Ob eine Beteiligung an einem Start-up, einem Immobilien- oder Energieprojekt: Beim Crowdfunding (der Finanzierung im Schwarm) kann man sich bereits mit kleinen Beträgen beteiligen – und hat dabei noch die Chance auf attraktive Gewinne. Über Internetplattformen stellen sich Projekte und Unternehmen mit der gewünschten Summe vor. Im Jahr 2016 liehen sich Anbieter nach Angaben des Informationsportals Crowdfunding.de in Deutschland knapp 64 Millionen Euro. Allein im ersten Halbjahr 2017 waren es schon knapp 73 Millionen Euro. Der Markt ist also noch klein, wächst aber stürmisch.
Das Prinzip funktioniert dabei folgendermaßen: Während einer festgelegten Zeitspanne entscheiden Anleger, ob sie Geld zusagen. In der Regel verleihen sie es gegen Zinsen und akzeptieren, im Insolvenzfall erst nachrangig bedient zu werden: Sie sind erst dann an der Reihe, wenn alle vorrangigen Gläubiger befriedigt worden sind. Wird die Zielsumme verfehlt, erhalten Anleger eingezahltes Geld zurück. Sonst bekommen die Unternehmen und Projekte die Mittel. Über die Plattformen sollen sie Anleger weiterhin regelmäßig über den Fortgang informieren.
22 Plattformen im Test
Stiftung Warentest hat für die September-Ausgabe der Zeitschrift „Finanztest“ alle Plattformen, die bis Frühjahr 2017 binnen rund 20 Monaten mindestens zwei Projekte präsentiert haben, zu Konditionen, Auswahlkriterien und Erfolgen befragt. Folgende 22 Plattformen antworteten:
-Plattformen für Immobilienprojekte: Bergfürst, Exporo, Home Rocket, iFunded, ReaCapital, Zinsbaustein, Zinsland
-Plattformen für Start-ups, Klein- und Mittelständler: Aescuvest, Companistro, Conda, Deutsche Mikroinvest, Finnest, FunderNation, Green Rocket, Innovestment, Kapilendo, Seedmatch
-Plattformen mit Schwerpunkt erneuerbare Energien: Bettervest, Crowd4Climate, Econeers, Greenvesting, LeihDeinerUmweltGeld
Das Ergebnis der Befragung war laut „Finanztest“ ernüchternd. Viele teilten zwar mit, dass sie Projekte auswählen, aber nicht, wie sie genau vorgehen. „Das hilft Anlegern wenig, um das Risiko einzuschätzen. Die Kriterien, die ein Projekt oder Unternehmen für ein Funding erfüllen muss, lassen keinen Schluss über die Qualität zu“, so die Tester.
Unseriös ist es laut „Finanztest“, wenn Anbieter die in Aussicht gestellten Zinsen für Crowdfunding-Projekte auf ihrer Startseite mit schlechter verzinsten Festgeld- oder Tagesgeldkonten vergleichen. Denn so sicher wie Sparanlagen sind Schwarmfinanzierungen keineswegs. Negativ aufgefallen sind hier etwa Bergfürst und Exporo.
Vermittlung, keine Beratung
Die Plattformen vermitteln nur zwischen Kapitalhungrigen und Interessenten. Sie beraten die potenziellen Geldgeber nicht bei der Frage, ob ein Projekt zu ihnen passt. Das müssen die Anleger selbst entscheiden – und das ist gar nicht so einfach. Denn der Gesetzgeber gewährte dieser jungen Branche Erleichterungen, als er im Jahr 2015 fast alle Geldanlageangebote strengeren Regeln unterwarf. Hier aber ist bei weniger als 2,5 Millionen Euro Volumen nur ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) Pflicht. Es beschreibt das Projekt mit Kosten und Risiken auf drei Seiten. Ein sehr viel umfangreicherer Verkaufsprospekt ist nicht nötig. Anlegern fehlt damit eine wichtige Informationsbasis.
Die „Finanztest“-Untersuchung zeigt: Anbieter und Plattformen sind noch nicht hundertprozentig firm in der Anwendung der Regeln. So waren Vermögensanlagen-Informationsblätter oft nicht frei zugänglich, sondern erst nach einer Registrierung. Die Aufbereitung der Informationen war uneinheitlich, etwa beim Ausweis der Umsatzsteuer bei den Kosten. Jahresabschlüsse waren nicht fristgerecht im elektronischen Bundesanzeiger hinterlegt.
Das mit Abstand größte Marktsegment im Bereich Crowdfunding bilden Immobilienprojekte. Die Plattformen liefern Informationen über Projektentwickler, Lage, Finanzierungsstruktur und Sicherheiten. Meist, aber nicht immer stellen Interessenten Geld in Form von Nachrangdarlehen zur Verfügung. Registrierte Anleger können online zeichnen und müssen im Anschluss direkt das Geld überweisen oder per Lastschrift einziehen lassen. Kommt das Funding doch nicht zustande, erhalten sie ihr Geld zurück. In vielen Fällen sammeln Projektentwickler das Geld ein. Sie erstellen damit Neubauten, sanieren alte Gebäude und verkaufen oder vermieten sie.
Bis zu sieben Prozent im Jahr wollen die Anbieter den Anlegern zahlen. Das ist im derzeitigen Niedrigzinsumfeld verlockend. Bislang ist in diesem Segment kein Projekt ausgefallen und einige brachten höhere Renditen als erwartet. Dennoch kann einiges schiefgehen. Unerwartete Belastungen, Pfusch, ausbleibende Genehmigungen, ein Verkauf unter dem erhofften Preis und mehr.
Risikokapital für Start-ups
Das älteste Crowdfunding-Segment ist Schwarmfinanzierung für junge Unternehmen, es hat auch die meisten Investoren. Der Vorteil: Die Crowd kann jungen Unternehmen helfen, Produkte zu entwickeln, die es vielleicht sonst nie zur Marktreife gebracht hätten. Solche Investments heißen aber nicht umsonst Risiko- oder Wagniskapital. Manche Gründer schaffen es nicht, ihre Ideen umzusetzen oder das Produkt zur Marktreife zu bringen. Selbst wenn das geschafft ist: Manche Produkte bleiben Ladenhüter.
Erfahrungsgemäß enden viele Risikokapitalanlagen mit Verlust bis hin zum Totalausfall, wenige spielen ihr Geld wieder ein, ganz wenige sind wirklich erfolgreich. Die Crowdfunding-Branche nennt 14 Prozent Ausfall zwischen den Jahren 2011 und 2016. Crowdfunding.de zählt in der kurzen Geschichte wenige Erfolge auf und nennt Renditen zwischen 25 und 300 Prozent. Die in Aussicht gestellten Renditen sind angesichts des hohen Risikos aber relativ gering.