Mühldorf – Viel Worte machten sie nicht, die fünf Herren, gekleidet in Schwarz: schwarze Hose, schwarzes Hemd, schwarzer Hut und weiße Hosenträger verliehen ihnen ein Aussehen, wie man sich wohl den berüchtigten Mafiaboss Al Capone vorstellt, der im vergangenen Jahrhundert in Chicago sein Unwesen getrieben hatte.
Fünf Trommeln standen auf der Bühne des nur halb gefüllten Mühldorfer Stadtsaals, als die Protagonisten des Abends nacheinander auf der Bühne erschienen und fulminant loslegten. Sofort hatten sie das Publikum, das sie immer wieder zum Mitklatschen und Fingerschnippen animierten, im Griff.
Die Künstler lassen
der Trommel Vortritt
Die Trommelwirbel werden immer lauter, bis sich eine Nachbarin beschwert. Dass die Show der fünf Herren in Italien angesiedelt ist, das merkt man an der Beschwerde: „Silenzio. Policia“ ruft die wohl ältere Dame. Die Künstler selber sprechen nicht, das ganze Ereignis ist – neben der Demonstration der perfekten Trommelkunst – eine Show mit Pantomime.
Brav gehorcht man der Nachbarin und es wird leiser getrommelt – auf ganz kleinen Instrumenten, auf kleinen Töpfen und auf Weingläsern, die mit Rotwein gefüllt werden. Damit begeben sich die Trommler auch ins Publikum, der mit seiner Gattin Claudia in der ersten Reihe sitzende Dr. Edwin Hungerhuber kommt sogar in den Genuss einer Kostprobe. Es wird weitergetrommelt, was sonst, der Rhythmus geht schnell ins Blut und es wird auch wieder lauter. Es folgt zwangsweise die zweite Beschwerde der älteren Dame von nebenan und als dies alles nichts hilft, hört man die Polizeisirenen. In Windeseile verwandeln sich die Mafiatrommler in Pizzabäcker – weiße Schürze, weißes Käppi, so sieht plötzlich das neue Outfit aus.
Der Polizist bestellt verwundert eine „pizza prosciutto e funghi“. Und wieder nimmt die Trommelei Fahrt auf, es wird wieder lauter, bis es klingelt. Man hört „DHL“ und ein Paket wird geliefert, dessen Inhalt aus einer weißen Flöte und einem Zettel besteht, auf dem „Silenzio“, also „Ruhe“ steht.
Schließlich wird das Quartier der Mafiosi überfallen, man hört Schüsse und „aua“, dann beschließen die Gangster ihre Flucht. Mit mehreren Trommeln wird ein Fluchtwagen gebaut, der erst nicht anspringt, dann aber in rasender Geschwindigkeit losprescht – durch einen Bauernhof, Hofhund und Hühner protestieren. Von der Polizei verfolgt, geht es über eine Schotterstrecke, Reifen quietschen, Motoren dröhnen. Selbst ein Polizeihubschrauber greift ins Geschehen ein, wird jedoch leider abgeschossen. Die Flucht ist erfolgreich zu Ende gebracht, der erste Teil der Show auch – 25 Minuten Erholungspause folgen.
Im zweiten Teil erscheinen vier Herren in weißen Mänteln, die einem Eisbärenfell ähneln. Der fünfte Mafioso ist wohl der Boss der Gangster, er trägt einen Mantel mit Leopardenmuster. Ein Diener schenkt Prosecco aus. Später bringt dieser Diener die Herren zum Streiten, in dem er hinterrücks an ihren Hosenträgern zieht. Es gibt Streit untereinander, später einen Boxkampf. Ein Schlagzeuger tritt als „Nummerngirl“ auf und zeigt auf einem Schild die jeweilige Runde an. Der eine Boxer bricht sich die Nase, renkt sie sich wieder ein. Alles wird mit Trommelmusik begleitet. Ein Boxer geht zu Boden, der Diener wird ebenfalls K.o. geschlagen und im Meer versenkt. Dazu ertönt im Hintergrund das traurige Thema aus dem Film „Love story“ mit Ryan O‘ Neal und Ali Mac Graw. Noch trauriger wird es, als man erkennt, dass ein Boxer den Kampf nicht überlebt hat. Die Bühne wird dunkel, aus zwei leuchtenden Trommelstöcken wird ein Kreuz sichtbar, aus zwei anderen bildet sich ein Weihrauchfass. Nun kommt die zuvor gelieferte weiße Flöte ins Spiel, ein Schlagzeuger spielt darauf „Amazing Grace“ – und das ziemlich falsch. Dieses Lied wird im angloamerikanischen Bereich häufig auf Beerdigungen gespielt. Doch bekanntlich stirbt ja die Hoffnung zuletzt und mit Hilfe des Publikums wird der vermeintlich Tote doch wieder zum Leben erweckt. Ende gut, alles gut, mit „We will rock you“ von Queen endet das Programm.
Eine an die „Laterna Magica“ in Prag erinnernde Zugabe folgt auch noch: Die Bühne ist dunkel, mit reflektierenden Trommelstöcken wird gezaubert, Joe Cocker’s „You can leave your hat on“ wird instrumental eingespielt: Ein Hund tritt auf und bellt, ebenso erscheint ein Mann mit einer weißen Hose, einmal schwirren die Stöcke wie Kolibris durch die Luft. Einfach bezaubernd. Die Formation erntet großen Applaus, dem Publikum hat es gefallen. Dass man erfolgreich ist, beweist ein Flyer mit dem Programm der Schlagzeugmafia für 2026: Von Januar bis Dezember stehen Auftritte in 49 Städten an – in Berlin und Frankfurt treten die Herren zweimal auf.