Neumarkt-St. Veit – In vielen Nachbargemeinden werden kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges die ersten Kriegerdenkmäler eingeweiht. Auch in Neumarkt ist man nicht untätig geblieben und lädt im Sommer 1919 die noch eigenständigen Gemeinden St. Veit und Wolfsberg zum Bau eines gemeinsamen Ehrenmals ein.
Im selben Jahr wird die Bevölkerung um Spenden für dieses Vorhaben aufgerufen. Im Bankgeschäft Schötz werden bis Ende 1919 knapp 4000 Mark eingezahlt. Für die Umsetzung dieses Projekts wird der Münchner Professor Schildhorn gewonnen, der mit dem Neumarkter Schreinermeister Josef Gaar und Josef Neustifter aus Eggenfelden das Werk in die Tat umsetzen soll. Dazu erstellt Josef Gaar vier in gotischer Schnitzerei umrahmte Erinnerungstafeln, die in goldener Schrift die Namen der 100 gefallenen Soldaten tragen. Diese Tafeln werden an der Mauer im Kircheninneren so angebracht, dass zwischen ihnen eine aus Holz gefertigte Pieta Platz findet. Am Sonntag, 13. Februar 1921, findet die Einweihung statt mit Predigt von Pfarrer Ludwig Herzog. Dieses Kriegerdenkmal wurde später aus dem Kircheninneren in die sogenannte Kriegerkapelle verlegt und ist heute noch zu besichtigen.
Veteranenverein will ein eigenes Denkmal
In einem Schreiben an die Gemeinderäte Neumarkt und Wolfsberg-St.Veit vom 20. Mai 1924 informiert Vorstand Ludwig Birngruber über die Absicht des Veteranen- und Kriegervereins ein eigenes Kriegerdenkmal errichten zu wollen. Als mögliche Standorte nennt er den Bereich an der Rottbrücke, wo bereits ein Ehrenmal für die Toten der Schlacht von 1809 und 1871 steht, alternativ eine repräsentative Stelle am Marktplatz.
Die Kostenvoranschläge bewegen sich zwischen 3000 und 10000 Reichsmark, ein Betrag der allerdings den Beteiligten, vor allem dem Gemeinderat Wolfberg-St.Veit als zur Zeit nicht finanzierbar erscheint.
Vier Jahre später kommt das Thema erneut zur Sprache, als Neumarkt an der Rott bei der Eröffnung seiner ersten zentralen Wasserversorgung durch den Regierungspräsidenten von Knözinger eine Spende von 1000 Mark erhält als Anerkennung für das im Herbst 1928 abgeschlossene Wasserbauprojekt.
Die Spende sollte zur Errichtung eines Brunnens im Marktplatz dienen, der auch zu einem Kriegerdenkmal ausgebaut werden könnte. Nachdem aber keine Einigung erzielt werden konnte, wurde das Geld vorläufig in einen Fonds angelegt.
Nationalsozialisten machen es möglich
Die deutschen Veteranen- und Kriegerverbände werden ab 1933 im Zuge der Gleichschaltung in den sogenannten Kyffhäuserbund übergeführt. Ihre Mitglieder erhalten eine einheitliche Bundestracht mit Kyffhäusermütze und Hakenkreuz-Armbinde. Ludwig Birngruber sieht nun seine Stunde für ein großes Kriegerehrenmal in Neumarkt gekommen.
In einer Chronik werden zuerst alle einheimischen Teilnehmer des Ersten Weltkrieges und ihre Einsatzorte erfasst. Im Frühjahr 1935 wird die Marktverwaltung über die Aktivitäten zur Errichtung eines Kriegerdenkmals in Kenntnis gesetzt und zugleich ein Modell als Entwurf beigefügt. Als Termin der Enthüllung wünscht sich die Neumarkter Kameradschaft das Jahr 1936, passend zu ihrer 100-Jahr-Feier.
Mit dem Schreiben vom 3. Mai 1935 zeigt die hiesige Marktverwaltung unter Bürgermeister Franz Erlmeier (NSDAP) großes Interesse und bildet einen Ausschuss.
Im Frühjahr 1936 kommt Schwung in die Sache: Der Neumarkter Bildhauer Paul Schwaiger legt einen Entwurf mit einem aus Stein gefertigten Soldaten vor, der in einem offenen Gebäude ruht.
Der geplante Standort für das Kriegerdenkmal auf einer Wiese zwischen der Rott und dem Mühlkanal (heute Badstraße) trifft bei der Genehmigungsbehörde, dem Landbauamt in Rosenheim, auf Zustimmung. Der Entwurf für die Denkmalsausführung wird aber in diesem Schriftstück vom 17. April 1937 abgelehnt, da sich das Gebäude zu sehr nach einem Münchner Vorbild orientiere und für Neumarkt nicht finanzierbar wäre.
Im Frühjahr 1937 wird Xaver Mittermüller neuer Bürgermeister und führt die Bemühungen zum Bau des Kriegerdenkmals weiter. Die notwendigen Wiesen werden gekauft und die im Wege stehende Kapelle an der Rottbrücke mit dem heiligen Nepomuk abgebaut. NSDAP-Kreisleiter Fritz Schwägerl beauftragt im Sommer 1937 Professor Hermann Maillinger aus Mühldorf einem neuen Entwurf auszuarbeiten, den das Landbauamt Rosenheim sofort gutheißt. Die Baupläne arbeitet der Mühldorfer Stadtbaumeister Hans Hartwig aus, darin wird ein von Mauern umschlossener kleiner Vorhof abgebildet, der das steinerne Ehrenmal mit einem hohen Holzschindeldach umgeben soll. Drei hochstrebende Bogen führen in das Innere des Raumes, in dessen Mitte ein in Stein gehauener Krieger ruht.
An der Rückwand sind vier Marmortafeln mit 135 Namen eingelassen, gehalten von Nägeln in Hakenkreuzform. Diese Tafeln werden von zwei schmiedeeisernen Lichtträgern flankiert. Die hohe Decke aus Lärchenholz und die hellen Mauern sollen nach der Idee von Professor Maillinger die Schwere des Todes vergessen. Über den vier Marmortafeln mit den Namen der Gefallenen sollen als Trost und Verheißung die Worte aus der Edda – skandinavische Götter- und Heldensagen – aufgemalt werden: „Ewig lebt der Toten Tatenruhm!“
Insgesamt können aus Zuschüssen, aus der 1000-Markspende von 1928 und den Spenden der Bevölkerung rund 6000 Reichsmark zusammengetragen werden und damit ist der Weg frei zum Bau eines großen Kriegerdenkmals.