München – Wolfgang Wagner hat beim SV Schalding-Heining schon so ziemlich jede Funktion ausgeübt. Angefangen hat er bei dem Passauer Verein als D-Jugendspieler, später war er dann in allen Altersklassen Nachwuchstrainer, in der Folge Jugendleiter, Vorstandsmitglied – und seit 14 Jahren ist er nun schon Präsident des Regionalligisten. „Der Verein ist mein großes Hobby“, sagt der 50-Jährige. Vor dem morgigen Gastspiel des TSV 1860 unterhielten wir uns mit dem gebürtigen Passauer über die „fleißigen Bienchen“ des SV Schalding-Heining, den Charme der Regionalliga und die kleine Hoffnung, im David-Goliath-Duell vielleicht etwas ausrichten zu können.
-Herr Wagner, viele Münchner Fans stehen bei dem Vereinsnamen SV Schalding-Heining vor einem Rätsel …
Ja, wir kennen das. Den SV Schalding-Heining kann man auch in der Regionalliga Bayern noch nicht richtig zuordnen. Es passiert uns öfter bei Auswärtsspielen, dass man aus dem Bus steigt und gleich gefragt wird: „Wo liegt das eigentliche, dieses Schalding-Heining, wo seid ihr eigentlich her?“ Nun: Wir sind ein Stadtteil von Passau. So wie Giesing ein Stadtteil von München ist. Und wir identifizieren uns total mit Passau. Deshalb lautet unser Slogan auch: Wir sind Passau.
-Gibt es etwas besonders Typisches für Ihren Verein?
Typisch ist, dass wir uns hemdsärmelig nach oben gearbeitet haben. Als ich noch Jugendlicher war, haben wir in der B-Klasse gespielt. Also in der zweitniedrigsten Liga. Der Verein hat in den letzten zwanzig Jahren dann eine sehr gute Entwicklung genommen. Wir haben es mit vielen fleißigen Bienchen, mit vielen ehrenamtlichen Helfern geschafft, dass wir uns in der Zusammenarbeit mit der Stadt Passau eine kleine schmucke Sportanlage im Westen Passaus geschaffen haben. Vieles haben wir in Eigenleistung errichtet. Vor ein paar Jahren kam auch noch eine Tribüne dazu. Man darf nicht vergessen: Früher war das mal ein Wald- und Wiesenfußballplatz. Auch im Nachwuchs ist die Entwicklung nach oben gegangen. Unsere C-Jugend spielt inzwischen in der Bayernliga. Und als der TSV 1860 München zuletzt mit seinem Nachwuchs zu einem Punktspiel gekommen ist, hatten wir 700 Zuschauer. Man muss sich das mal vorstellen: 700 Zuschauer im C-Jugendbereich! Für Schalding-Heining ist das eine Sensation.
-Trotz der vielen Helfer hat die Regionalliga sicher auch ihren Preis. Hat der Verein einen Sponsor?
Unsere Basis sind die vielen Ehrenamtlichen und viele, viele Klein-Sponsoren. Aber das sind keine großen Privatsponsoren. Wir leben auch von den 50 Euro, die einem nach dem Spiel manchmal von einem Zuschauer zugesteckt werden mit den Worten: „Mensch, des war a guats Spui heut. Zahlt’s der Mannschaft was.“
-Das klingt alles nach klassischem Amateurverein mit Feierabendfußballern.
Absolut. Das sind wir auch. Wir haben Dachdecker, Lehrer, Angestellte in der Mannschaft. Und wir haben einige Studenten. Die Uni Passau tut uns da gut. Trainiert wird dreimal in der Woche am Abend. So wie wir das schon in der Bezirksliga getan haben. Wir haben uns in der Regionalliga nicht groß verändert. Der einzige Unterschied ist vielleicht die Vorbereitung. Da gehen wir jetzt auch mal ins Trainingslager.
-Wo war das letzte?
In Bad Füssing.
-Also rund 30 Kilometer von Passau entfernt.
