München – Zu viele Einfamilienhäuser auf dem Land, zu viele Studentenwohnungen in Städten – und Vermieter, die staatliche Eingriffe nicht kommen sehen. Forscher des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) haben in einer gestern veröffentlichten Studie vor neuen Risiken am deutschen Immobilienmarkt gewarnt. In einem Punkt gaben sie Entwarnung: Das Platzen einer Blase befürchten sie nicht. Damit widersprechen sie Forschern des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen (RWI), die vor rund einem Jahr vor der gestiegenen Gefahr von Immobilienblasen gewarnt hatten.
Von Spekulationsblasen ist dann die Rede, wenn Investoren die Häuser und Wohnungen nur deshalb kaufen, weil sie in Zukunft von noch höheren Preisen ausgehen. Basieren die erhofften Preissteigerungen nur auf Spekulationen statt auf Fundamentalfaktoren wie einer steigenden Nachfrage nach Wohnraum, droht die Blase früher oder später zu platzen. Dann fallen innerhalb kurzer Zeit die Preise. In den vergangenen Jahren war das Phänomen in Ländern wie Spanien oder Irland zu beobachten, in den USA riss das Platzen der Immobilienblase 2007 die Finanzmärkte und in der Folge die Weltwirtschaft mit in den Abgrund. Angesichts dieser Erfahrungen ist in den vergangenen Jahren auch bei deutschen Immobilienkäufern die Verunsicherung gestiegen.
Jetzt sagen die IW-Forscher aber: „Dem deutschen Immobilienmarkt droht keine Blase, so viel scheint derzeit sicher.“ Zwar stiegen die Preise in Ballungszentren seit Jahren stark an, doch das liege an einer hohen Nachfrage einerseits und fehlenden Neubauten andererseits. Ein plötzlicher Preisverfall sei damit unwahrscheinlich. „Die Chancen stehen gut, dass der Boom mit einer sanften Landung endet.“
Die Forscher weisen stattdessen auf neue Risiken in bestimmten Teilsegmenten hin:
-1. Häuser auf dem Land: In einigen ländlichen Regionen Deutschlands ist den Forschern zufolge mit einem Überangebot an Einfamilienhäusern zu rechnen (siehe Karte). Grund dafür: Auf dem Land altert die Gesellschaft, die demografischen Prognosen sind düster, am Ende droht Leerstand. Die IW-Forscher rechnen in betroffenen Regionen daher mit einer Preiskorrektur. Oberbayern ist davon kaum betroffen. In den Landkreisen rund um München, den Kreisen Garmisch-Partenkirchen und Miesbach sowie der Stadt Rosenheim ist das Angebot sogar geringer als die Nachfrage, zeigen die Daten. In den Kreisen Bad Tölz-Wolfratshausen, Rosenheim, Landsberg am Lech und Freising herrscht den IW-Daten zufolge ein weitgehendes Marktgleichgewicht. Lediglich die Landkreise Weilheim-Schongau, Mühldorf am Inn und Traunstein zählen den Forschern zufolge zu den Risikozonen, in denen sich die demografische Entwicklung in den Immobilienpreisen bemerkbar machen könnte.
-2. Studentenwohnungen: In den vergangenen Jahren sind in deutschen Unistädten viele Mini-Wohnungen für Studenten entstanden. Die Forscher gehen aber davon aus, dass die Bevölkerung zwischen 18 und 25 Jahren in den kommenden Jahren in den Städten schrumpfen wird – entsprechend sei auch auf diesem Markt mit einer Preiskorrektur zu rechnen. Außerdem seien die Wohnungen als Neubauten für viele Studenten schlicht zu teuer.
-3. Staatliche Eingriffe: Wer eine Immobilie mit der Absicht kauft, sie nach dem Kauf zu vermieten, ist inzwischen mit weit mehr Risiken konfrontiert als früher – vor allem in Ballungszentren. Die IW-Forscher nennen als Beispiel Städte wie Hamburg oder München. In solchen Städten rechnen Investoren derzeit offenbar mit weiter steigenden Mieten, und genau darin liegt die Gefahr: Eine verschärfte Mietregulierung könnte die Erwartungen schlagartig zunichtemachen.