Mühldorf/Neumarkt-St. Veit – Die Konferenz diente dem Schutz von Schülern und Lehrern, der Vorbereitung der Schließung des Beruflichen Schulzentrums, der Planung digitalen Unterrichts. Ausgerechnet bei einer dieser Sitzungen muss sich der damalige Schulleiter und heutige Landrat Max Heimerl bei einem Kollegen mit Corona angesteckt haben. Am 25. März der Test: „Ich bin nicht davon ausgegangen, dass ich positiv bin“, sagt der 49-Jährige acht Wochen danach. Inzwischen ist er wieder gesund.
Soziale Folgen
sind gravierend
Diese Geschichte dürften im Landkreis viele Menschen so erlebt haben: erst die vermeintliche Sicherheit, dass es einen selbst nicht trifft, dann die Unsicherheit, die Angst um sich und andere. „Denn in dieser Zeit, vor dem Ausbruch, ist man schon ansteckend.“ Und keiner merkt etwas.
Bei Heimerl waren es Kollegen, Freunde – und vor allem die Familie. Zu viert ging sie in Quarantäne. Im Haus isolierte sich Maximilian Heimerl von Frau und den beiden Söhnen. Ein eigenes Bad, das Bett im Keller, Brotzeit am getrennten Tisch im Wohnzimmer. „Es ist ein beachtlicher Einschnitt, die sozialen Folgen sind gravierend.“ Die Familie bleibt gesund. Mit dem positiven Test kommt die Sorge, die Selbstbeobachtung. Eines Abends dann über die Distanz zum Nachbartisch: „Die Salami schmeckt nicht“, sagt der Vater, der Sohn ruft zurück: „doch“. Auf den coronatypichen Verlust des Geschmacksinns folgen Schnupfen, Husten, Kopfschmerzen, alles nicht besonders schwer. „Die Beeinträchtigung der Lunge ist deutlich spürbar.“ Heimerl weiß, was die Krankheit bringen kann: „In der Klinik kämpfen im selben Moment Menschen ums Überleben.“ Das prägt und bringt die Sorge um den eigenen Krankheitsverlauf. „Wenn ich keine Verschlechterung spürte, ging es mir gut.“
Heimerl hat Glück, nach 14 Tagen ist es vorbei. Fast. Bis heute hat er bessere Tage und schlechtere Tage, an denen er sich müde und antriebslos fühlt. „Ich kann jeden nur warnen, die Gefahr auf die leichte Schulter zu nehmen.“
Dr. Martin Kahl ist Chefarzt im Mühldorfer Krankenhaus. Er sagt: „Ob auch bleibende Schäden auftreten, bleibt abzuwarten.“ Bei etwa 20 bis 30 Prozent der Intensivpatienten trete akutes Nierenversagen auf. „Bei den meisten stellte sich aber wieder eine normale Nierenfunktion ein.“ Dazu kommen mögliche Schädigungen des Nervensystems, Thrombosen, Schlaganfälle. Ob Leber oder Darm leiden, ist derzeit unklar. „Die Nachwirkungen reichen von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten“, sagt Kahl. Ob sie jemals ganz verschwinden, könne man noch nicht sagen. „Die größte Gefahr besteht sicher bei Lungenfunktionsstörungen mit reduzierter Belastbarkeit, die auch lebenslang anhalten könnten.“ Die Erfahrung am eigenen Leib hat Landrat Heimerls Blick auf die Corona-Krise geschärft. „Wir dürfen nicht leichtsinnig werden“, sagt er mit Blick auf die derzeit sehr guten Zahlen.
Mit 495 nachweislich Erkrankten und 25 Toten hat der Landkreis die ersten Wochen der Corona-Krise vergleichsweise gut überstanden. „Aber es gibt noch keine Sicherheit. Wir müssen den Schutz weiter hochhalten und die Hygiene-Vorgaben beachten.“
So geht Heimerl mit gutem Beispiel voran. Obwohl er dank der überstandenen Erkrankung zumindest derzeit wohl selbst sicher ist und niemanden anstecken kann, trägt er Mundschutz. Als Zeichen, Corona weiter mit Ernsthaftigkeit zu bekämpfen.