Reichertsheim/Haag – Während sich viele über das warme und trockene Wetter der vergangenen Wochen freuen, treibt dieser Umstand vor allem den Bauern die Sorgenfalten ins Gesicht. Die Landwirtschaft ächzt unter den Folgen des heißen Sommers – auch Anton Keilhacker aus Langrain in der Gemeinde Reichertsheim ist da keine Ausnahme. „Das ist schon extrem. Der Regen fehlt, die Grasnarbe vertrocknet“, sagt er. Und das hat Folgen: Das eigene Vieh, Keilhacker besitzt derzeit 60 Milchkühe, habe im Winter fast kein Futter. „Denn die Silage wird bereits jetzt verfüttert“. Deshalb müsse man später voraussichtlich Futter hinzukaufen.
„Die Kühe, die weniger Milch liefern, wurden verkauft oder geschlachtet.“ Anton Keilhacker
Anton Keilhacker muss weit zurückblicken, um sich an ähnliche Verhältnisse zu erinnern. Im Jahr 2003 sei es ähnlich gewesen, in diesem Jahr habe von Juni bis Oktober nicht gemäht werden können. „Die Landwirte haben auf diese Situation reagiert“, sagt Keilhacker, „die Kühe, die weniger Milch liefern, wurden verkauft oder geschlachtet“. Und das wirkt sich aus auf den Viehbestand. „Es wird sich bei bis zu 40 Prozent weniger Tiere einpendeln“, vermutet Keilhacker, während vom Futtergras voraussichtlich nur noch 40 Prozent des regulären Ertrags bleibe. Doch damit reißen die Probleme für Keilhacker nicht ab. Hinzu komme der gestiegene Stromverbrauch für die Kühlung seines Stalls und mehr Wasserverbrauch, da auch ein Brunnen seit Juli versiegt sei. Weil diese Probleme auch bei anderen Bauern zu beobachten seien, „werden Lebensmittel aus der Region wohl absehbar teurer“. In diesem Zusammenhang weißt Keilhacker darauf hin, dass der Milchpreis seit 50 Jahren trotz gestiegener Kaufkraft immer noch bei durchschnittlich 35 Cent liege. Vielleicht, so seine Hoffnung, komme da auch etwas in Bewegung.
Für die Waldbesitzervereinigung Wasserburg-Haag kümmert sich Anton Keilhacker außerdem um die Erfassung und Logistik, und auch dort ist seine Beobachtung eher bedrückend. Es sei so warm, dass sich der Borkenkäfer in der Hälfte der sonst üblichen Zeit vermehren könne. „Das befallene Holz muss sofort aus dem Wald“, sagt er. Das habe nicht nur den Baumverlust zur Folge, sondern lasse auch den Holzpreis in den Keller rutschen. Derzeit „Holz zu verkaufen ist ganz schlecht“, weiß er, „die Sägewerke sind voll“.
Die Hitzeperioden, so Keilhackers Beobachtung als Landwirt, würden häufiger, „die Klimaveränderung ist da“, stellt er fest. Was ist zu tun? Seine Prognose ist ernüchternd. „Keiner ist bereit zurückzustecken, keiner will seinen Lebensstandard reduzieren, wir fahren den Karren gegen die Wand“. Dabei wäre die Technik um den Umschwung zu stemmen etwa mit erneuerbaren Energien schon da, „aber das kommt nicht in Fahrt“, ärgert er sich.
Niko Raupach, Betriebsleiter auf dem Ederhof bei Haag, sieht beim Grünfutter etwa „dreiviertel Einbußen“ auf sich zukommen. Auf seinem Hof leben unter anderem 600 Schweine und 98 Rinder. Von der Hitze- und Trockenperiode betroffen seien vor allem die Rinder, „weil es um deren Grundfutter geht“, so Raupach. Seit 35 Jahren habe er eine derartige Trockenheit nicht mehr erlebt. Die Klimaveränderung? „Ich fürchte ja“, meint er. Auffällig seien in diesem Zusammenhang auch die regionalen Unterschiede: Während man auf seinem Grund einmal 30 Liter Regen auf dem Quadratmeter gemessen habe, seien es beim Nachbarn 50 Liter gewesen. Ob die Produkte teurer werden? „Leider werden die Preise von der abnehmenden Seite gemacht“, bedauert der Landwirtschaftsmeister.
In der Kindheit, so erinnert sich Rudi Brand, Erster Vorstand beim St. Wolfganger Gartenbauverein, habe man solche warmen Sommer durchaus erlebt. Der Verein betreibt eine Apfelwiese mit 300 Bäumen und hat eine eigene Apfelpresse – die Saison hat jetzt begonnen. Während voriges Jahr die Erntemenge durch das kalte Wetter im Frühjahr gering war, habe man heuer ein gutes Jahr. Als Folge der Trockenheit gebe es aber mehr Fallobst, weil die Bäume nicht so viel Wasser haben und haushalten müssen. „Diese Früchte sollte man bald auflesen, da sich darin gerne Schädlinge, wie der Apfelwickler aufhalten, die sich nicht vermehren dürfen“, so sein Vorschlag. Ob ein Apfel reif sei, sehe man zudem an den Kernen, die sollten dunkel, fast schwarz sein, und die Frucht selber sollte sich leicht vom Ast lösen lassen. Trockenheit habe es immer schon gegeben, meint Rudi Brand, „dass sich das Klima wandelt mag schon sein, aber die Natur stellt sich bestimmt schneller darauf ein als wir“.