Plötzlich in den Wechseljahren

von Redaktion

Das Buch von Dr. Sybilla Krane (li.) und Svenja Ostwald.

Sport tut gut: Krafttraining in den Wechseljahren hilft, den Körper fit zu halten. © Smarterpix

Einschlafprobleme und Schlafstörungen: Das sind typische Belastungen, die viele Frauen in den Wechseljahren erleiden. Hier können Abendrituale helfen, erklären die Expertinnen. © Smarterpix

Die Menopause kommt nicht von heute auf morgen. Sie schleicht sich an. Oft beginnt alles viel früher als viele ahnen: Mitte 30, Anfang 40, mitten im Leben. Plötzlich fühlt sich der Körper einer Frau anders an. Der Schlaf wird leichter, die Energie unzuverlässiger, der Bauch sensibler. Mal ist da ein Hitzeschub, mal eine unerklärliche Stimmungsschwankung, mal das diffuse Gefühl: „Irgendwas ist anders.“ Und doch wissen viele Frauen kaum etwas über diese turbulente Phase, die medizinisch Perimenopause heißt. Es ist eine hormonelle Übergangszeit, die Jahre dauern kann. Es wird selten offen darüber gesprochen. Zu oft heißt es: „Das ist das Alter.“ Oder: „Stell dich nicht so an.“ Dabei zeigen aktuelle Erkenntnisse: Was im Körper passiert, ist hochkomplex, betrifft Stoffwechsel, Schlaf, Haut, Herz-Kreislauf-System.

Fast jede Frau erlebt diese Veränderungen auf ihre ganz eigene Weise. Mehr darüber zu wissen würde entlasten. Die Frauen selbst. Und auch ihre Männer und Freunde. Und genau dieses Wissen wollen Health Coach Svenja Ostwald und die Münchner Ärztin Dr. Sibylla Krane vermitteln. In ihrem neuen Ratgeber „Truly Feel Your Best“ (auf Deutsch etwa „Fühl dich wirklich am besten“) erklären sie verständlich, warum der Körper in der Lebensmitte auf einmal neue Signale sendet, wie Ernährung, Bewegung und Selfcare die Hormone sanft unterstützen können und weshalb Selbstbeobachtung oft hilfreicher ist als ein einzelner Laborwert.

Im Gespräch mit unserer Zeitung verraten die beiden Powerfrauen, warum Wissen über den eigenen Körper die stärkste Medizin sein kann.

Frau Ostwald, Sie schreiben, dass Sie sich mit 40 plötzlich anders fühlten. Was war da los?

Svenja Ostwald: Aus eigener Erfahrung weiß ich: Alle zehn Jahre verändert sich etwas bei mir. Mit 20 dachte ich noch: Huch… Sport? Brauche ich das wirklich? Mit 30 kam der erste große Einschnitt – zwei Fehlgeburten, die alles durcheinandergebracht und mich zum ersten Mal wirklich gezwungen haben, auf meinen Körper zu hören. Und mit 40 hat sich dann das nächste Kapitel angekündigt: Plötzlich bleibt das Kilo aus dem Sommerurlaub einfach da. Früher brauchte ich zwei Tage Saftkur, und alles war wieder gut – jetzt braucht mein Körper eine komplett andere Strategie. Das war der Moment, in dem ich gemerkt habe: Da passiert hormonell etwas, das ich nicht ignorieren sollte. Ich bin nicht „falsch“ – mein Körper verändert sich. Und: Ich darf mitlernen. Ich bin sehr dankbar, dass ich durch meine täglichen Austausch mit so vielen Frauen bei anderen Frauen mitlernen darf. Ich bekomme täglich Nachrichten wie: „Ich nehme zu und weiß nicht, wo es herkommt.“ Und genau dieses gemeinsame Erkennen, dass es nicht Einbildung ist, nicht „Disziplinlosigkeit“, sondern Biologie.

Frau Dr. Krane, viele Frauen erleben solche Symptome, aber kaum jemand spricht offen darüber. Warum?

Dr. Sibylla Krane: Weil die Veränderungen leise beginnen und viele Frauen sie zunächst ganz woanders einordnen. In der Allgemeinmedizin war ich oft die erste Anlaufstelle: Schlafprobleme, Schwindel, Schmerzen, Erschöpfung oder Herzstolpern. All das taucht häufig dort auf, ohne dass sofort jemand an die Perimenopause denkt. Hinzu kommt, dass die Generationen vor uns kaum darüber gesprochen haben und das Thema in der Medizin lange keine wirkliche Rolle gespielt hat. Viele Frauen glauben deshalb bis heute, sie müssten sich „mehr zusammenreißen“ oder seien einfach gestresst. Dabei sind es ganz reale, hormonelle Veränderungen, die nur zu selten als solche erkannt werden.

