Drei neue Waffen gegen Krebs

von Redaktion

Münchner Experte erklärt die wichtigsten hochmodernen Therapien

Die moderne Krebstherapie bietet seit einigen Jahren viele neue Möglichkeiten. Krebsexperte Prof. Hana Algül erklärt die drei wichtigsten neuen Therapien. © Marcus Schlaf

München – Immuntherapie, Impfung gegen Krebs, CAR-T-Zelltherapie – diese Begriffe hat wohl jeder Krebspatient schon einmal gehört, aber kaum jemand weiß, was sie genau bedeuten. Prof. Hana Algül, Leiter des Krebszentrum CCC des TUM-Klinikums und einer der renommiertesten deutschen Krebsexperten, erklärt, wie die Therapien funktionieren und wem sie helfen können.

Die Immuntherapie

„Die Immuntherapie ist in den vergangenen drei Jahren zu einem festen Standbein der Krebstherapie geworden“, sagt Prof. Hana Algül. Es gibt inzwischen etwa ein Dutzend verschiedene Arten, erklärt der Experte. Sie funktionieren, indem sie das Immunsystem so aktivieren, dass es die Tumorzellen angreift. Denn Krebszellen können nur unkontrolliert wachsen, weil sie das Immunsystem des Körpers täuschen oder lähmen, erklärt Krebsexperte Prof. Algül.

Die Immuntherapien arbeiten mit sogenannten Checkpoint-Inhibitoren. Diese lösen die Handbremse und entfesseln das Immunsystem. Aber sie entfesseln das Immunsystem nicht gezielt, sodass es nur den Krebs angreift, sondern aktivieren es ungezielt – und deshalb können Immuntherapien auch zu Autoimmunerkrankungen führen. Denn die natürlichen Checkpoints im Immunsystem schützen das gesunde Körpergewebe und sollen eine Überreaktion des Immunsystems verhindern. Die Krebszellen nutzen diese Checkpoints, um sich vor dem Immunsystem zu schützen. Die Checkpoint-Inhibitoren, die bei einer Immuntherapie verabreicht werden, sperren die Checkpoints, sodass die Immunzellen nicht mehr blockiert sind und die Krebszellen wieder erkennen und angreifen können. Die Immuntherapie kommt bei vielen Krebsarten infrage: Etwa bei Dickdarm-, Leber-, Magen-, Speiseröhren- und Lungenkrebs. „Bei anderen Krebsarten wirkt sie nicht oder nur schlecht“, sagt Prof. Algül: „Die Enttäuschung war groß, dass die Immuntherapie bei Hirntumoren, dem Glioblastom, aber auch bei den meisten Krebsformen in der Bauchspeicheldrüse oder in Weichteilen, nicht oder kaum wirkt.“

Prof. Hana Algül rät jedem Patienten, der von einer komplexen Tumorerkrankung betroffen ist, sich bei einem zertifizierten Krebszentrum vorzustellen, um zu sehen, ob eine Immuntherapie infrage kommt und eine molekulare Testung des Tumorgewebes angezeigt ist. Bis vor rund drei Jahren wendete man Immuntherapien nur bei Menschen an, die als austherapiert galten – heute werden die modernen Behandlungen viel früher, teils sogar vor einer Operation eingesetzt, um den Tumor am Weiterwachsen zu hindern oder gar zu schrumpfen. Immuntherapien werden oft auch mit Chemotherapien kombiniert. Auf lange Sicht kann sich Prof. Algül vorstellen, dass Immuntherapien Chemotherapien weitgehend ersetzen könnten. Eine Chemotherapie zerstört generell sich schnell teilende Zellen und kann dadurch eine Vielzahl von Nebenwirkungen verursachen. SUSANNE SASSE

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