Mühldorf – Sich mit den Händen auf der Straße festkleben, von genervten Autofahrern beschimpft und von der Polizei weggetragen werden – das ist nicht der Weg, mit dem „Fridays for Future“ für umfassende Klimaschutz-Maßnahmen kämpft. „Wir wollen niemanden nötigen oder bevormunden, sondern überzeugen“, erklärt Elisa Blatz (22), angehende Metallbauerin aus Mühldorf. Zusammen mit den beiden Gymnasiastinnen Nina Kozel (16) aus Waldkraiburg und Fanny Weishäupl (17) aus Mühldorf organisiert sie den Klimamarsch am Freitag, 3. März, in Mühldorf.
„Fridays for Future“ ruft an diesem Tag zum globalen Klimastreik auf. In Mühldorf startet die Klimaschutz-Demonstration um 15 Uhr am Bahnhofsplatz mit Marsch zum Stadtplatz, dort findet die Abschlusskundgebung statt. Jeder kann mitmarschieren. Und jeder, der etwas zum Klima zu sagen hat, kann am Stadtplatz ans offene Mikrofon treten und vor der versammelten Menge sprechen.
Überzeugen statt nötigen als Ansatz
„So eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen, ist richtig viel Arbeit“, haben die drei festgestellt. Den Klimastreik in Mühldorf haben sie beim Landratsamt angemeldet und die geschätzte Teilnehmerzahl mit 200 angegeben. Sie sind von Laden zu Laden, um Plakate für die Demo aufzuhängen. Mehrmals wurde ihnen dabei gesagt: „Ich hänge das Plakat nur auf, wenn ihr euch nicht auf der Straße festklebt.“ Geduldig haben sie erklärt, dass das nicht ihre Vorgehensweise sei. „Auch wenn unser Ziel das Gleiche ist“, sagt Fanny und die anderen nicken zustimmend.
Es ist die erste Demo, die von den Dreien gemeinsam vorbereitet wird, aber sie waren schon vorher aktiv. „Zum Black Friday hatten wir einen Infostand am Stadtplatz, um über Konsum und Klimaschutz aufzuklären“, berichtet Elisa. Momentan ist die Gruppe der Aktiven in den Landkreisen Mühldorf und Altötting mit sieben bis neun Personen recht klein. „Wir wollen aber zumindest einmal pro Monat freitags an öffentlichen Orten streiken“, berichtet Fanny von den Plänen, mehr Öffentlichkeit zu erreichen. Nina ergänzt: „Wir streiken immer erst nach der Schule um 15 Uhr. Dann hat jeder noch Zeit fürs Mittagessen und andere Dinge, und ich kann zum Beispiel den Zug von Waldkraiburg nach Mühldorf erwischen.“ Und auch bei Elisa im Handwerksbetrieb ist Freitagmittag schon Arbeitsende.
Der Gedanke an die eigene Zukunft treibt die drei jungen Frauen um, die Angst vor dem Ungewissen ist Antrieb für ihr Engagement. „Was wird in 20 Jahren sein? Ist es für unsere Generation noch verantwortungsbewusst, Kinder in die Welt zu setzen?“ Nina bezweifelt das. „Der Klimawandel ist menschengemacht, wir können aber etwas dagegen tun.“ Es sei frustrierend, dass nichts geschehe. Die drei sind keine lauten Klima-Aktivisten, sie wirken eher still und bedacht, sind hoch motiviert und wissen, worauf es ihnen bei ihrem Protest ankommt. Nicht um Konflikte mit Schulleitungen wegen verpasstem Unterricht oder vom Protest genervten Mitbürgern. Sie wollen andere nicht verärgern, sie wollen sie zum Umdenken bewegen. „Wir verstehen den Frust der Leute von ,Letzte Generation‘, weil einfach zu wenig für die Erreichung der Klimaziele gemacht wird, aber wir wollen konstruktiver sein.“ Sie nehmen sich das Recht, die Einhaltung des im Pariser Klimaabkommen vereinbarten 1,5-Grad-Ziels auf der Straße einzufordern – und hoffen, dass sich viele ihrem Protest anschließen.
Die Politik solle etwa im Sinne der Mobilitätswende Angebote und Rahmenbedingungen schaffen, damit Bürger vom eigenen Auto auf gut getaktete öffentliche Verkehrsmittel oder sichere Radwege umsteigen können. „In unserem Landkreis sind nur so viele Leute auf das Auto angewiesen, weil es keine guten Alternativen dazu gibt“, merkt Fanny an.
Um etwas zu ändern, brauche es ein Umdenken in der Gesellschaft. Auch an den Schulen sollte mehr darüber gesprochen werden, denn, so Fanny: „Selbst viele Jugendliche wissen nicht, was Nachhaltigkeit ist.“ Es gebe noch zu viel Unwissen bei denen, die sich nicht so sehr mit dem Klimawandel beschäftigen. „Zwei Grad wärmer in Deutschland, diese Vorstellung finden viele sogar angenehm“, weiß Nina. „Aber dabei bleibt es nicht. Auch bei uns gibt es immer öfter Stürme, Überschwemmungen und Dürre, und das wird noch schlimmer werden.“ In ganz Europa habe es im Jahr 2021 schon 15000 Hitzetote gegeben. Solchen Auswirkungen und materiellen Schäden mit Maßnahmen zum Klimaschutz vorzubeugen, würde sich für die Menschheit künftig auch in barer Münze auszahlen.