Sie schreiben: „Wissen ist Empowerment.“ Was meinen Sie damit?

Dr. Sibylla Krane: Wenn eine Frau versteht, warum sie plötzlich schlechter schläft, immer mehr an Gewicht zunimmt oder emotionaler reagiert, entsteht sofort Erleichterung. Wissen nimmt Druck heraus. Viele Frauen berichten, dass allein das Einordnen ihrer Symptome schon eine enorme Entlastung bringt. Unser Körper sendet uns kontinuierlich Informationen, manchmal leise, manchmal deutlicher. Sobald wir diese Veränderungen verstehen, können wir auch gezielt handeln: unsere Ernährung anpassen, erholsamen Schlaf unterstützen, Bewegung sinnvoll wählen oder auch kleine, wirksame Tools gegen den Stress einsetzen.

Viele Frauen sagen: Ich will einfach nur wieder funktionieren. Was antworten Sie ihnen?

Svenja Ostwald: Funktionieren ist kein Lebensziel. Wir sind doch keine Drucker, die man neu startet, damit sie wieder tun, was sie sollen. Ich sage immer: Du sollst nicht funktionieren – du sollst dich WOHLfühlen. Und zwar wirklich. Deinen Körper, deine Energie, deine Grenzen, deine Bedürfnisse. Wenn du verstehst, warum sich etwas verändert, dann kannst du plötzlich auch Entscheidungen treffen, anstatt nur zu reagieren.

Ihr Buch steckt voller Rezepte, Routinen und Tools. Was hilft am meisten im Alltag?

Svenja Ostwald: Routine schlägt Motivation – immer. Für mich sind es drei Dinge: Erstens der Fokus auf Protein und Ballaststoffe, ein absoluter Game-Changer ab 40. Dadurch habe ich keine Heißhunger-Attacken mehr. Zweitens „Meal Prep“, damit ich nicht hungrig und gestresst sinnlose Dinge esse. Und drittens Bewegung – nicht im Sinne von „Ich müsste mal…“, sondern als fester Bestandteil meines Alltags. Dreimal pro Woche Krafttraining, jeden Tag viele Schritte, und zweimal pro Woche joggen – mit kleinen Sprints, damit mein Herz-Kreislauf-System gefordert bleibt.

Dr. Sibylla Krane: Was im Alltag wirklich hilft, sehe ich jeden Tag bei meinen Patientinnen. Und das sind oft kleine, aber sehr wirksame Dinge: Schlaf ernst nehmen: Viele Beschwerden verstärken sich, wenn der Schlaf fragiler wird. Ein paar klare Abendrituale, weniger Reizflut und ein ruhigerer Übergang in die Nacht, machen in dieser Phase einen enormen Unterschied. Bewegung, die stärkt:Es geht nicht um „mehr machen“, sondern um gezielte, regelmäßige Kraft. Viele Frauen spüren sehr schnell, wie stabilisierend das wirkt. Körperlich und emotional. Kleine, verlässliche Rituale: kurze Atemsequenzen, ein Moment Tageslicht, eine kleine Pause zwischendurch. Das entspannt und schafft Stabilität, ohne viel Aufwand. Ernährung, aber ohne Perfektion: warme Mahlzeiten, echte Lebensmittel. Einfache Anpassungen, die spürbar guttun, ohne das Leben auf den Kopf zu stellen.

Und was wünschen Sie sich für den Umgang mit diesem Thema in unserer Gesellschaft?

Dr. Sibylla Krane: Ich wünsche mir, dass wir die Wechseljahre medizinisch und gesellschaftlich ernst nehmen. Frauen brauchen keine Durchhalteparolen, sondern fundierte Aufklärung, gute Diagnostik und individuelle Behandlung, egal ob durch Lebensstilmedizin, integrative Methoden oder Hormontherapie.

Svenja Ostwald: Dass wir endlich aufhören, so zu tun, als wäre das ein Tabu oder ein persönliches Versagen. Die Wechseljahre sind kein Ende – sie sind ein Upgrade. Nur ohne Bedienungsanleitung. Und genau das wollen wir ändern: Mehr Aufklärung. Mehr Humor. Mehr Miteinander. Und weniger dieses „Reiß dich zusammen“.

Infos zum Buch

Das neue Buch „Truly Feel Your Best“ (Christian Verlag GmbH München, Preis 29,99 Euro) erscheint offiziell am 19. Dezember. Wer es schon jetzt im Shop der Autorenwelt (shop.autorenwelt.de) vorbestellt, der erhält ohne Mehrkosten ein signiertes Exemplar. Das Buch der Münchner Medizinerin Dr. Sibylla Krane (Praxis-Website www.praxis-krane.de) und Gesundheitsexpertin Svenja Ostwald hat 256 Seiten. Die ISBN-Nummer des Buchs lautet 978-3-9895107-0-8.

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