebensmittel (wie Tomaten, Käse, Salami), Alkohol oder heiße Getränke können Schübe verstärken.

Im Gegensatz dazu kann eine entzündungshemmende Ernährung mit Omega-3-Fettsäuren, grünem Gemüse, Beeren und probiotischen Lebensmitteln unterstützend wirken. Auch hier gilt: Individuelle Beobachtung ist entscheidend.

■ Wann zum Arzt?

„Wenn Rötungen im Gesicht regelmäßig auftreten und nicht verschwinden, ist es höchste Zeit, einen Hautarzt aufzusuchen“, sagt Dr. Halter.

Auch entzündliche Pusteln oder Knötchen, Brennen, Jucken oder Hitzegefühl können Anzeichen sein. Frühe Behandlung kann helfen, den Verlauf zu verlangsamen, das Hautbild zu verbessern – und das Selbstwertgefühl zu stärken. Außerdem kann eine frühe Behandlung die Krankheit abbremsen: „Je früher wir die Rosazea erkennen, desto besser können wir Schübe vermeiden und Folgeschäden verhindern.“YVONNE WALBRUN

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