Mit Techno dem Jazz die Sporen setzen

von Redaktion

Jazzwoche Experimentelle Musik prägt die Vergabe des Burghauser Nachwuchspreises

Burghausen – Den Jazz aus den Angeln heben – geht das? Nach Meinung der Jury schon. Sie bescheinigte der Siegerband LBT des Burghauser Nachwuchs-Jazzpreises „Unzubringbares zusammenzubringen“, wenn sie Techno mit herkömmlicher Rhythmik kombiniert.

Nicht nur das. Bei der Vergabe des insgesamt mit 10000 Euro dotierten Preises am Dienstagabend im Burghauser Stadtsaal zeigt sich das Leo Betzl Trio experimentierfreudig auch bei der Nutzung der Instrumente. Da streicht Pianist Leo Betzl mit einem Bogen über die Saiten des Flügels, da schickt Bassist Maximilian Hirning mit zartem Bogenstrich in höchsten Basslagen ein lyrisches Moment voraus, um dann in ein martialisches Kontra zu schwenken, dem die 600 Zuhörer im ausverkauften Saal sofort verfallen und mitziehen. Und Schlagzeuger Sebastian Wolfgruber verwendet ein Rad mit Speichen, um die Klangbreite zu vergrößern.

So können am Ende alle zufrieden sein. Die Meinung der vier Juroren korreliert mit dem der Zuhörer, was bei der Verleihung des Jazzpreises eher die Ausnahme ist. LBT präsentiert einen mitreißenden Sound, die Musiker setzen diesen optisch geschickt in Szene.

Der zweite Preis geht an das polnische Quintett Weezdob. Das Besondere hier ist die Verbindung einer Mundharmonika mit einem Saxofon. Erstaunlich, welch unerwartete Klangwelt sich auftut. Die Band agiert hoch professionell, alle Einsätze sind perfekt aufeinander abgestimmt. Mundharmonikaspieler Kacper Smolinski bekommt zudem den mit 1000 Euro dotierten Solistenpreis des Abends. Aufmerksamkeit verdient auch der im Hintergrund wirkende Gitarrist Piotr Scholz, der mit fantasiereichen Harmonien den Sound bereichert.

Dass sie nach mehreren Bewerbungen nun endlich um den Jazzpreis mitspielen dürfen, lohnt sich für die vier Musiker von Lobster um den Südtiroler Damian Della Torre. Lobster bekommt den dritten Preis und hat ihn sich redlich verdient.

Zwei lyrisch ausdrucksstarke Saxofone geben zusammen mit Bass und Schlagzeug einen wundervollen Sound. Auch hier gibt es Außergewöhnliches. Die Saxofone liefern einen Grundton, wie ein ruhiges Meer, in dem dann Bass und Trommeln die musikalische Dominanz übernehmen – ein unübliches Schema.

Leid tun muss einem die zehnköpfige Münchner Damenband SiEA. Wäre es nach Meinung der Zuschauer gegangen, hätten diese mit so viel Herzblut auftretenden Damen einen Preis verdient. Zu Recht spricht die Jury von einem Farbrausch musikalischer Expressivität. Herrliche Effekte entstehen im Wechsel der Bläserinnen mit den beiden Sängerinnen. Die Damen bringen neue Elemente in den Jazz ein und dazu mit einer Liedvertonung der amerikanisch-französischen Kultperson Gertrude Stein auch ein literarisches Bonbon.

Um den Nachwuchs-Jazzpreis hatten sich 40 Bands aus Europa beworben. Fünf waren für den Verleihungsabend ausgewählt worden.

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