Mühldorf – Schock und Stolz – zwei völlig gegensätzliche Gefühlslagen, die in den vergangenen Tagen die Zugbegleiterin Carola H. (Name von der Redaktion geändert) beschäftigt haben. Die 21-jährige Mühldorferin hatte den mutmaßlichen Attentäter von Waldkraiburg Freitagnacht im Zug kontrolliert.
Wie die Mühldorferin gestern am Telefon berichtete, war ihr der Mann schon am Bahnhof in Garching aufgefallen, „weil er sich am Fahrkartenautomaten sehr lange aufgehalten hat“. Nachdem der Fahrgast im Zug Platz genommen hatte und die 21-Jährige die Fahrkarten kontrollieren wollte, stellte sich schnell heraus, dass er keine hatte. „Auf meine Frage, warum das so sei, hat er nicht geantwortet“, berichtet die Zugbegleiterin. Er hätte sich aber bereit erklärt, ein Ticket nachzulösen. Schwarzfahrer werden allerdings immer zur Kasse gebeten: 60 Euro beträgt die Strafe. „Dazu wollte ich seine Personalien feststellen. Doch auf meine Frage nach seinem Personalausweis, erwiderte er nur ganz unaufgeregt, dass er keinen dabei habe.“
Selbst nachdem die Zugbegleiterin ihn darauf aufmerksam gemacht hatte, dass sie nun die Bundespolizei informieren müsse, die ihn in Mühldorf in Empfang nehmen würde, habe der 25-Jährige ruhig reagiert. „Ja, mach doch!“ In Tüßling habe er versucht, den Zug zu verlassen – er habe sich aber nicht gewehrt, als Carola H. ihn darauf hingewiesen habe, dass er das Abteil bis Mühldorf nicht verlassen dürfe. „Er wirkte vollkommen in sich gekehrt“, sagt sie.
Welche explosive Ladung er im Gepäck hatte, erfuhr Carola H. erst hinterher. „Ja, das ist ein komisches Gefühl. Ein bisschen unwohl fühle ich mich im Nachhinein schon“, sagt sie. Der Schock im ersten Moment sei inzwischen einem gewissen Stolz gewichen. Nach der Fahrscheinkontrolle ging es schnell: Dank der Überstellung an die Polizei ist der IS-Sympathisant, der für den versuchten Mord an 27 Menschen verantwortlich gemacht wird, hinter Gitter.