Ärger bei Lärmschutz und Bahnübergang

von Redaktion

Redebedarf zum geplanten Bahnausbau zwischen Schwindegg und Obertaufkirchen

Schwindegg/Obertaufkirchen – „Der Schallschutzgutachter ist vermutlich von der Bahn beauftragt.“ Bei dieser Äußerung musste DB Netz-Projektleiter Wolfgang Kriechbaum sichtlich an sich halten. „Ja, weil wir ihn beauftragen müssen! Das ist kein Gefälligkeitsgutachten! Es handelt sich um einen anerkannten Experten.“ Er musste sich am Dienstagabend einiges anhören: Unverständnis und Wut über die Entscheidung, den Bahnübergang Allersheim zu beseitigen, sowie Skepsis in Sachen Lärmschutz.

Die Bahn hatte zu einer Online-Informationsveranstaltung zum Ausbau der Bahnstrecke zwischen Schwindegg und Obertaufkirchen im Rahmen der „Ausbaustrecke 38“ eingeladen. Bei dieser stellte sich Kriechbaum, unter Moderation von DB Netz-Pressesprecherin Isabelle von Kirch, Fragen der Bürger.

Skepsis beim geplanten Lärmschutz

Vordringlichstes Thema war der Lärmschutz. Einige Zuhörer äußerten erhebliche Zweifel an den von der Bahn angedachten Maßnahmen. Skepsis gab es etwa, ob dem Konzept der „besonders überwachten Gleise“ zu trauen sei. Dabei werden Gleise regelmäßig abgeschliffen, sodass sie besonders glatt sind und wenig Lärm verursachen sollen. Hier monierte Obertaufkirchens Bürgermeister Franz Ehgartner beispielsweise, dass diese Gleise nicht durchgehend bei den Ortsteilen Wies, Rampoldsheim und Thalham verlegt werden und der Lärm zudem auch in Obertaufkirchen zu hören sein wird. Kriechbaum betonte, dass der Gutachter keine Veranlassung einer durchgehenden Verlegung sieht.

„Eine 2,21 Kilometer lange, sechs Meter hohe Alu-Schallschutzwand ab Oberkante Schienen im Ort ist nicht hinnehmbar. Das sieht ja schlimmer aus, als ein Gefängnis“, klagte ein Zuschauer. „Wir sind gerne bereit, uns über Möglichkeiten für eine verträglichere Gestaltung auszutauschen“, betonte Kriechbaum. Auf Nachfrage aus dem Publikum erwiderte er, durchsichtige Plexiglaselemente seien keine Lösung. „Die reflektieren den Schall.“

Deutliches Misstrauen war zu spüren, ob hier ähnliche Lärmprobleme ins Haus stehen, wie bei Anwohnern der A94. Kriechbaum räumte ein, dass die Grenzwerte aus den 1970ern sind. „Aber die Berechnungsmethode hat sich geändert und geht auf die gestiegene Sensibilität der Menschen ein.“ Er verwies darauf, dass umfangreiche Gutachten zu Lärmschutz und Verkehrsbelastung erstellt worden seien.

Übergang Allersheim kommt weg

Viel Kritik gab es für die Entscheidung, den Bahnübergang Allersheim ersatzlos aufzulösen. „Es kann doch nicht sein, dass Bahn und Staat einen Bahnübergang an einer Staatsstraße schließen und die Gemeinde dann gezwungen wäre, eine kleine Bahnüberführung auf eigenes Verlangen auszubauen und zu bezahlen“, formulierte es ein hörbar verärgerter Franz Ehgartner. Allerdings verwies Wolfgang Kriechbaum, Projektleiter bei der DB Netz AG, immer wieder an das Staatliche Bauamt Rosenheim: „Die Entscheidung ist 2017 getroffen worden und wir sind da nicht der richtige Ansprechpartner.“

Damals wurden die Gemeinden tatsächlich informiert, hatten aber keine Mitsprachemöglichkeit und sowohl der damalige Schwindegger Bürgermeister Dr. Karl Dürner als auch Bürgermeister Ehgartner lehnten diese Lösung ab und kündigten Widerstand an.

