Zitherklänge und Geschichten

von Redaktion

Ein musikalischer Höhepunkt im Jubiläumsjahr der Kreisheimatpflege Mühldorf

Mühldorf – Unter dem Motto „Heimat kennen – Heimat lieben – Heimat pflegen“ feiert der Landkreis das 25-jährige Bestehen seiner Kreisheimatpflege – und einer der Höhepunkte des Veranstaltungsreigens war ohne Zweifel der stimmungsvolle Zitherabend, der im Rathaus Mühldorf zahlreiche Zuhörer begeisterte. Drei Formationen – das Baldhamer Virtuosenterzett, der Mühldorfer Zithersolist Lothar Lägel sowie ein Zitherduo mit Kontragitarre aus dem Landkreis Mühldorf – ließen einen ganzen Strauß feinster Zithermelodien erklingen, vom 19. Jahrhundert bis zur legendären Filmmusik des „Dritten Mann“.

Was dieses Konzert besonders machte, war jedoch nicht nur das musikalische Niveau, sondern auch das umfangreiche, dennoch mit Humor vorgetragene Wissen von Kreisheimatpfleger Dr. Reinhard Baumgartner, der selbst zur Zither griff und den Abend mit humorvollen, kenntnisreichen Anekdoten bereicherte. Eine seiner schönsten Geschichten führte zurück in die Zeit Herzog Maximilians in Bayern, des berühmten „Zithermaxl“. Der Wittelsbacher Fürst, selbst ein virtuoser Zitherspieler, erhob das Instrument Mitte des 19. Jahrhunderts aus der Wirtshausmusik in höfische Kreise. Baumgartner erzählte augenzwinkernd, wie Herzog Max mit seiner Tochter Elisabeth – der späteren Kaiserin Sisi – unerkannt in einem Wirtshaus aufspielte. Als ihnen das begeisterte Publikum Geld zusteckte, soll der Herzog lachend bemerkt haben: „Damit hab ich mir zum ersten Mal im Leben mein Geld selbst verdient.“

Solche Geschichten machten deutlich, wie eng Volksmusik und Alltag, Adel und einfache Leute, musikalische Mode und Tradition miteinander verwoben waren. Von Johann Petzmayer über Herzog Max bis hinein ins frühe 20. Jahrhundert spannte sich der musikalische Bogen – mit Ländlern, Tänzen, Walzern und klassischen Zitherweisen, die bis heute ihren Zauber nicht verloren haben.

Ein besonderer Höhepunkt des Abends war die Darbietung des wohl bekanntesten Zitherstücks überhaupt: der Titelmelodie aus dem Filmklassiker „Der dritte Mann“. Dr. Baumgartner schilderte dazu die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte, wie der Wiener Zitherspieler Anton Karas die berühmte Melodie praktisch „aus dem Herumklimpern heraus“ entwickelte und damit weltweit Furore machte – bis hin zu Auftritten vor Königshäusern.

Auch ein Blick in die Vereinsgeschichte durfte nicht fehlen: So erzählte Baumgartner, dass der erste Zitherclub Deutschlands nicht in Bayern, sondern 1856 in Berlin gegründet wurde – eine kleine kulturhistorische Pointe, die das Publikum hörbar amüsierte. Bald darauf entstanden Zithervereine in vielen Teilen Europas und sogar in den Vereinigten Staaten, wo Auswanderer die Musik ihrer Heimat pflegten.

Musikalisch bot der Abend große Vielfalt: Das Virtuosenterzett beeindruckte mit sauber ausmusizierten Ländlern und feinem Zusammenspiel, Lothar Lägel glänzte mit technisch anspruchsvollen Solostücken, und das heimische Zitherduo zeigte, wie einfühlsam Kontragitarre und Zither miteinander verschmelzen können. Zwischen den Beiträgen schaffte Baumgartners Erzählkunst eine Brücke zwischen Historie und Gegenwart – mal informativ, mal heiter, immer voller Liebe zur Volksmusik.

Der Konzertabend wurde so zu einer Art klingendem Spaziergang durch 200 Jahre Zitherkultur – ein würdiger Beitrag zum Jubiläumsjahr der Kreisheimatpflege und ein Genuss nicht nur für eingefleischte Zitherfreunde. Wer die Heimat musikalisch erleben wollte, war hier genau richtig, so sahen das auch die Besucher und sparten nicht am langen, kräftigen Applaus.

Gerd Kreibich

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