Mühldorf – War es ein mutiger Versuch oder ein riskantes Wagnis? Carl Orffs berühmte „Carmina Burana“ mit ihren lateinischen und mittelhochdeutschen „Liedern aus Benediktbeuern“ standen auf dem Programm in der Sammlung Peter Schmidt und damit das wohl am häufigsten aufgeführte Chor- und Orchesterwerk des 20. Jahrhunderts. Jedoch nicht von über 100 Musikanten und Sängern wurde es dargeboten: Das Trio M.i.i.s wollte es präsentieren mit Michaela Bauer am Akkordeon, Stephan von Clarmann mit seinem Vibraphon und Kontrabassist Stephan Glaubitz. „Dazu wird Moderator Peter B. Heim immer wieder Bezüge zwischen den Musikstücken und auch den Bildern des Museums herstellen“, so Museumsleiter Andreas Seifinger in seiner Begrüßung. War es dann als Erstes das kräftige „O fortuna, velut luna“, das von den Wunden erzählt, die das Schicksal schlägt? Es zog die Zuhörer sofort in seinen Bann und ließ zweifellos Anklänge an die Abteilung „Religion und Rituale“ aufkommen, im eingeblendeten Bild „Im Sterbezimmer“ visualisiert. Dazu zunächst das leise Klöppeln, ein sanfter Bass und das dezente Akkordeon, die sich rasch enorm steigerten. Vom Erwachen der Natur, der Freude auf den Sommer erzählt das zarte „Primo vere“, vom Kontrabass erstaunlich behutsam gezupft. Dem passten sich die vier Schlegel am Vibraphon und das Rauschen des Akkordeons an, dazu das Bild „Neues aus dem Tale“ von Wilhelm Marc. Moderator Peter B. Heim wies darauf hin, dass es in den „Carmina“ nicht wenige tänzerische Einlagen gibt, die z.B. mit „Ecce gratum“ den Hagel vertreiben sollten. Diese Anregung nahm das Trio auf: Vier Schlegel, die Stephan von Clarmann solistisch beim Tanz „Uf dem Anger“ im Siebenachtel-Takt wirbeln ließ und so die Bilder aus „Wirtshaus und Geselligkeit“ geschickt in Töne umwandelte. Fast etwas widerwillig folgte das Publikum der Aufforderung, das Anklingen von „O fortuna“ sei nun als Pausenzeichen gedacht. Peter B. Heim klärte als Einführung in den zweiten Teil auf: „Wenn man die Sprache der ‚Carmina Burana‘ übersetzt, so wird es mitunter recht deftig erotisch: Mägdelein mögen gelehrig und willfährig sein. Und im heutigen Sprachgebrauch heißt das dann z.B.: Die Kerle sollen sich gefälligst nach mir umdrehen, denn mein süßer roter Mund macht sie gesund. Auch Nacktheit galt nicht als anstößig, übrigens auch nicht bei Nonnen und Mönchen.“ Diese erotische Vielfalt spielte anschließend das Trio bei einzelnen Liebesliedern aus wie dem „Amor volat undique“ und dem wunderbar zart dargebotenen „Stetit poeta“. Zum Bild „Heimkehr von der Kirchweih“ gab das Vibraphon noch einmal eine klare Melodie vor und anschließend erzählte Michaela Bauer klagend eine „Carmina“-Geschichte, als sie als ehemaliger Schwan schwarz angebraten in der Pfanne landete. Auch auf diese Original-Passagen ging das Publikum voll ein, spürte die Verbindung von den Wirtshausgemälden zum Beispiel mit der „Flotten Kellnerin“ und der großartigen Leistung des Trios und applaudierte immer wieder begeistert. Ihre Freude am gemeinsamen Musizieren war bis zum letzten Ton ihrer speziellen Bearbeitung von Orffs Werk deutlich erkennbar. In einem Crossover hatten sie die umfangreiche Partitur in überzeugender Weise reduziert. Erst nach nicht enden wollendem Applaus und der Zugabe „O fortuna“, die gleichsam als Raus- schmeißer dienen musste, verabschiedete man sich vom Trio M.i.s.s und der Sammlung Peter Schmidt. Erika Fischer