Aus Sicht der Planer ist die ersatzlose Streichung des Bahnübergangs Allersheim unumgänglich, weil die Eisenbahnbetriebsordnung die Schließung verlangt. Wenn Züge mit mehr als 160 Kilometer pro Stunde fahren, dann darf es an dieser Strecke keine Bahnübergänge mehr geben.

In Weidenbach gehe es auch, wurde allerdings argumentiert. „Dass es für den Übergang in Weidenbach dann doch eine Ersatzlösung gab, war eine politische Entscheidung. Das war nicht in unserer Hand“, räumte Kriechbaum ein.

Der Projektleiter stellte zu Beginn der Infoveranstaltung die aktuelle Planung vor: Die Bahnstrecke zwischen München und Freilassing soll elektrifiziert und zweigleisig ausgebaut werden. Das bedeutet für den Bereich zwischen Schwindegg und Obertaufkirchen, dass der Bahnhof Schwindegg umgestaltet wird, dass ein neues Stellwerk gebaut wird sowie vier Bahn- und eine Straßenüberführung erneuert werden.

Baumaßnahme soll 2030 fertig sein

Ziel ist es, in den nächsten Monaten die Genehmigungsplanung fertigzustellen. Den Baubeginn sieht Kriechbaum etwa im Jahr 2025 und die Fertigstellung im Jahr 2030. Allerdings sei das „abhängig von der Dauer des Genehmigungsverfahrens.“ Hinsichtlich Entschädigungen für Schäden durch die Bauarbeiten würde es vor Beginn der Arbeiten eine Beweisaufnahme durch Fachleute geben.

Der Ausbau bringt auch mit sich, dass mehr Züge die Strecke befahren werden. Prognosen gehen, laut Kriechbaum, davon aus, dass sich die Zahl der Nahverkehrszüge von aktuell 50 etwa verdoppeln wird. Beim Güterverkehr rechnet er mit einer 30-prozentigen Steigerung; derzeit sind es zwischen 30 und 35 Züge pro Tag. Dazu kommen rund 18 Fernzüge pro Tag, die es bisher gar nicht gegeben hat. Sie werden auch nicht in Schwindegg halten, sondern nur in Mühldorf.

„Auch für den Bahnübergang in Schwindegg müssen wir eine Lösung finden“

Landrat Max Heimerl (CSU) betonte: „Wir dürfen die Interessen unserer Bürger nicht aus den Augen verlieren. Die Entscheidung für den Bahnübergang in Heldenstein war wichtig und richtig. Auch für den Bahnübergang in Schwindegg müssen wir eine Lösung finden.“ Schwindeggs Bürgermeister Roland Kamhuber machte nach dem Abend auf Anfrage klar, dass er nicht klein beigeben werde. „Wir müssen dafür sorgen, dass dieses Eck keine Sackgasse wird.“ Im Bereich rund um den Bahnübergang Allersheim gebe es Betriebe mit etwa 300 oder 400 Mitarbeitern. „Ein Großteil der Gewerbesteuer wird dort generiert.“ Außerdem werde der Autoverkehr ins Dorf verlegt. „Wir werden uns sehr dafür einsetzen, eine Ersatzlösung herbeizuführen. Obertaufkirchens Bürgermeister Franz Ehgartner ist skeptisch. Die Infoveranstaltung habe ihm gezeigt, dass es „bei der Bahn wenig Bereitschaft gebe, an der Planung etwas zu ändern.“ Wegen des Wegfalls des Bahnüberganges bei Allersheim fürchtet er auch in Obertaufkirchen mehr Verkehr.

Für Landtagsabgeordneten Dr. Marcel Huber ist der Charakter als Teil der Magistrale für Europa wichtig. „Damit verbunden sind europäische Gelder, die in den Ausbau fließen.“

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