Ja. Und da haben wir auch nur von Freitagabend bis Sonntagmittag trainiert. Das war so ein Wochenendtrainingslager, wo man die Neuen dabei hat zur Integration.
-Haben Sie einen Schüsselspieler im Team?
Wir hatten einen großen Umbruch. Uns haben acht, neun Spieler verlassen – aus den verschiedensten Gründen. Wir haben eine neue, relativ junge Mannschaft, die sich erst einmal finden muss. Wir leben vom Kollektiv. Wir versuchen halt immer, aus der Region die besten Spieler zu rekrutieren.
-Das Gastspiel des TSV 1860 ist sicher ein Höhepunkt in der Vereinsgeschichte.
Ja. So wie das bei der Stadioneinweihung 2001 gewesen ist, als der TSV 1860 mit seiner Bundesligamannschaft zu Gast war. Das war zu Zeiten von Trainer Werner Lorant und Präsident Karl-Heinz Wildmoser. Für uns war das schon ein Erlebnis. Das war halt ein Freundschaftsspiel, damals vor 16 Jahren. In der Zwischenzeit haben wir es geschafft, gegen die erste Mannschaft der Sechziger ein Pflichtspiel zu haben.
-Das Schalding-Heininger Stadion mit einem Fassungsvermögen von 2500 Zuschauern wird am Samstag komplett gefüllt sein. Da kommt auf Ihren kleinen Verein wohl auch organisatorisch eine Herausforderung zu.
Wir sind gerüstet. Wir haben ja allgemein relativ viele Zuschauer. Mit einem Schnitt von 1300 lagen wir in der vergangenen Saison auf dem dritten Platz in der Regionalliga. Gegen FC Bayern II hatten wir auch schon 2500 Zuschauer.
-Seit wann ist die Partie ausverkauft?
Seit gut vierzehn Tagen. Wir haben zunächst einen internen Verkauf gestartet für langjährige Vereinsmitglieder und Sponsoren. Der Rest ging in den freien Verkauf.
-Wie schnell waren die Karten weg?
Innerhalb von 16 Minuten.
-Ist ein Rahmenprogramm geplant?
Nein. Das Spiel für sich allein ist doch schon toll. Wir brauchen da jetzt keine Blaskapelle. Bei uns ist jedes Heimspiel ein kleines Volksfest, ein Highlight. Das Stadion ist eng, da ist man ganz nah dran am Spielgeschehen. Da freut sich jeder Zuschauer darauf. Es ist halt eine besondere Atmosphäre, die wir in dieser Regionalliga Bayern kennen und schätzen.
-Gibt es Sechziger-Fans in Ihrem Verein?
Natürlich. Viele sogar. Es gibt ja den Spruch: Einmal Löwe, immer Löwe. Von der Sorte gibt es einige bei uns.
-Wie sieht es da bei Ihnen aus: Löwe? Oder Bayern-Fan?
Weder noch. Mein Lieblingsverein ist der SC Freiburg. Schon seit 20, 25 Jahren. Mir gefällt es einfach, wie man in Freiburg aus wenig Mitteln viel macht. Da werden denen die sechs besten Spieler weggekauft – und trotzdem schaffen sie es immer wieder, sich zu behaupten. Mich fasziniert das einfach, was die für eine Kontinuität und Ruhe drin haben. Das ist ein großer Vorbildverein für den deutschen Fußball.
-Welche Chancen rechnen Sie sich gegen 1860 aus?
Grundsätzlich ist das eine absolute David-Goliath-Situation. In den letzten zwei, drei Spielen konnte man aber auch sehen, dass die Sechziger noch nicht richtig eingespielt sind. Da können wir froh sein, dass wir sie in dieser frühen Phase der Saison erwischen. Mit einem bisserl Glück könnte etwas drin sein. Man kann zwar auch fünf Stück gegen die Sechziger kriegen. Aber grundsätzlich sind wir nicht chancenlos.
Das Interview führte Armin Gibis